Cybertextspace von
Karin Wenz Gedächtnis
und Raum
Die Bedeutung,
die Raum für den Menschen hat, zeigt sich in den verschiedenen
Bereichen, in denen Raum eine zentrale Rolle spielt: Ein Beleg dafür
sind Mnemotechniken, Strukturprinzipien der Informationsverarbeitung,
die Raum und räumliche Konfigurationen als Hilfsmittel benutzen,
um Wissen zu erinnern. Ein weiterer Beleg sind Texte, die Raum auf verschiedenen
Ebenen benutzen, wie z.B. mit Hilfe von Metaphern, um den Leser im Lektüreprozeß
zu leiten. Der materielle Textraum, der durch das Schreiben von Texten
als zweidimensionaler Raum entsteht, legt die Basis für textuellen
Raummetaphern, die den Text als kognitiven Raum entstehen lassen. Die
besondere Bedeutung, die der Kategorie Raum in Computerspielen zukommt,
wird am Beispiel von Myst diskutiert. Landschaft und räumliche Konfigurationen wurden und werden in verschiedenen Kulturen als mnemotechnische Hilfsmittel benutzt. Ein solches mnemotechnisches System wurde im antiken Griechenland in der Gedächtniskunst eingesetzt, die als einer von fünf Bestandteilen der Rhetorik zählte. Zur Unterstützung des Gedächtnisses stellte sich der Redner ein Haus mit mehreren Räumen vor. Jeder Raum enthielt konventionelle Orte (loci), an denen Bilder (imagines), die Redeinhalte repräsentierten, plaziert werden konnten. Goldmann (1989: 43) zeigt, daß "Mnemotechnik auf der Fähigkeit, die Rede in einen imaginären Raum zu transponieren [beruht], indem die Redegedanken zu prägnanten Bildern (imagines) verdichtet und an die festen, den Raum strukturierenden Plätze (loci), geheftet wurden". Das Bild wird so zur Repräsentation des Wortes und in komplementärer Weise bild-ikonisch in der Erinnerung des Redners verbunden. Beim Vortragen der Rede stellte sich der Redner einen Weg durch die Zimmer des Hauses vor, von einem Bild zum nächsten, in der zuvor festgelegten Abfolge seiner Redeinhalte. So konnte der Inhalt und der Aufbau der Rede aus dem Gedächtnis jederzeit entwickelt werden. Zusätzlich hat dieses Verfahren den Vorteil, daß die Linearität und zeitliche Abfolge des Weges mit der Linearität der Rede übereinstimmt. Ein anderes Beispiel einer räumlich verankerten Mnemotechnik ist ein System, das von den australischen Aborigines benutzt wird. Dieses System besteht aus Wegen, die auf vernetzte Art und Weise miteinander verknüpft sind, den sogenannten Songlines (Chatwin 1987, Winkler 1997b). Das traditionelle Wissen dieser Stämme wird mit Hilfe von Liedern weitergegeben. Die einzelnen Strophen der Lieder sind benannt nach Orten und folgen einer Reihenfolge, die vergleichbar ist mit einer Reise, von einem Orientierungspunkt zum nächsten. Diese Orientierungspunkte sind natürliche Zeichen wie z.B. eine Hügelkette oder ein Flußlauf, die Teil des Lebensraumes der Aborigines sind. Sie werden in den Liedern ebenfalls wie ein Weg linear miteinander verknüpft, wie der Name Songlines verdeutlicht. Beide Mnemotechniken
benutzen Raum und alltägliche Erfahrungen im jeweiligen Lebensraum
der Kulturen als ein Mittel zur Memorierung. Allerdings unterscheiden
sie sich in einem fundamentalen Punkt: die Vorstellung eines Hauses
mit loci und imagines folgt dem Konzept RAUM ALS CONTAINER
mit festgesetzten Grenzen. Die Vorstellung eines Wegenetzes, wie sie
die Aborigines benutzen, ist dagegen nicht als begrenztes Gebiet vorstellbar,
sondern als ein virtuell unbegrenztes Netz von Wegen und Verbindungen.
Der Unterschied zwischen beiden Konzepten kann mit folgender Formel
zusammengefaßt werden: CONTAINER; GESCHLOS-SENHEIT; LINEARITÄT
vs. NETZWERK; OFFENHEIT; LINEARITÄT. Diese metaphorischen Konzepte
lassen sich sowohl in Metaphern, die die Architektur von Texten beschreiben
als auch im diskursiven Raum von Text und Hypertext wiederfinden. Der kognitive Raum: Metaphern in Text und Hypertext Derrida (1967a:
84) bezeichnet den Text als ein Netzwerk von Spuren, die unendlich weiterverweisen
auf andere Spuren. Der Text selbst überschreitet somit die Grenzen,
die ihm zugeschrieben werden. Der Leser verbindet traditionelle lineare
Texte mit der Erwartung struktureller Stabilität und Geschlossenheit.
Diese werden dem Text als materiell inhärente Merkmale zugeschrieben,
wie die räumlichen Metaphern widerspiegeln. Raummetaphern des Textes
schaffen einen Textraum, der die Orientierung des Lesers beim Leseprozeß
steuert. Raummetaphern im Text beziehen sich auf Orte wie oben, unten, Textmitte und Rand. Diese metaphorischen Konzepte sind Ausdruck der Wahrnehmung der materiellen und logischen Struktur des geschriebenen Textes: das Äußere, wie es auf der Seite erscheint, und die Textstruktur selbst werden durch Raummetaphern beschrieben. Zum einen beziehen diese sich auf die Zweidimensionalität der (Buch-) Seite und des Bildschirms mit ihren sichtbaren Begrenzungen, zum anderen auf die eindimensionale Linearität von Sprache und Schrift, auf das Ergebnis des Linearisierungsprozesses und die Eindimensionalität des Lesens in der Abfolge der Zeit. Reynolds (1989: 247) beschreibt diesen Textraum folgendermaßen: "Writers set up sequences defined not by sound but by space: beginnings, middles, and ends of words, lines, paragraphs, and texts; pages of lines moving top to bottom and left to right; headings, chapters, notes, references, aboves, belows." Wir befinden uns an dieser Stelle in einem Grenzbereich zwischen Raum und Zeit, wenn wir das "semiotische Paradoxon" betrachten, das durch die räumliche Natur des Textes im Kontrast zu der Linearität von Sprache in ihrer zeitlichen Abfolge entsteht (Nöth 1994). Die Metaphern des
Textes beziehen sich auf Orte, auf die man verweisen kann und konstruieren
den Text als statischen Raum. Es handelt sich um einen Raum, der aus
Überschriften, Kapiteln und Absätzen besteht, zu denen ein
Bezug hergestellt werden kann. Diese Art des Bezugs zeigt die Verbindung
zwischen verschiedenen Textabschnitten auf, die semantisch zusammengehören,
in der Oberflächenstruktur des Textes aber als Resultat des Linearisierungsprozesses
getrennt sind. Der Prozeß des Lesens folgt dieser linearen Anordnung
von einem Anfang zum Ende und kann mit einem Weg vom Ausgangspunkt zum
Ziel verglichen werden. Im Gegensatz zu räumlichen Metaphern im Text beziehen sich Raummetaphern im Hypertext weniger auf Orte als vielmehr auf Gebiete wie z.B. landscape, map, net, topography. Eine andere wichtige Metapher im Hypertext und überhaupt im Zusammenhang mit Computern ist die Windows-Metapher. Ein Hypertext stellt die unterschiedlichste Information zur Verfügung, wenn der Benutzer mit der Maus auf ein Symbol klickt und dadurch ein neues Fenster öffnet. Die Position des Benutzers oder Lesers ist außerhalb des Fensters. Der Leser ist vergleichbar mit einem Beobachter, der von außen durch verschiedene Fenster in ein Gebäude hineinsieht, in Räume mit unterschiedlicher Einrichtung und Größe. Diese Metapher erinnert an den griechischen Rhetoriker, der zur Gedächtnisunterstützung die Vorstellung eines Gebäudes mit unterschiedlichen Räumen benutzt. Allerdings ist die Opposition in der Perspektive innen vs. außen grundlegend. Sie wirft die Frage auf: Wo ist die Position des Lesers im Hypertext? Ist sie wirklich außerhalb? Dies scheint eine befremdliche Metapher zu sein, die den Leser mit einem Voyeur vergleicht. Winkler (1997b) nimmt an, daß die metaphorische und strukturelle Topologie eines Hypertextes mit einer Metropole verglichen werden kann. Der Leser befindet sich innerhalb dieser Metropole, die aus einer unüberschaubaren Anzahl von Gebäuden mit unzähligen Fenstern zum Hineinsehen besteht. Alle Teile einer Großstadt stehen miteinander in Beziehung. Die Stadt kann wie ein Text gelesen werden mit Indikatoren wie Zentrum, Peripherie, Hierarchie und Stadtzeichen ("city signs"). Ströme von "Benutzern" sind nicht nur Teil ihrer Struktur, sondern konstituieren ihr wesentliches Merkmal: Dynamik und Wandel in einem stabilen Netzwerk. An dieser Stelle zieht Winkler eine Parallele zwischen Hypertext oder "Hyperspace", wie er dieses Medium nennt, und der Struktur einer Metropole. Hyperspace ebenso wie die Metropole können nicht ausschließlich dynamisch sein und einem ständigen Wandel unterliegen. Es muß einen Mechanismus geben, der signifikante Strukturen schafft und die Komplexität mit dem Ziel reduziert, symbolische Systeme zu erstellen. Die Frage sollte also nicht lauten, inwieweit Hyperspace den dreidimensionalen "realen" Raum überschreitet, sondern inwieweit die Begrenzung des Raumes auf den Hyperspace durch seine Benutzer zurückfällt. Ein interessanter Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Existenz von "Städten" im Internet. Alternative Netzwerkprojekte haben virtuelle Städte als Begegnungsstätten geschaffen, wie die Internationale Stadt (Berlin), De Digitale Stad (Amsterdam, cf. Wenz & Block 1998) oder Digital Island (Budapest). Man kann sich als Einwohner in diese Städte einschreiben und so Zugang zu den Archiv- und Mediendiensten bekommen, Verabredungen an Orten in dieser virtuellen Stadt treffen, Ausstellungen besuchen etc. In Berlin selbst sollen öffentlich zugängliche Terminals aufgestellt werden, die einem breiten Publikum die Möglichkeit des Zugangs zu dieser virtuellen Stadt und weiter ins Internet eröffnen sollen. Das Projekt steht unter dem Motto: "Es kommt ... bei dieser Architektur nicht auf die Materie an, sondern auf die Organisationsform" (Weibel 1994: 9). Es wird deutlich, wie virtuelle Räume in Analogie zu bereits bekannten Strukturen genutzt werden: metaphorisch im Hinblick auf ihre Architektur, strukturell im Hinblick auf ihre Funktionalität und Kommunikationsmöglichkeiten. Neben der Windows-Metapher stehen dynamische Raumbeschreibungen häufig in Zusammenhang mit Hypertext: navigieren, springen, stöbern, reisen, sich verlieren werden benutzt, um die Komplexität des Hypertextes zu veranschaulichen, die nur bewältigen werden können, indem man sich aktiv in ihr bewegt. Bewegung im Hypertext wird vergleichbar mit einer Reise oder einer Besichtigung in einer unbekannten Stadt mit allen Orientierungsproblemen, die dabei auftreten können. Metaphern im Hypertext sind abgeleitet von kulturellen Artefakten wie z.B. Gebäude, Städte, Karten und zeigen, daß nicht nur Kognition, sondern auch Kultur räumliche Modelle für metaphorische Schemata anbietet. Die metaphorischen Schemata machen deutlich: "Was beim Übergang von der Kunst des Gedächtnisses zur Kunst des Interface-Designs nicht verlorengegangen ist, ist die Dimension des mentalen Raumes. Die gespeicherten Begriffe werden auch bei einem externen Gedächtnis erst lebendig, wenn sie in einen Denkraum überführt werden" (Grassmuck 1995: 54). Dieser Denkraum oder kognitive Raum ist die Grundlage für den diskursiven Raum. In diesem werden die Relationen der einzelnen Elemente durch die sprachlichen Mittel der Kohäsion und Kohärenz deutlich gemacht. Die Verbindung der Gedanken, die durch diese sprachlichen Mittel gewährleiste wird, hat einen semiotischen Effekt, der sich in Ikonizität und Indexikalität ausdrückt. Genettes Unterscheidung zwischen histoire und discours führt zur Trennung des diskursiven vom narrativen Raum. Während der diskursive Raum des Textes linear und abhängig vom Linearisierungsprozeß der Sprache ist, ist der narrative Raum der Handlung ohne diese Beschränkungen der Eindimensionalität. Im Gegensatz zum diskursiven Raum sind im narrativen Raum zeitliche Sprünge innerhalb der narrativen Entwicklungslinie(n) möglich. Der diskursive
Raum wird durch die sprachlichen Mittel der Kohäsion und Kohärenz
geschaffen. Kohäsion und Kohärenz sind untrennbar verbunden
mit dem kommunikativen Charakter des Textes, Informationen zu übermitteln. Textuelle Linearität ist mehr als nur eine Anordnung von Wörtern. Sie basiert auf kohäsiven Mitteln wie Deixis, Anapher oder Leseranweisungen (z.B. siehe oben). Durch diese kohäsiven Mittel werden größere syntaktische Einheiten konstruiert, die hierarchisch strukturiert sind. Als Ergebnis führen sie zu größeren makrotextuellen Einheiten wie Kapitel oder Absatz. Strukturen dieser Art können mit Orientierungszeichen (landmarks) verglichen werden, die den Leser über seinen Standort im Text informieren. Wird der Text unter topologischen Aspekten betrachtet, erkennt man, daß er daß er sich aus Einheiten und Verbindungen zwischen diesen Einheiten zusammensetzt. Zusammen mit paratextueller Information, sowie typographischen Konventionen wird das Textverständnis des Lesers gesteuert und der Leser wird in die Lage versetzt, Aussagen über die weitere Entwicklung des Textes zu machen, den Beginn eines neuen Kapitels, eines neuen Absatzes oder neuen Satzes anzuzeigen. Die Verbindung durch Leserinstruktionen unterläuft teilweise die Kongruenz und Linearität des Diskurses. Verweise auf frühere oder folgende Textstellen oder ganze Kapitel stellen Verbindungen im Text her, die nicht linear sind, sondern den Text als ein komplexes Netz von Textteilen ausweisen. Ebenso wie Leseranweisungen spiegelt die Kohärenz eines Textes die kognitive Verknüpfung des Wissens des Autors wider. Textuelle Kohärenz wird offensichtlich in semantischer Rekurrenz sowie der Notwendigkeit, Inhalte zusammenzufassen. Aber gerade Kohärenz wird nicht ausschließlich durch den Autor vorgegeben, sondern durch den Leser im Leseprozeß geschaffen. Die Konstruktion von Kohärenz beruht auf dem Wissen des Lesers, seinen Interessen und der Zeit, die er dem Text widmet. Im Hypertext wird
Kohärenz erst durch den Nutzer/Leser im Akt des Lesens konstruiert.
Dieser Konstruktionsprozeß beim Lesen ist jedem Leseprozeß
inhärent, so daß Lesen im Hypertext sich nicht völlig
von traditionellen Formen des Lesens unterscheidet. Die Lesepfade des
Nutzers sind linear und sie werden erst durch den Leseprozeß aus
der virtuellen Textwelt in einen aktuellen Text überführt.
Die Verbindung zwischen den verschiedenen Texteinheiten oder chunks
ist assoziativ und durch die Interessen des Nutzers gelenkt. Die Texteinheiten
selber sind Passagen traditioneller Texte. Der Unterschied zum traditionellen
Text liegt darin, daß Kohäsion zwischen verschiedenen Knoten
vermieden wird, da der Nutzer jeden Knoten über unterschiedliche
Pfade erreichen kann. Kohärenz im Hypertext ist nichts anderes
als die aktive Erstellung von Verbindungen durch den Leser, die durch
metatextuelle Instruktionen oder Paratexte gelenkt werden, so
daß der Leser in die Lage versetzt wird, das Muster der Verbindung
wahrzunehmen und die Verbindung zu aktualisieren. Der semiotische Effekt der Verbindung Welchen Effekt hat die Verbindung und die Konstruktion von Verbindungen von einem semiotischen Standpunkt aus gesehen? Nach Peirce kann können zwei mögliche Funktionen durch eine Verbindung realisiert werden. Verbindungen auf der Basis von Kontiguität ist die Basis indexikalischer Zeichen. Ein Element verweist auf ein anderes. Indexikalität ist Grundlage von Deixis, Anapher, Leserinstruktionen sowie hypertextuellen Instruktionen. Diese verweisen auf andere Texte oder Knoten (nodes), die in kausaler oder temporaler Weise miteinander verknüpft sind. Die andere Möglichkeit ist Verbindung durch Ähnlichkeit oder Analogie, die Basis ikonischer Zeichen. Ikonische Verknüpfungen werden vor allem in Hypertexten in Verbindungen von Einheiten verschiedener Kodes benutzt. Es kann sich dabei um sprachliche, visuelle und musikalische Kodes handeln, die alle im Hypertext im weiteren Sinn vertreten sind. Verbindungen (engl. links) sind das Hauptmerkmal von Hypertextualität (Landow 1994). Verbindungen im Hypertext sind vergleichbar mit räumlicher Kontiguität in anderen Medien. Verbindungen durch links sind oft als nichthierarchisch beschrieben worden (Bolter 1990, Kuhlen 1991). Dennoch ist eine
unsichtbare Hierarchie als Ergebnis unterschiedlicher Dichte von Texteinheiten
(chunks) und Knoten gegeben. Diese Dichte kreiert eine neue Nähe
und eine neue Distanz. Durch häufiges Aufsuchen bestimmter Knoten
durch die Nutzer entwickeln sich "Inseln" (islands) im hypertextuellen
Netz. Diese Entwicklung ist bedingt durch Zugangsmöglichkeiten
und Log-In-Zeiten. Inseln der hypertextuellen Präferenz sind das
Resultat des semiotischen Prozesses der Differenzierung. Oppositionen
generieren Textbedeutung. Das neue Medium Hypertext fordert die Erweiterung der Dichotomie Genettes Diskurs - Handlung um einen weiteren Faktor: die Aktualisierung eines virtuellen Textes durch den Nutzer, den "discourse-as-discoursed". Der virtuelle Text wird erst durch den Prozeß des Lesens aktualisiert. Viele kleinere Texteinheiten, die der Computer anbietet, werden durch den Nutzer als eine mögliche Textfassung zusammengeführt. Der Übergang von einem Knoten zum nächsten beruht auf der Selektion und Kombination von Elementen. Durch die Kombination werden Einheiten einer räumlichen, vernetzten Konfiguration von Knoten und Verbindungen linearisiert. Diese Linearisierung ist mit den Linearisierungsprozessen vergleichbar, die dem Transfer komplexer und simultaner nonverbaler Wahrnehmungen in Sprache zugrunde liegen. Der Ausgangspunkt für die Linearisierung ist die Organisation der vorsprachlichen Erfahrungen des Sprechers. Die Organisation beruht auf dem Thema des Diskurses sowie den Interessen des Lesers. Eine natürliche oder ikonische Reihenfolge ist mit einem Weg vergleichbar, der vom Ausgangspunkt zum Ziel führt. Wie wir oben gesehen haben, ist Kohärenz abhängig von einer ikonischen Reihenfolge und von indexikalischen Mitteln des Diskurses. Verschiedene Auswahlmöglichkeiten in unterschiedlichen Situationen führen zu einer virtuellen Vielfalt von linearen Diskursen. Diese Vielfalt an Möglichkeiten beruht auf unterschiedlichen Leserperspektiven und Kontexten, die zur Auswahl stehen. Daher ist Multiplizität und Mehrschichtigkeit von linearen Diskursen der Schlüssel zum Hypertext und zur Diskussion des Leseprozesses im Hypertext und nicht Nonlinearität. Wie Liestol (1994: 110) formuliert: "nonlinear is an empty term in the discourse on hypermedia that only shows how preoccupied writers on the subject have been with defining hypermedia in opposition to traditional media." |