Beat Suter
Vortrag für "tell_net", Stadtbücherei Stuttgart, 10. April
2003.
Computer- und Videospiele sind ein Phänomen unserer technikorientierten
Kultur, das bereits weitere Kreise gezogen hat, als wir je erwartet
haben. Immer wieder müssen die populären elektronischen Spiele
aber auch als Prügelknaben für Kulturpessimisten, -bewahrer
und -moralisten herhalten. Dies geschieht meist auch aus einer Falscheinschätzung
gewisser Aspekte und Strukturen von Videogames. Eine dieser oft falsch
beurteilten Eigenschaften ist die Narrativität von Computerspielen.
Müssen Computerspiele narrativ sein? Welche Arten von Narration
vertreten sie? Welche Narrativität funktioniert in Computerspielen?
Inwieweit dürfen wir zum Beispiel traditionelle Erzählmuster
auf Videospiele anwenden? Bei der Untersuchung dieser Fragen geht es
aber auch darum, diese relativ neuartigen Unterhaltungsprodukte kritisch
zu durchleuchten. Ich werde dies nicht unbedingt nur vom Standpunkt
eines Literaturwissenschafters aus tun, wie das vielleicht erwartet
wird, sondern versuchen, eine möglichst unabhängige Position
einzunehmen. Beginnen wir mit dem Einfachen:
0) Seit wannn kennen wir Computerspiele?
Video- und Computerspiele für die Massen gibt es seit cirka 30
Jahren. Begonnen hat die elektronische Spielemanie mit simplen Spielen
wie Pong auf äusserst einfachen Arcade- und Heimkonsolen. Das Computerspielemuseum
[1] von Andreas Lange liefert eine schön aufbereitete
Geschichte der Spiele und Heimkonsolen. Stellvertretend habe ich ein
paar Meilensteine dieser Gamegeschichte in Bildern ausgewählt (ein
Klick ins Bild der Konsole führt jeweils weiter):
1.
Atari Pong, 1975; 2. Mattel Football (erstes Handheld), 1976; 3. Coleco-Mini-Arcade,
Galaxian, 1981; 4. Nintendo Entertainment System, Mario, 1985; 5. Nintendo
Gameboy, Tetris, 1989.
Heute befinden wir uns mitten in der Entwicklung eines der aufregendsten Unterhaltungsmedien.
Kaum ein Monat vergeht, in dem Sony nicht mit einer weiteren Rekordmarke
bezüglich der Spielkonsole PlayStation 2 aufwartet. Mittlerweile
sind über 50 Millionen PlayStation 2 ausgeliefert. Verteilt auf
die einzelnen Weltregionen wurden in Japan (inklusive Asien) 12,53 Millionen,
in Nordamerika 21,48 Millionen und in Europa und den anderen Pal-Regionen
16,02 Millionen Geräte ausgeliefert (Stand: Januar 2003).
Und die Netzwerk-Adapter, die es einen ermöglichen online gegen
andere PS2-Besitzer anzutreten, werden ebenfalls stets beliebter. In
Nordamerika konnten bereits 400.000, in Japan 190.000 Adapter verkauft
werden. In Europa hat der Online-Service soeben begonnen (April 2003).
Heute sind folgende drei Spielsysteme weltweit verbreitet:
1.
Sony Playstation 2, Crashbandicot, 2000; 2. Nintendo Gamecube, Rayman3,
2001; 3. Micorosoft Xbox, Max Payne, 2001;
1. Welcher Typ von Spieler sind Sie?
Gehören Sie zu denen, die stundenlang an einem Rätsel knobeln können?
Oder suchen Sie lieber nach einer heimlichen Anleitung zur Überwindung
der Rätselhürden?
Es gibt (nämlich) zwei Arten von Computerspiel-Usern: jene, die jedes
Rätsel lösen wollen und dabei sehr beharrlich sind. Das sind
die User, die sich fürs Spiel interessieren, die Spieler.
Und es gibt jene, die sich bei der Repetition von Spielzügen langweilen,
sie wollen lieber mittels Cheats so schnell wie möglich voran kommen.
Das sind die User, die sich nicht fürs Spiel, sondern für
die Narration des Spiels interessieren.[2]
2. Die Positionen sind bezogen ...
Diese Einschätzung scheint etwas überspitzt: Doch genau diese
beiden Positionen ziehen sich durch sämtliche Gruppen hindurch,
die sich mit Computerspielen befassen, ob nun Spielefans, Designer oder
Kritiker. So haben selbst die Wissenschafter, die sich mit Computerspielen
befassen, in den letzten zwei, drei Jahren genau diese Positionen bezogen.
Sie bezeichnen sich heute gegenseitig als Ludologen und Narratologen.
Die Ludologen wie Aarseth, Juul, Eskelinen konzentrieren sich dabei
auf die Mechanik des Spielens und eine eigene Chronik des Computerspiels,
währenddessen die Narratologen sich dafür interessieren, die
Computerspiele im Zusammenhang mit anderen narrativen Medien wie Film
und Literatur zu studieren.
Die Gestalter der Spiele neigen selbst logischerweise meist in Richtung
der Ludologen. So auch die Spieledesignerin Celia Pearce [3],
die Zweck und Struktur von Computerspielen auf einen erhellend einfachen
Nenner herunter zu brechen vermag. Pearce ist der Meinung, dass sich
die Kontroverse zwischen Ludologen und Narratologen vor allem deshalb
ergeben hat, weil "artfremde Theoretiker" (anderer Disziplinen
wie zum Beispiel Literatur) sich vollkommen uneins sind über die
Rolle des Narrativen in Computerspielen ("result of theoretical
repurposing"). Diejenigen Theoretiker und Designer, die sich in
erster Linie mit Spielen beschäftigen, seien sich dagegen einig
über die Rolle des Narrativen in Computerspielen. Computerspiele
hätten eine medienspezifische eigene Art von Narration, die sich
mit den ihr eigenen Eigenschaften von anderen Ausdrucksformen unterschieden.
Da Spiele in erster Linie zum Spielen dienen ("Games are fundamentally
about play"[4]) und nicht zum Beispiel zum Geschichten
erzählen, ist es nahe liegend, ein aufs Spielen zentriertes Rahmenwerk
zur Einschätzung von Spielen aufzubauen.
So liefert die Spieledesignerin Celia Pearce eine grundlegende Definition
mit sechs Punkten, die alle Spiele (ob elektronisch oder nicht) miteinander
teilen. Ihrer Meinung nach ist ein Spiel ein strukturiertes Rahmenwerk
für spontanes Spielen, das aus folgenden Elementen besteht [5]:
- Ein Ziel (und z.B. viele untergeordnete Ziele)
- Hindernisse (die den Spieler daran hindern sollen, das Ziel zu erreichen)
- Hilfsmittel (die dem Spieler helfen, sein Ziel zu erreichen)
- Belohnungen (für den Fortschritt des Spiels)
- Information,
- a) die allen Spielern bekannt ist,
b) die einem einzelnen Spieler bekannt ist,
c) die nur dem Spiel bekannt ist,
d) die progressiv ist (mehr Wissen aneignen).
3. Unterschiedlich Genres = unterschiedlicher Einsatz von Narration
Bevor wir uns aber hier einer der beiden Positionen nähern können,
sollten wir wohl Computerspiele und ihre Genres etwas näher betrachten.
Dabei wird sich schnell zeigen, dass einerseits das Geschichten Erzählen
nicht allen Game-Designern liegt, und andererseits nicht alle Computerspiele
Geschichten erzählen müssen.
Die verschiedenen Genres der Computerspiele unterscheiden sich im Hinblick
auf den Einsatz von Narration stark voneinander. Zur Illustration meines
Punktes habe ich zwei Genre-Einteilungen ausgewählt, die nicht
nur aus unterschiedlichen Motiven entstanden sind, sondern auch unterschiedliche
Aspekte betonen. Die Einteilung von Landwehr und Zehnder [6]
diente dem Zweck, im Hinblick auf eine Ausstellung eine klare Genre-Zuweisung
für sämtliche Spiele zu finden, die von Kindern und Jugendlichen
gespielt werden. Sie gründet denn auf dem Gedanken, dass ein einzelnes
Spiel einem einzelnen Genre zugewiesen werden kann. So entstand ein
Softwareführer für Computerspiele mit klarem pädagogischem
Ansatz.
Steven Pooles Einteilung unterscheidet sich stark von der Genrezuweisung
von Landwehr und Zehnder. Sie wurde aus Pooles Buch Trigger Happy [7]
destilliert und basiert auf einem grundsätzlich anderen Gedanken.
Pooles Genres sind als Aspekte zu verstehen, die sich in einzelnen Spielen
finden. So kann denn bei Poole keine 1:1-Zuweisung erfolgen. Ein einzelnes
Spiel kann Aspekte mehrerer Genres - Poole nennt sie auch Spiele-Familien
- aufweisen. The Sims beispielsweise vereinen Aspekte von God Games
sowie von Role-Playing-Games, Zelda vereinigt Aspekte von Role-Playing-Games
und Exploration-Games. Trotzdem wird in der folgenden Tabelle versucht,
die Genres der beiden unterschiedlichen Einteilungen einander gegenüberzustellen.
Genretabelle
Landwehr, Zehnder 1998 |
|
|
Steven Poole 2000 |
|
|
Action & Arcade |
Battlezone, Half-Life |
|
shoot'-em-up |
Battlezone, Half-Life, Doom, Quake |
|
Darkroom |
Doom, Quake, Resident Evil, Unreal |
|
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|
|
|
|
|
racing game |
WipEout, 1080° Snowboarding, Micro Machines |
|
|
|
|
fighting game |
Tekken, Ready 2 Rumble Boxing, Street Fighter |
|
Sportspiele |
Fifa 2003, Formel 1, Wipeout |
|
sports game |
Soccer Evolution Pro |
|
Adventures |
Zork, Myst, Blade Runner |
|
exploration game (platform game) |
Super Mario, Tomb Raider, Crash Bandicot 3, Zelda |
|
Rollenspiele |
Muds, Ultima, Everquest |
|
role-playing game (RPG) |
Ultima online, Final Fantasy, Shenmue, The Sims, Zelda |
|
Netzgames
(a) Multiplayer-spiele |
Battle, Dwango |
|
|
|
|
(b) Online-Games |
Ultima Online, Everquest |
|
|
|
|
Simulationen
(a) Wirtschaftssimulationen |
Sim City, Railroad Tycoon |
|
god games |
Black & White, Populous, The Sims |
|
(b) Simulatoren |
Flight Unlimited |
|
|
|
|
Strategiespiele |
Lords of Magic |
|
real-time strategy game |
Starcraft, Commandos 2 [Kriegsimulationen] |
|
|
|
|
puzzle game |
Tetris |
|
Spiele für Kinder |
Ein Fall für TKKG, Robinson Crusoe |
|
|
|
|
Spiele für Girls |
Barbie Mode Designer |
|
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|
Beyond Entertainment |
Ceremony of Innocence, Sofies Welt |
|
|
|
|
4. Welche Spiele sind narrativ?
Nicht alle Spiele erzählen Geschichten. Das müssen manche
auch nicht. Ein Spiel kann abstrakt, expressiv und erfahrungsbedingt
sein. Und auch wenn eine Geschichte vorhanden ist, so kann sie einen
untergeordneten Rang einnehmen. Ähnlich vielleicht wie bei einem
Ballett. Da wird ebenfalls eine Geschichte erzählt, doch der Zuschauer
kommt nicht wegen der Geschichte, sondern wegen des Tanzes.
a) Tetris (1989) [8]
Nehmen wir das abstrakte und sehr einfache Spiel Tetris, ein abslouter
Renner und Dauerbrenner unter den Videospielen: Tetris ist ein einfaches
grafisches Spiel, das keine sichtbaren narrativen Aspekte aufweist.
Es fallen Mauerblöcke in unterschiedlichen Formen vom Himmel -
und wir müssen versuchen, sie in die jeweiligen Mauerlücken
einzufügen. Jede komplette Zeile der Mauer am unteren Rand des
Bildschirms löst sich auf, und wir können die nächste
Mauerzeile bauen. Das Spiel kann ewig dauern.
Es ist klar: Hier ist Narration unwichtig. Wir brauchen ein anderes
Konzept zur Beurteilung. Interface Design hilft uns da weiter, expressive
Bewegung, Bewegungsbeeinflussung und simple Interaktivität. Schliesslich
entstand Tetris im Labor, wo mit Oberflächendesign experimentiert
wurde.
Tetris hält uns durch seine Einfachheit gefangen. Die Spielspannung
bleibt immer gleich. Als Spieler wollen wir auf jeden Fall gewinnen.
Und wir merken gar nicht, dass dieses Spiel so gemacht ist, dass wir
nie gewinnen können. Denn die Klötze fallen immer mit einer
grösseren Geschwindigkeit herunter, so dass wir früher oder
später ein Durcheinander kriegen und sich der Bildschirm mit den
unfertigen Mauerzeilen auffüllt.
b) Super Mario (1985) [9]
Die Geschichte des Sanitärs Mario - existiert sie überhaupt?
Mario ist auf der Suche nach Geld und Ruhm oder irgendwas. Dabei rennt
er, stets quer über den Bildschirm, hebt Geldsäcke auf, springt
über Feinde hinweg, auf ihre Köpfe, überwindet Hindernisse
und erreicht schliesslich den nächsten Level, wo es wieder gleich
weiter geht, diesmal etwas schwieriger.
Das berühmte Jump-n-Run Spiel besitzt nicht einmal eine befriedigende
Rahmengeschichte. Es wird nichts erzählt, allerdings bewegt sich
Mario durch eine ziemlich fantastische Welt, in der er seinen Weg finden
muss. Das Voranschreiten auf diesem Weg ist denn auch das, was den Spieler
in seinen Bann zieht. Narration ist an sich unwichtig und vernachlässigt
in den Plattformspielen, es sei denn, man akzeptiere den Weg Marios
als erzählte Liste von Bewegungen.
c) Max Payne (2000) [10]
Die Anfangs-Sequenz führt uns in die Geschichte ein und erzählt
eine Einführungsgeschichte. Das ist schon sehr viel Narration für
ein Action-Spiel. Agent Max Payne kommt nach Hause, wo er hilflos mitbekommen
muss, wie seine Frau und sein Kind umgebracht werden. Das Töten
bestimmt auch danach Verlauf und timing des Spiels. Der Spieler macht
sich als May Payne, der inzwischen under cover arbeitet und ziemlich
vereinsamt ist auf die Suche nach den Killern eines Kontaktmannes. Der
Tod seines Kontaktmannes wird Payne zur Last gelegt – jetzt wird
er nicht nur von Verbrechern, sondern sogar von ehemaligen Kollegen
gehetzt. Umgekehrt verfolgt er die wahren Mörder des Kontaktmannes
und will den Mörder seiner Familie finden. Viel Action und Blut
sind dabei selbstverständlich.
Wenn wir dies mit der Struktur eines Detektivromans vergleichen, der
normalerweise aus einer Begegnungsgeschichte, einer Aufklärungsgeschichte
und einer Verbrechensgeschichte besteht, so merken wir, dass sich ein
Action-Spiel wie Max Payne lediglich rudimentärer narrativer Story-Elemente
bedient, bzw. nicht mehr tut als eine Rahmenhandlung abstecken. Die
narrativen Ambitionen von Max Payne sind zwar da, aber es werden im
Prinzip Emotionen geweckt, die narrative Erfahrungen aus unserer Vergangenheit
ansprechen. Dabei vertrauen die Game-Designer auf Rollen und Ziele aus
der Unterhaltung, mit denen sich der Spieler identifizieren kann.
Die Einführungsgeschichte qualifiziert zwar als Begegnungsgeschichte,
sie deckt aber gleichzeitig schon die eine Verbrechensgeschichte auf.
Der Grossteil des Spiels wird also zum Rachefeldzug. Allerdings entspinnt
sich in Max Payne anders als in vielen Action-Games eine zweite Verbrechensgeschichte,
die einen zweiten Rahmen setzt. Da diese beiden Rahmen in der Folge
miteinander gekreuzt werden können, macht dies komplexere und spannendere
Action-Plots möglich bzw. es werden spektakulärere Action-Bilder
möglich. Trotzdem darf man gleichzeitig fesstellen, dass nach der
Einführungssequenz zu Max Payne die Story lediglich noch mit dem
beschrieben werden kann, was der Spieler wirklich tut. Wir können
eine Liste von Max Paynes Bewegungen erstellen: Links, rechts, nach
unten, nach oben, ducken, springen, schiessen, Türe öffnen
etc. Wir suchen nach jemandem, wir finden ihn, vernichten ihn, wir werden
verfolgt, wir wehren uns, vernichten die Verfolger etc. Während
also die diachrone Narration, die Hintergrund-Story, bereits zu Beginn
des Spiels klar abgesteckt wurde, ist unsere synchrone Erzählung
nicht mehr als eine Liste von Aktionen und Reaktionen, die den Spieler
bei Laune halten.
Ich muss aber hier auch festhalten, dass Max Payne unter den Action-Spielen
bereits recht fortgeschrittene narrative Plots enthält, die oft
gar ironisch gebrochen sind. Viele der Spiele dieses Genres wie Doom
oder Diablo enthalten keine solchen Elemente oder lediglich eine kurze
Einführungsgeschichte, bevor das Ballern losgeht. Und die Hauptfiguren
dieser Spiele tragen meist auch keine individuellen Charakterzüge,
wie sie Max Payne erhalten hat.
d) Zork (1980) [11]
Im Text-Adventure Zork von 1980 findet sich in elektronischem Format,
was auch schon Odysseus und Don Quichote erfahren haben: eine endlos
scheinende Irrfahrt durch labyrinthische Gegenden, die immer neue Überraschungen,
Prüfungen und Rätsel bereit halten. Im Medium Computer wird
dabei das Hauptaugenmerk zuerst auf den Raum (dann erst auf die Zeit)
gelegt, also auf die Navigation durch diese Labyrinthe, während
in der ‘Odyssee’ beispielsweise besonderen Wert der präzisen
Beschreibung der einzelnen Schritte zugewiesen wird, die Odysseus (erstaunlicherweise
in der gleichen immersiven Perspektive des Ich-Erzählers wie in
Zork) zur Auflösung einer sehr heiklen Situation wie dem Besiegen
des Zyklopen oder dem Entkommen vor den Sirenen führen.
Dort, wo in traditionellen Erzählungen besonders präzise Narration
gefragt ist, wird in Adventures die Navigation eingesetzt. Der Spieler
in‘Zork’ beginnt sich also zu bewegen, er kann navigieren.
Das hat seinen unmittelbaren Einbezug in einer Art erweiterten Ich-Perspektive
in die erzählte Geschichte zur Folge. Eine erweiterte Ich-Perspektive
ist es darum, weil der Leser den Weg zum nächsten Ort bestimmen
kann und allein dafür verantwortlich ist, dass er sich wieder aus
der auswegslos erscheinenden, gefährlichen Situation retten und
den Weg weitergehen kann.
In Zork finden wir also fortgeschrittene Narrationskonzepte. Schliesslich
ist es aber die Maschine, die eine Geschichte ‘erzählt’
und der Spieler ist lediglich mit der einfachen, aber befriedigenden
Herausforderung konfrontiert, einen Ausweg zu finden, bzw. das Rätsel
mit eigenen Händen zu lösen.
e) Myst (1993), Riven (1997), Myst Exile III (2001) [12]
Die drei bekannten Myst-Spiele bieten verhältnismässig gute
Narration sowie eine sehr einfache Kontrolle: Der Spieler wandert in
einer wundervollen Landschaft umher und versucht Rätsel zu lösen.
Ein wunderbar reines Explorations-Spiel. Die Narration ist in Sequenzen
unterteilt, die in sich abgeschlossen werden.
In Myst wird man zuerst mit der Insel ‘Myst’ vertraut gemacht
und über Bücher in eine Rahmenhandlung eingeführt. Das
wäre die Begegnungsgeschichte. Damit man von der Insel ‘Myst’
in ‘neue’, vergangene Zeitalter findet, in welchen ‘Myst’
ganz anders aussah, muss man die Insel durchwandern und dabei relativ
komplexe Rätsel lösen. Alle drei Myst-Spiele funktionieren
auf dieselbe Weise. Sobald jeweils eine Insel erkundet ist und die Rätsel
gelöst, öffnet sich ein Tor zu einem neuen Zeitalter (‘Level’)
oder man kann eine Fahrt auf eine neue Insel vornehmen. Die narrative
Sequenz ist damit abgeschlossen, die nächste kann beginnen.
Die Narrativität solcher Spiele sind stark verwandt mit der formelhaften
Narrativität, der man in Detektivromanen und oft auch in Kriminalromanen
begegnet. Die klassischen Detektivromane sind auf der Ebene der Geschichte
normalerweise in drei unterscheidbare narrative Ebenen gegliedert: die
Begegnungsgeschichte, die Aufklärungsgeschichte und die Verbrechensgeschichte.
Alle Myst-Fiktionen bestehen aus dem einfachen Muster, dass eine Verbrechensgeschichte
(bzw. ein Verrat) in der Vergangenheit stattgefunden hat und wir sie
nun in der Gegenwart (in einer Ermittlungsgeschichte) lösen müssen.
Der Spieler wird also zum Detektiv. Es fehlen ihm Informationen, um
den Fall zu lösen, um im Text weiterzukommen, einen neuen Level,
eine neue Insel zu erreichen. Deshalb muss er nun die richtigen Zeichen
lesen, bzw. diese sorgfältig von allen unwichtigen und ablenkenden
Zeichen trennen, um dann mit den richtigen Fakten die Verbrechensgeschichte
rekonstruieren zu können. Die Motivation des Spielers besteht also
eindeutig aus der detektivischen Aufgabe, die sich ihm stellt.
Zusammenfassend:
Vereinfachte Genretabelle
Abstrakte Spiele |
Z.B. Tetris: Spiel ohne narrative Aspekte |
|
Ego-shooter |
Narration ist meist unwichtig |
|
Sport- und Rennspiele |
Mehr Spiel als Narration, Agon |
|
Simulationen |
Narration als Spielehintergrund (The Sims: wie Rollenspiele) |
|
Gottspiele |
Machen regen gebrauch von Narration |
|
Rollenspiele |
Narrationen entwickeln sich über die Charaktere |
|
Adventures |
Narration ist der wichtigste Aspekt des Spiels |
|
>> Genretabelle
in Farbe mit Narrationsstufen
5. Gibt es einen Mangel an narrativen Spielen?
Die eingefärbte Genretabelle macht deutlich, dass lediglich eine
kleine Anzahl der Spiele eine gute narrative Basis haben. Adventures
findet man immer seltener in den Regalen der Spieleläden. Ego-Shooter,
Sport- und Rennspiele und Action-Spiele dagegen sind sehr verbreitet.
Dies legt die folgende These nahe: Der Mangel an guten narrativen Spielen
heute bzw. das Überangebot an sehr schematischen narrativ wenig
überzeugenden "Action Adventures" wäre darauf zurückzuführen,
dass die relativ fortgeschrittene Entwicklung der Text-Adventures der
80er Jahre abgebrochen wurde. Die Text-Adventures wurden ersetzt durch
die Bild- oder 3D-Adventures. In der Folge wurden alle Anstrengungen
in die Grafik und Animation gelegt – und die Narration wurde links
liegen gelassen.
Heute noch finden sich in den "Action Adventures" (beispielsweise
in Resident Evil) die gleichen statischen Puzzles, die so typisch waren
für die ersten Text-Adventures vor zwanzig Jahren. Auch Steven
Poole ist der Meinung, dass in diesem Genre keine narrative Weiterentwicklung
statt gefunden hat. [13]
Videogames setzen sich grundsätzlich aus Polygonen zusammen[14]:
Die Playstation 2 zeichnet heute 70 Millionen Polygonen pro Sekunde!
Seit Anfang der 90er Jahre arbeitet man in der Spieleindustrie vorwiegend
an der Verbesserung der Polygonrate. Die Entwicklungsreihe der Spiele
Wolfenstein, Doom, Quake, Half-Life, Unreal vermag dies bestens zu illustrieren.
Die Entwickler konzentrierten sich auf die Geometrie anstatt auf die
Narration. Es gibt allerdings auch die Ausnahme-Spiele: Sie bieten kreative
Experimente und Innovationen, oft in technischer wie in interaktiver
und in narrativer Hinsicht. Zu ihnen gehören: Ceremony of Innocence,
The Last Express, The Sims, Black and White, Majestic, Shenmue.
Doch grundsätzlich ist festzustellen, dass diejenigen Game-Designer,
die in ihren Spielen wirklich Geschichten erzählen wollen, wohl
eine bessere erzähltheoretische Ausbildung anstreben sollten. Die
meisten von ihnen sind als Computerspezialisten, Programmierer oder
Grafik-Designer ausgebildet, das narrative Vokabular jedoch holen sie
sich lediglich aus ihrer Erfahrung als Konsumenten von populärer
Unterhaltung, nicht aber aus einer dahin gehenden Ausbildung (z.B. einem
Studium narrativer Theorien). [15]
Heute werden ganz vereinzelt Kurse zur Weiterbildung in diesem Bereich
angeboten: Der Spiele-Theoretiker Henri Jenkins am MIT ist dabei einer
der wenigen, der sich für eine narrative Ausbildung der Entwickler
engagiert und selbst Auslbildungskurse an seinem Institut anbietet.
In Deutschland ist mir zumindest die Münchner Initiative "sagas
Writing Interactive Fiction" bekannt. Unter dieser Bezeichnung
organisieren das MEDIA Programm TRAINING und die Akademie für Fernsehen
und Film München verschiedene Workshops mit international bekannten
Leuten an verschiedenen Orten in Europa (z.B. Mobile Gaming Workshop
3.4. - 9.4.2003; HFF, München, by Anthony Dunne + Fiona Raby).
Allerdings ist dies nur die eine Seite der Medaille. Die Erfahrung,
die wir beim Spielen eines Spiels machen, kann nie nur auf das Erfahren
der Story reduziert werden. Hier müssen wir wohl auf jeden Fall
den Ludologen zuhören und zu erkennen versuchen, dass zahlreiche
weitere Faktoren nötig sind, um wirklich gute Spiele zu entwickeln.
Auch unser kritisches Vokabular zur Beurteilung von Spielen muss da
stark erweitert weden – und wir müssen viel stärker
auf die Mechanik des Spiele-spielens achten, als hilflos stets Vergleiche
zu Film und Literatur heranzuziehen.
6. Erzählraum
Es war bis anhin stets von narrativen Mustern die Rede. Spiele werden
aber nicht zuletzt auch als Räume konstruiert, in denen zeitlich
Ereignisse ablaufen können. Und die Spieler nehmen sie auch als
eigene Räume oder gar Welten wahr. Deshalb sollten wir einen Schritt
weiter gehen und uns fragen, wie denn der neue Erzählraum aussieht,
den die Computerspiele für uns öffnen?
Es wird ein virtueller Raum geschaffen, indem wir uns bewegen können,
während wir selbst lediglich da sitzen und nur leichte Finger-
und Handbewegungen machen. Der Spielraum ist eine Art Extension von
uns, ein gebauter Imaginationsraum, indem wir selbst Ereignisse vollziehen
und rudimentär Geschichten schreiben können.
Dabei stellen wir schnell fest, dass die Spiele ebenso stark auf Architektur
und z.b. Tanz zurückgreifen wie sie sich an Film und Literatur
anlehnen.
Ich möchte ihnen einen kurzen Einblick in zwei wichtige und doch
recht unterschiedliche Erzählraumkonzepte geben, die dies illustrieren.
Das Adventure Myst III Exile und das Ego-Shooter- und Multiplayer-Spiel
Unreal Tournament[16] zeigen zwei Prinzipien von Erzählraumkonzepten.
[17]
Myst III Exile
versus Unreal Tournament
Während die Welt im dritten Adventure Game der „Myst“-Reihe
additiv aufgebaut ist und die topografische Begrenzung konzeptueller
Teil des Spiels ist, ist „Unreal Tournament“ von einem antagonististischen
Kreationskonzept geprägt. „Unreal“ ist eine Welt voller
Möglichkeitsräume, aus der einzelne Welten und Räume
als Levels herausgeschnitten werden. Bestehende ästhetische und
formale Gegebenheiten werden umgedreht, und es entsteht ein Informations-
und Kommunikationsraum, in dem sich Menschen einer gemeinsamen Halluzination
hingeben und wo schliesslich die Grenze zwischen Realität und Virtualität
zerfliesst.
Vielleicht leuchtet das im ersten Moment nicht ein, denn in Myst III
Exile wird eine ausgefeilte Geschichte inszeniert, während im Unreal
Tournament lediglich Figuren oder andere Spieler abgeschossen werden.
Das müsste aber nicht so sein. es liesse sich viel mehr machen
mit den Spielräumen von Unreal. Die grundsätzlichen Möglichkeiten
sind hier um einiges grösser als in Myst III Exile.
In Myst ist die Welt fertig gebaut. Sie besteht aus Inseln, die in einer
leeren Welt stehen. Die Bewegungen des Spielers sind stark eingeschränkt.
Er kann die kleinen Inseln nicht verlassen. Ja, seine Bewegungsmöglichkeiten
auf den Inseln sind ebenfalls sehr limitiert, er kann lediglich vorbestimmte
Wege beschreiten, muss immer wieder die gleichen Wege abgehen, kann
nie querfeldein abkürzen oder bsp. schwimmen. Die Regeln des Spieles
sind bis ins Detail fixiert und können nicht verändert werden.
Man spielt das Spiel im „Wissen darum, dass eben nicht unendliche
Möglichkeiten existieren, dass alle Rätsel und Apparaturen
gestiftet und die Wege begrenzt sind“[18]. Es
macht sich ein „behagliches Gefühl [breit], dem mysteriösen
Weltentwurf nicht rückhaltlos ausgeliefert zu sein und stets Lösungen
für die fingierten Probleme finden zu können.“ Das ist
wohl passend für dieses Spiel.
In Unreal müssen wir uns unseren (Spiel-)Raum selber graben. Zu
Beginn der Kreation ist aber keine Leere vorhanden, in die einfach Objekte
gestellt werden wie bei Myst, sondern ein riesiger Block Erde, eine
Welt mit einem unendlich grossen Volumen. In diesem Material-Block stecken
potenziell viele Räume drin, wir müssen sie uns aber zuerst
ergraben. Und wenn wir uns einen Raum gegraben haben, können wir
ihn mit anderen Räumen verbinden. Die Welt von Unreal ist so voller
Möglichkeitsräume. Aber mindestens ebenso wichtig ist, zu
vermerken, dass sich Spieler in diesen Unreal-Welten äusserst frei
und ungehindert bewegen können. Sie können querfeldein rennen,
Berge erklimmen, Flüsse druchschwimmen etc. Oder eben Begegnungen
mit anderen Spielern haben, mit diesen kommunizieren und interagieren.
Un(i)real
Beim Explorativen Workshop «Raum und Zeit in interaktiven Kinder-
und Jugendmedien» an der Universität Zürich im November
2001 stand ein selbst kreierter Raum zum Spiel „Unreal Tournament"
im Mittelpunkt meines Vortrages. Dieser Raum oder Level erhielt die
Bezeichnung „Un(i)real". Konkret wurden die Räume des
Deutschen Seminars der Universität Zürich, in denen der „Explorative
Workshop" stattfand, mittels „Unreal Editor" und „Unreal
Engine" nachgebildet. Und diese Räume stellten dann die Grundlage
für das Ego-Shooter-Spiel "Unreal Tournament" dar. [19]
Die Nachbildung wurde nicht vollständig zu Ende geführt, so
dass die Konstruktions- und Dekonstruktionsprinzipien und -brüche
anschaulich wurden beim Durchgehen und Bespielen des Welt-Raumes des
Deutschen Seminars. Einzelne Räume wie die Eingangshalle, zwei
Treppenaufgänge, ein Seminarraum sowie ein Hörsaal waren in
einem relativ weit fortgeschrittenen fertig wirkenden Stadium, während
das Kellergeschoss und der grosse Hörsaal zwar vorhanden waren,
aber entweder nicht möbliert oder wie im Falle der gesamten Bibliothek
schlicht unauffindar beziehungsweise als durchgängiges leeres Geschoss
ausgebildet waren.
Das Gebäuder des Deutschen Seminars stand in einem aus der Materie
herausgeschnittenen grösseren Raum, der dem Spielraum des Levels
entsprach. Dort war das Gebäude in seiner ganzen Grösse vorhanden,
doch lediglich ein Teil der Räume liess sich erkunden und lediglich
ein kleiner Teil der Aussenfassade war vorgehängt worden, so dass
man das Deutsche Seminar lediglich aus einem bestimmten Blickwinkel
identifizieren konnte und nur seine Perspektive zu verändern brauchte,
um die Konstruktionsbrüche wahrzunehmen. Durch diese Unfertigkeit
liess sich das Erschaffen einer Spielwelt durch das Prinzp des vollständig
ausgefüllten Raumes, der dekonstruiert wird, relativ einfach zeigen.
Das Publikum selbst war nicht auf die Präsentation des Levels vorbereitet
worden. Trotzdem wurden die Räumlichkeiten auch von den Gästen,
die sich zum ersten Mal in jenem Gebäude befanden, sofort erkannt.
Genauer gesagt: Der dekonstruierte Raum von „Un(i)real" wurde
von den Zuhörern sofort als ein Raum erkannt, indem man sich analog
zur Realität frei bewegen konnte, sich umdrehen, rennen, springen,
schiessen, schlagen, Gegenstände aufheben – und nicht wie
in „Myst III Exile" sich lediglich auf einigen vorgegebenen
Pfaden bewegen konnte.
Der neue Raum wurde aber von den meisten Anwesenden nicht als Erzählraum
erkannt beziehungsweise als Erzählraumhülle akzeptiert, in
der sich nun eine Erzählung entfalten kann. Die Möglichkeiten
eines solchen offenen Erzählraumes werden in der Literaturwissenschaft
erst vereinzelt erkannt, denn dieser offene Erzählraum setzt ein
anderes Verständnis von Narration voraus: nicht das klassische
abgeschlossene Konzept, sondern ein neues, prozesshaftes, expandierendes,
von sozialer Kommunikation geprägtes Konzept. Davon ist manches
in Computerspielen bereits umgesetzt. Doch die simplen Handlungsweisen
und überbordenden Gewaltanwendungen des Ego-Shooters verstellen
wohl die Sicht auf die eigentlichen Möglichkeitsräume für
Interaktion, Kommunikation und Narration, die sich mit dieser Art von
Spiel- und Welt-Raum-Kreation eröffnen und durchaus auch weniger
martialisch genutzt werden könnten. Andererseits vermag genau dieses
Handlungsmuster Wunden bloss zu legen und Grenzen und Grenzüberschreitungen
sichtbar zu machen.
7. Ein dritter Weg
Hier wäre wohl auch ein dritter Weg zwischen Ludologen und Narratologen
anzusetzen, der die Eigenheiten des Mediums respektiert: Es ginge darum,
die Spiele weniger als Geschichten zu studieren, sondern vielmehr als
Räume, die voll sind von narrativen Möglichkeiten. Es ginge
darum, neben Literatur und Film zumindest auch die Disziplinen Architektur
und Tanz (sowie Theater, Stadt- und Landschaftsplanung uns anderes)
in eine Analyse mit einzubeziehen.
In vielen Spielen finden wir diese Räume als sogenannte Wettkampfräume
("contested spaces"). Sie erlauben das Gestalten von individuellen
Charakteren, mit denen der Spieler agiert. Ihnen ist ein gewissen Bewegungsschema
eingeschrieben. Dieses Bewegungsschema hat sich im Verlaufe der Entwicklung
der Computerspiele stark verändert, so dass heute nicht nur rudimentäres
Bewegen in einer Fläche möglich ist, sondern tänzerische
und athletische Bewegungsmuster in einer 3D-Welt an der Tagesordnung
sind.
Die Spielaktionen selbst sind das eigentlich Wichtige in einem Spiel.
Durch sie entwickelt sich eine Geschichte als Raumspiel mit möglichst
grossem Spielraum. Möglichst grosser Spielraum, das heisst: Der
architektonisch kosntruierte Raum wird über die Bewegung erschlossen.
Das zeigt auch Myst III Exile: Der Raum und die räumliche Erfahrung
sind ein zentrales Motiv des Computerspiels. Als erstes Spiel der Myst-Trilogie
bietet Myst III Exile dem Spieler die Möglichkeit, sich 360 Grad
zu drehen sowie stufenlos nach unten und oben zu blicken. Doch trotzdem
wird die Bewegung hier nicht ausgereizt und lediglich in wenigen Sequenzen
wirklich zur Vermittlung von Spielerfahrung genutzt. Max Payne und vor
allem der Ego-Shooter Unreal können hier den Weg weisen:
Ein Spiel beschreibt nicht, sondern wird erfahren. Dieser Prozess des
Erfahrens wird ermöglicht durch das Experimentieren mit zahlreichen
Raumentwürfen. Die Anzahl der gleichzeitig darstellbaren Bildpunkte,
Farben, bewegten Flächen und Lichtreflexe bestimmt dabei über
die Qualität des Spiels. Je mehr solcher Attribute ohne sichtbare
Zeitverzögerung für jede Perspektivänderung zu berechnen
sind, desto räumlicher und interessanter wird ein Spiel (Gunzenhäuser
2002).[20] Desto besser und freier können Bewegungsmuster
umgesetzt werden.
Actionspiele wie Max Payne und Ego-Shooter wie Unreal Tournament schaffen
ganz besondere Erfahrungs- und Erzählräume. "Räume,
die in ihrem technischen und ästhetischen Perfektionsanspruch Regeln
des Wahrnehmens, wie sie etwa aus realistischen Romanen bekannt sind,
sprengen."[21] Der symbolische Rahmen des Alltäglichen
wird hier gesprengt, und es wird versucht neue Wahrnehmungs- und Darstellungsräume
zu kreieren. Erfahrungsräume also oder Möglichkeitsräume,
in denen sich der Spieler (spielend) beweisen kann, in denen er spielend
eine eigene Geschichte entwickeln kann.
Fussnoten:
1 Lange, Andreas."Das Computerspiele Museum".
Dito. 2000. <http://www.computerspielemuseum.de>
(20.03.2003).
2 Vgl. Walter, Klaus. Grenzen spielerischen Erzählens
– Spiel- und Erzählstrukturen in graphischen Adventure Games.
Siegen: Dissertation, 2001. <http://www.ub.uni-siegen.de/epub/diss/walter.htm>
(28.04.2003). Auf Seite 33 der gedruckten Dissertation schreibt Walter:
"Die zwei Grundkategorien, mit denen sich die Analyse beschäftigen
wird, sind Spiel und Erzählung. Definiert man für eine Typologie
der Adventure-Game-Nutzer zwei Extreme – analog den zwei Kategorien
Spiel und Erzählung –, kann zwischen dem homo ludens und
dem homo narrans unterschieden werden. Diese Differenzierung findet
sich dann sowohl auf Ebene der impliziten Nutzer als auch auf Ebene
der intendierten bzw. realen Nutzer."
3 Vgl. Pearce, Celia: "Story as Playspace: Narrative
in Games." In: King, Lucien (Hg.): Game On. London: Laurence King Publishing
2002, S. 112 - 119.
4 Vgl. Pearce 2002, S. 113
5 Vgl. Pearce 2002, S. 113f.
6 Vgl. Landwehr, Dominik und Zehnder, Matthias (Hgg.):
Spielzeug Computer. Ein Führer durch den elektronischen Spielplatz.
Solothurn: Vogt-Schild/Habegger 1998.
7 Vgl. Poole, Steven. Trigger Happy. The inner Life
of Video Games. London: Fourth Estate 2000.
8 Tetris: Vgl. The Tetris Saga. Itsr's NES Archive.
1998. <http://www.atarihq.com/tsr/special/tetrishist.html>
(28.04.2003). Sowie: Gerasimov, Vadim. The Story. MIT Homepage.
2002. <http://vadim.www.media.mit.edu/Tetris.htm>
(28.04.2003).
9 Miyamoto, Shigeru: Super Mario Brothers. Tokyo: Nintendo
Entertainment Systems 1985.
10 Jarvilehto, Petri, Lake, Sam u.a.: Max Payne. Seattle:
Microsoft (Windows, PS2, XBox) 2001.
11 Blank, Marc und Lebling, Dave: Zork: The Great
Underground Empire. Cambridge MA: Infocom 1980.
12 Cyan Inc. (Hg.): Myst III Exile. The perfect place
to plan revenge. Morrisville, NC: Ubisoft 2001.
13 Vgl. Poole 2000, S. 118ff.
14 Vgl. Poole 2000, S. 140
15 Vgl. Jenkins, Henry: "Game Design as narrative
architecture." MIT Homeapge. 2002. <http://web.mit.edu/21fms/www/faculty/henry3/games&narrative.html>
(28.04.2003).
16 Epicgames Inc. (Hg.): Unreal Tournament. Raleigh,
NC: GT Interactive 1999.
17 Vgl. Suter, Beat. "'Unreality': Raum als Subtraktion
von Welt. Spiele zwischen Realität und Möglichkeit."
Dichtung Digital, 2/2002. <http://www.dichtung-digital.com/2002/03-08-Suter.htm>
(20.04.2003).
18 Lischka, Konrad. „Gesunder Byte in einem
gesunden Körper. Neue Spiele (3).“ Sueddeutsche Zeitung Online.
2001. <http://www.sueddeutsche.de/kultur/themen/25401/index.php>
(25.10.2001).
19 Vgl. Suter 2002.
20 Vgl. Gunzenhäuser, Randi. "Raum,
Zeit und Körper in Actionspielen. Max Payne." Dichtung
Digital. 2/2002. <http://www.dichtung-digital.com/2002/03-22-Gunzenhaeuser.htm>
(20.04.2003)
21 Gunzenhäuser 2002.