Zur "Kritik eines digitalen Mythos" ... oder:
von den Schwierigkeiten einer Hyper/Text/Kritik im Flachland
2-dimensionaler Texte

von Heiko Idensen

Abtract

Stephan Porombka will in seiner Arbeit "Hypertext. Zur Kritik eines digitalen Mythos" digitale Hyper-Mythen (etwa: Hypertext könne die Wunscherfüllung der Träume von offenem leserzentriertem Text sein) entzaubern. Methodisch führt er die Hyperfictions der 80er Jahre auf totalitäre Science Fiction-Welten der 50er Jahre zurück, läßt die Textadventures als einzige mediale Form einer gelungenen Übertragung zwischen Text und Leser gelten und entlarvt immer wieder jeglichen Versuch der Veräußerlichung von Denkformen in Software-Strukturen als kulturelle Verdrängungsleistung, die das eigentliche Drama und Trauma der Postmoderne, die Einsperrung des menschlichen Geistes in die black-box Computer, nur verschleiere. Reduktionen der vielfachen Dimensionen hypertextueller Verknüpfungen auf kulturelle Binäroppositionen, Fixierung auf eine trockene Rezeption papierener Quellen reduzieren die n-Dimensionalität hypertextueller Strukturen und lassen den Hypertext dort enden, wo er angefangen hat: im Buch. Der Leser ist wieder ein Leser, der Autor bleibt Autor, der Link eine Fußnote in einer akademischen Arbeit über Hypertext.
Ob der Rezensent Heiko Idensen es schafft, sich aus diesem Labyrinth diskursiver Endlosschleifen zu befreien? Lese und leide, nein! Lese und entfliehe! Nein! Lese zwischen den Zeilen und vergiß nicht das Abenteuerliche im Hypertext, werte Leserin!
Enter "Kritik of Kritik eines digitalen Mythos"!


Rezensiertes Werk: Stephan Porombka: Hypertext. Zur Kritik eines digitalen Mythos, München 2001, zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1999


Nach einer zunächst ungebrochen begeisterten Aufnahme des Hypertext-Konzepts in die medien- und kulturtheoretischen Diskurse der frühen 80er Jahre, wurde in einer zweiten Phase der Aneignung von Kulturtechniken zunehmend Kritik laut. [1]

Gewiss, der Mythos ist eine Aussage ... aber Hypertext? Warum muß ausgerechnet der Hypertext kritisiert werden?

Wissen wir doch, daß bei jedem Medienwechsel «wie an der Schnittfläche von zwei optischen Medien auch, Raster und Moirés [entstehen]: Mythen, Wissenschaftsfiktionen, Orakel.» [2]

Hier setzt auch Stephan Porombka an, der die geheimen Triebkräfte der Technokultur bloßlegen will und nach den wahren Medientraumata, den Fixierungen und den Vermeidungs- und Abwehrreaktionen der User (S. 16) fragt, die sich (vergeblich) bemühen, der «Zwangsherrschaft des Textes» über die lesenden Menschen zu entkommen: «Mit dem Hypertext im Computer, so hieß es, könne diese Zwangsherrschaft überwunden werden. Nicht nur werde auf hypertextuelle Weise die Macht des Autors neu definiert, weil er einen weit verzweigten Text nicht mehr wirklich im Griff haben kann. Zugleich werde die Macht des Lesers gestärkt, weil der sich durch das Textnetzwerk bewegt und sich an jeder Abzweigung entscheiden muß, welchen Leseweg er weitergehen möchte. Auf diese Weise könne der Leser direkt mit dem Text <interagieren>, ihn manipulieren, um ihn als eine Art Lese-Autor in seinen eigenen Text zu verwandeln.» (S. 17)

Stefan Porombka malt immer wieder die totalitäre Vision eines allumfassenden Hypertextes als eine Art Meta-Software für die gemeinsamen Strukturen von Computer, Welt und Gehirn, an die Wand, um dann dagegen anzuschreiben.

Das Programm dieser Arbeit könnte benannt werden mit: Interpretation der Verknüpfungs- und Speichermanie im Hypertext als technisch-kulturelle «Angstabwehr» (S.19), als «suchtartige» Projektion und Ankopplung des <verlorenen Subjektes> an die «technologisch und phantastisch konstruierte Wirklichkeit des Computers» (S. 21).



Die Geschichte des Hypertexts als Geschichte der Anpassung

So weit so gut. Hello I am Eliza, tell me your Problems! [3]

Die Geschichte des Hypertextes wird gelesen als eine Geschichte der Anpassung, der Adaption (S.21):

Der erste Abschnitt versucht die Phantasiearbeit dreier «Heroen des Hypertextes» (Bush, Engelbarth, Nelson) als «kulturelle und technologische Konstruktion» zu re- und de-konstruieren. Part zwei legt drei Universalisierungs- und Totalisierungsstrategien des Hypertextes frei: Komplexität, Interaktivität und Räumlichkeit werden als «Querschnitt durch den Hypertext- und Computerdiskurs» herausdestilliert - und gleichzeitig als die entscheidenden Momente für die Weiterentwicklung des Computers und des Hypertextes bestimmt.

Im dritten Teil schließlich wird die «Geschichte des computerisierten Netztextes»(S. 22) gegen den Strich gebürstet, die Verdrängungsleistungen eines postmodernen Hypertextdiskurses sollen durch einen Rückgriff auf Science Fiction-Texte aus den frühen fünfziger Jahren eingeholt und als eine Art <innere Fiktion> des aufkommenden Computerzeitalters in die Literaturgeschichte eingeschrieben werden:

«Von der bloßen Fiktion geht man zum Ausagieren der Phantasien über. Denn die ersten Netztexte im Computer sind sogenannte Text-Abenteuer, in die der Leser hineingezogen wird, um als <Ich> die feindlichen Objekte im Computer zu bekämpfen. Es wird zu zeigen sein, daß der literarische Hypertext nicht nur in der Tradition der Science Fiction-Erzählungen steht, sondern auch als direkter Nachfolger dieser Text-Abenteuer verstanden werden muß. Von hier aus ist es dann nur ein kleiner Schritt zu den Netztexten, an deren Entstehung man sich in den weltweit gespanten Datennetzen beteiligen kann und von denen man sich bis heute die eigentliche Erfüllung der Hypertext-Utopien verspricht. Hier wird es dann noch ein letztes Mal um das Scheitern dieser Utopien gehen. Und damit um das Scheitern des hypertextuellen <Heilungsversuchs>.» (S. 23)

Eine Eschatologie des Hypertext-Diskurses also?

Nicht nur. Hier wird kein bloßer Abgesang auf den Hypertext und die Computerkultur vollzogen, kein Eskapismus gepredigt, sondern die «detailreichen Geschichten» der Entwicklung des Hypertextes werden als eine zwanghafte Erfüllung der Postmoderne in der Technik gelesen: «Dies ist die Geschichte der Hyperfiktion von der gesagt wird, daß sie die Großen Erzählungen der Moderne abgelöst hat. Die These ist, daß es sich bei der Hyperfiktion um die eine Große Erzählung der Postmoderne handelt, die in einer späteren und längeren Phase der <Anpassung> erzählt wird und die längst noch nicht abgeschlossen ist.» (S. 23)

Es geht Stephan Porombka also um eine Umkehrung der Perspektive: Hypertext wird nicht als eine mögliche Befreiung aus den Zerstreuungen postmoderner Technologie-Technikfolgen gelesen, sondern geradezu als das Leitmedium und die Schnittstelle zur Durchsetzung von Weltbildern, zur Programmierung der Köpfe der Anwender: Vorsicht! Komplexitätsfalle! [4]


Break out? Log-in? Jump?

Aber zweifellos macht es großen Spaß, dem Autor auf den Spuren dieser kulturwissenschaftlich-psychoanalytischen Gegen-Analyse des Hypertext-Traum(a)s als eines traumatischen Einbruchs quer durch die (hauptsächlich historischen) Hypertextdiskurse zu folgen, zu beobachten, wie er immer wieder versucht, den Hypertext vom Kopf auf die Füße zu stellen, die Verkörperungsthese [5] umzudrehen, um ...

Ja, um was damit anzustellen? Wohin führt Stephan Porombkas Kritik an den totalitären Zirkelschlüssen, Rückkoppelungsschleifen und Remediatisierungen [6] zwischen Welt, Selbst und Computer? Auch die Theorie ist bisweilen ein monströses Ungetüm, vielleicht auch der «Ausdruck des Wunsches des jeweiligen Autors, sich in einer labyrinthischen Textadventure-Welt im Innern einer riesigen Black Box zu befinden, in der nur die wahren Abenteurer die wahren Abenteuer bestehen und die Hyperfiktion von Welt, Selbst und Computer fortschreiben können - ohne den Computer zu erwähnen.» (so die letzten Worte auf S. 362)

Break out? Log-in? Jump?

Hic rodus! Hic salta! Das Abenteuer kann beginnen!

Am plastischsten wird Porombkas Ansatz im Kapitel über Computerspiele, deshalb gehen wir direkt dorthin, nachdem wir den Theoriefiktionen der Hypertextpioniere (die als Wunschmaschinen, fiktive Einstiege in den >Kopf des Anderen< (S.297) entlarvt werden) intertessiert studiert, die Reise durch die kulturellen Hauptschlagworte des Hypertext-Diskurses (Komplexität, Interaktivität, Hyperraum- den umfangreichsten Abschnitt der Arbeit (150 von 360 Seiten) mit zunehmender Geschwindigkeit (und bisweilen leichten Schwindelgefühlen) durchquert und sogar die Fahrt durch die Hölle, eine Umleitung durch die Untiefen ins ’Innere’ der Black-Box Computer (eine Re-Lektüre von dystopischen Science Fiction Erzählungen als negatives narratives Modell und «Ergänzung der Interpretation der Hypertext- und Hyperraumtheorien» (S. 274) ...) unbeschadet überstanden haben:

«Nachdem diese Landschaften in den Buchfiktionen zu sehen waren, können wir uns nun mit den Erzählungen beschäftigen, die das Buch verlassen, um Ernst zu machen. Deshalb reisen wir in den folgenden Kapiteln tatsächlich in den Computer hinein, um dort auf dieselben programmierten Landschaften zu treffen. [7] Nun aber ist man als Leser nicht mehr von dieser Landschaft getrent, sondern ist selbst der Held, der die Abenteuer im rechnenden Raum bestehen muß [...]> (S.297), warnt uns der skeptische Reiseleiter Porombka. Und diese Warnung ist - zumindest aus seiner Sicht - angebracht. Denn nur ungern verläßt der Autor das Buch. [8]

Aber: Wir spielen ja nur. Wir haben ein Alibi! [9] Und in diesem Genre funktioniert vieleicht auch am ehesten etwas, das der Autor auch vom Hypertext verlangt – eine Erwartung, die allerdings in den meisten Fällen enttäuscht wird: eine «Übertragungsbeziehung» (S. 300) zwischen User und dem Text im digitalen Medium: Ein kurzer narrativer Aufriss. Direktansprache des Lesers als handelnde Person. Du stehst irgendwo und siehst eine riesige Bleiwüste vor dir ausgebreitet. Kein Link führt aus diesem Text heraus. Der Cursor blinkt. Du bist ausgeliefert. Das Spielprogramm wartet auf deine Eingabe.

 


Ein weiterer Grund für die melancholisch-negativen Befunde ist methodischer Art: außer im Kapitel über Text-Adventures spürt man wenig Neigung seitens des Verfassers, sich – auch nur ansatzweise – einzulassen auf Kodierungen oder Verknüpfungs- und Linkstrategien des Hypertextes, auf Interfaces oder die Kunst des Programmierens … . Meine Umkehrthese –ganz im Sinne der linearen Porombkaschen Hausmannsdialektik wäre: Porombka tötet den Hypertext ab, seziert ihn, trocknet ihn aus, so daß er als bloße Verlängerung des Techno-Imperiums erscheint, als Kontrollmedium für Lese-Akte und Leser-Projektionen und verkauft dann diese diskursiven Aufgüsse noch als «Kritik» am Mythos Hypertext!

Denken statt klicken? [13]

So rezipiert er z.B. den Hypertextklassiker «Afternoon» [14] durch die Gegenüberstellung zweier Lesarten: Wingerts akribische Evaluation hypertextueller Leseweisen [15] vs. Douglas’ serielle Leseprozesse [16]. Porombka pickt sich jetzt gemäß seiner Programmatik die passenden Passagen heraus, paraphrasiert und verstärkt den Eindruck der Überforderung des Lesers, indem er den zitierten AutorInnen die Sätze «Ich kann nicht mehr» und «Ich will nicht mehr» in den Mund legt, um dann die durchwegs positiven Ergebnisse aus Douglas’ Lektüre durch einen bewußt oder unbewußt falsch gesetzten <Link> [17] zur mehrschichtigen narrativen Struktur von Ulysses oder Finnegans Wake als Übersteigerung und Anmaßung zu brandmarken und damit dann letztlich jegliche hypertextuelle Lektüre als «verdrängende Lektüre» zu disqualifizieren und eine Verdrängung der medialen Aspekte [18] vorzuwerfen (S.334), was wiederum zu Eskapaden gegen die Verkörperungsthese (s.o.) führt.

Ist hier der Leser in einer Endloschleife gefangen, der Rezensent oder der Autor?

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.

Aber: «Hypertexte zu lesen, heißt, das Netzwerk zu bestätigen, indem man sich selbst als Netzwerk versteht.» (S. 336)

Und: «Diese Erfahrung zu scheitern, wo sie die postmodernen Theorien ins wirkliche Leben übersetzen wollte […]» (S: 360)

Und was wird aus der «Kritik des digitalen Mythos»?

Stephan Porombka wollte mit seiner Arbeit programmatisch die technokratischen digitale Mythen entzaubern und deren Zwangscharakter entlarven:

«Denn Software und Hardware wird keineswegs von Menschen entworfen, die phantasielos Programmzeilen schreiben oder Drähte verlöten. Was sie herstellen ist im Gegenteil das Ergebnis einer lebensgeschichtlich und kulturell formierten Phantasiearbeit […]. Und deshalb darf man die Entwicklung des Computers nicht abgetrennt von den dämonisierenden Phantasien betrachten, die diese Entwicklung begleitet und vorangetrieben haben.» (S. 13)

Diese Entmythologisierung des Digitalen eröffnet neue und interessante Perspektiven auf die gängigen Topoi der Hypertext-Theorie (wie die Befreiung des Lesers oder die Utopien der Interaktion oder des ‘offenen Textes’ …) und ist streckenweise in den gedanklichen Figuren wirklich amüsant und unterhaltsam zu lesen. Im Verlauf der Untersuchung verstrickt sich allerdings der Autor zusehends in seine eigene Rhetorik und Polemik, gerät in Rekursionen und Rückkoppelungen und verliert in den Echos seiner Eskapaden teilweise den Kontakt und den Anschluß an die <digitalen Diskurse>, die er zu kritisieren sich anschickt.

Das ist schade, denn die Entwicklung kritischer – auch gerade auf der Basis kulturtheoretischer Ansätze entstehender – Diskurse ist gegenüber den globalisierten Interface-Kulturen sowie der universellen ‘kulturellen Software’ [19] dringend erforderlich.

«Hände weg vom Hypertext!» möchte man dann aber dem Autor zuweilen zurufen, wenn er sich – auch teils auf technische Fehlinterpretationen und falsche Bezugnahmen gestützt – immer wieder in Fundamentalopposition begibt, und somit fast im (selbstgebastelten) Mythos einer Kritik der Entlarvung ertrinkt, so als wünsche er sich geradezu eine Befreiung nicht nur vom «digitalen Mythos», sondern vom Digitalen selbst:

… « […] und die Hyperfiktion von Welt, Selbst und Computer fortschreiben können – ohne den Computer zu erwähnen.« (S. 362)

Und wie entkommt der Rezensent als Leser diesem Text? [20]


Fußnoten

[1] «Netzkritik ist ambivalent (descriptiv, immanent, unordentlich, symptomatisch, parodistisch), sie steht mit einem Bein im staubigen Gutenberg-Archiv der schmutzigen Materialitaet, mit dem anderen aber im koerperlosen Digitalia. Sie bringt das Unbehagen in der Information an die Oberflaeche und versucht das Unvereinbare produktiv zu machen, wie zum Beispiel die Schreib- und Uebertragungsgeschwindigkeit mit der der Reflexion. Es geht nach (dem fruehen) Virilio darum, wieder einen Moment der Enscheidung herbeizufuehren. Ziel dabei sind illegitime Anschluesse, hybride Konstruktionen, eine <Aesthetik der Verlangsamung> und eine ganz eigene Mischung aus lokalen und globalen Elementen.» Geert Lovink und Pit Schultz: Grundrisse einer N e t z k r i t i k, Version 1.1.2 (Hamburger Fassung), anti-copyright 1995: < http://www.thing.desk.nl/bilwet/TXT/NK1.txt>(13.03.02)

[2] Friedrich Kittler: Grammophon, Film, Typewriter, S. 4, zit. nach Porombka, S. 13

[3] So begrüßt Joseph Weizenbaums «Eliza», Mitte der 60er Jahre als Simulation eines psychoanalytischen Dialogs entwickelt, den Leser – als Patienten: durch simple <Gegenübertragungen> und Rückkoppelungen einzelner Schlüsselwörtern aus den Leserantworten werden subtile Fragesätze und Aufforderungen («Erzähle mir mehr von deiner Mutter!») an den Leser ausgesprochen.

[4] Somit dreht Porombka den Spieß einfach um: Der Hypertext befreie keineswegs von der Linerarität der Buchkultur, sondern «Nun erweist sich der Hypertext als durch und durch defizitäres Medium, das eine kulturell folgenreiche Entfremdung des kognitiven Apparats bin hin zum Wahn nach sich zieht, weil es den Nutzer in eine pseudo-komplexe Wahrnehmung der Welt einübt und damit den Drang zur mythischen Vereinfachung bedient. » (S. 136)

[5] Hypertext sei die <Erfüllung> und praktische Ausführung poststrukturalistischer Entgrenzungsstrategien, der Link verkörpere etwa den Intertext, die Vielstimmigkeit, das Rhizom. "Der Hypertext ist das Wörtlichnehmen der Metapher vom Lesen als Schreiben im Zeichen interaktiver Computermedien. Freilich mit den ganzen Folgen, die das Wörtlichnehmen von Metaphern so mit sich bringt: die ganze Sache kippt entweder ins Banale oder ins Bizarre." Uwe Wirth, Literaur im Internet. Oder: Wen kümmert's, wer liest?, in: Mythos Internet, Stefan Münker, Alexander Roesler (Hg.), Frankfurt/Main 1997, S. 319-337, hier S. 321; < http://www.netzliteratur.net/wirth/wirth99.htm> (13.03.02). Vgl. auch: Ulrike Bergermann: <Verkörpert> Hypertext Theorien vom Schreiben? <http://www.uni-paderborn.de/~bergerma/texte/zmm.html> (13.02.02) und Eckhard Schumacher: Hyper/Text/Theorie: Die Bestimmung der Lesbarkeit, in: Andiopoulos, Stefan; Schabacher, Gabriele; Schumacher, Eckhard (Hg.): Die Adresse des Mediums, S.121-135. ( Besprechung)

[6] Vgl. Bolter, Jay David/Grusin, Richard: Remediation. Understanding New Media. Cambridge (Mass.)/London 1999. ( Besprechung)


[7] Die Science Fiction Geschichten werden als Erzählungen aus dem Inneren des Computers verortet: «Wenn sich der Nutzer also am Computer durch die Lichtwege des elektronischen Netzwerks klickt, dann [...] soll er sich durch das Innere des Computers bewegen. Und das Innere des Computers soll dabei nichts anderes sein als der utopische Ort. [...] Eine Milchstraße in der Black Box. Und der Computernutzer mittendrin. Folgen wir einigen dieser Nutzer, die den Weg in die Black Box gesucht und den Ausgang aus ihr nicht mehr gefunden haben.» (S. 253)

[8] So bezieht er sich, was bei dem Thema schon ein diskursives Kunststück des besonderen Art ist, lediglich auf zwei Netzdokumente ( http://www.addventure.com (13.03.02) und Frequently Asked Questions: Basic Information about MUDs, das sich schon nicht mehr an dem angegebenen Ort befindet, aber vielfach im Netz zu finden ist, etwa unter:


http://www.lysator.liu.se/mud/faq/faq1.html (13.03.02). Der Autor beansprucht im Vorwort das Recht, die vorliegende Arbeit als ein «geschlossenes Werk vorzulegen» (S. 9). Ausdrücklich gibt er –quasi als aktuellere Paratexte zum Buch - auch weitere Aufsätze an, die im Jahr nach Abschluss der Arbeit erschienen sind. Der letzte dieser Aufsätze (Stephan Porombka: literatur@netzkultur.de, in: Neue Rundschau, Heft 2 (2000) («netculture»), S, 49-75;
online: http://www.digitab.de/hyperbox/Porombka/index.htm (14.03.02), eine fulminöse Abrechnung mit den frühen Utopien der Netzliteratur, zeigt dann schließlich doch sehr deutlich, welche Art von «Netzliteratur» der Verfasser bevorzugt: 10 Jahre nach dem Erscheinen eines der beiden hier angesprochenen und ausgiebig kritisierten Hypertexte «Afternoon» sollen ausgerechnet die ausschließlich an der Buchkultur und am Buchmarkt orientierten Projekte von Matthias Politycki («Weiberroman. Historisch-Kritische Gesamtausgabe», München 1997:


http://novel.zdf.de/, Reinald Goetz (»Abfall für alle. Roman eines Jahres», Frankfurt am Main 1999, seit Erscheinen des Buches nicht mehr online! [


Besprechung]) und Thomas Hettche und Jana Hensel («Null. Literatur im Netz», Köln 2000:< http://www.dumontverlag.de/null/> (13.03.02) [


Besprechung]) «unverhoffte Lösungen für [die] eigenartige Problemlage» des Hypertextes eröffnen: «So klang sie am Ende der 90er, die Internet-Literatur, die durchaus auch im Buch stattfinden konnte.« (ebd., S. 63)

[9] «Angstabwehr» würde Porombka dianostizieren.


[10] … und nicht als als w/reader oder Schreib/Leser, wie es sich in der amerikanischen bzw. dekonsruktivistisch orientierten Hypertext-Theorie eingebürgert hat.

[11] .. zwischen Büchern und elektronischen Texten, zwischen Mensch und Maschine, zwischen Hochkultur und Technokultur, zwischen Geisteswissenschaften und

Informatik, zwischen Hypertexten und Computerspielen und, zwischen Postmoderne und dem wirklichen Leben, zwischen Dekonstruktivismus und Populärkultur, zwischen dem Innern der Maschine und dem Innern des Menschen, zwischen Innen und Außen …usw. usf.


[12] Die oft schein-dialektische Umkehrungen bzw. Verdrehungen darstellen: Hypertexte seien Konfliktverkörperungen (S. 93; statt Problemlösungen), Browsen sei ein Prozeß der Verdrängung (S.332), Klicken ein ewiges Aufschieben, mechanisches inter-agieren statt durcharbeiten (S. 339)

[13] Auch Schumacher (vgl. Anm. 5) gelinkt diese gnadenlose Theoretisierung des Hypertextes. Wird aber jegliche hypertextuelle Praxis geleugnet, fällt es auch nicht schwer, dem Hypertext in einem Zirkelschluß wiederum die Prinzipien einer veralteten Textualität zuzuweisen - und ihn zu identifizieren mit einer finalen Denkbewegung, die das endgültige Ende aller dekonstruktivistischen, wenn nicht überhaupt aller Theoriedebatten einläutet: "An die Stelle des Interpretationsprozesses tritt ein Text, der offenbar nicht mehr gelesen und interpretiert werden muss. Das differenzielle Netzwerk muss nicht mehr [...] immer wieder neu in wiederholten Lektüren produziert werden, sondern liegt bereits vor und muß nur noch abgerufen [...] werden." (Schumacher (vgl. Anm. 3) S. 128/129)


[14] Michael Joyce: Afternoon, a story, Cabridge, Mass., 1987 [Elektronischer Hypertext]; vgl. < http://www.eastgate.com/Storyspace2.html> (13.03.02).

[15] mittels feinmaschiger Interpretationsmethoden (wie z.B. Karteikarten), die allerdings durch und durch der Buchkultur verpflichtet und keine Spur medienreflexiv sind. Vgl. Bernd Wingert: Kann man Hypertexte lesen, in: Dirk Matejovski; Friedrich Kittler (Hg.) Literatur im Informationszeitalter, Frankfurt am Main, 1996. S. 185-218 (diese Literaturangabe fehlt im Porombkas Literaturverzeichnis)


[16] Die eben gerade durch das Aneinanderreihen verschiedener Lesedurchgänge dem Problem der Abgeschlossenheit in interaktiver Narration auf die Spur kommen will. Vgl. J. Yellowlees Douglas: «How Do I Stop This Thing?» Closure and Indeterminacy in Interactive Narratives, in: George P. landow: Hyper/Text/Theory, Baltimore, Maryland, 1994, S. 159-188.

[17] S. 334, Anm.1 und 2: Die angegeben Stellen von Douglas beziehen sich in keiner Weise auf Afternoon, wie Porombka suggeriert, sondern auf den Hypertext «Writing on the Edge», der u.a. gerade durch sein visuelles Mapping Bezugnahmen auf James Joyce nahelegt. Porombkas Methode ist somit «hypertextueller» als er es selbst zugeben mag: das Zusammenschneiden verschiedener Theorie-Versatzstücke, die Entwendung von Aussagen, das Herausreißen aus dem Kontext.


[18] Da Porombka seine Aussagen zum Hypertext durch die Lektüre von Sekundarliteratur über Hypertexte gewinnt, stellt gerade das Fehlen medienspezifischer Methoden oder auch nur die Einbeziehung entsprechender Fragestellungen eine Schwachstelle seiner Arbeit dar. So entgeht ihm z.B. bei der Diskussion um Bolters «Writing Space» gerade die Differenzierung zwischen der Print- und der Hypertext-Version, die 1991 noch auf Diskette vertrieben wurde, Annotationen, Randbemerkungen und Kommentare zum Buch enthält, mit der Aufforderung an die Leser, diese Kommentierung selbst weiter zu treiben und selbst Kommentare an Bolter zu schicken, die dieser dann verspricht in Neuauflagen einzubauen. Die von Porombka entdeckte «Pointe», daß der Leser in Wirklichkeit «gar nichts einschreiben kann» und als großer Betrug stattdessen nach einem Neustart des Programms immer wieder nur die «der unversehrte Text von Bolter [erscheint]» (S. 342) findet seine Begründung im Datenträger und in der Software: er hat anscheinend lediglich eine »Reader-Version» des zugrunde liegenden Programms Storyspace benutzt, eine Art Browser – bei einem Aufruf des Bolter Hypertextes mit einer vollständigen Editor-Version, ist selbstverständlich auch ein Verändern des Textes möglich!

[19] «In Short, Every cultural object is partly a Palm Pilot.» Lev Manovich: Post-media Aesthetics: < http://www.manovich.net/texts_00.htm> (13.03.02).

[20] Durch einen Link: http://www.google.de/search?q=hypertext+porombka