0. Interaktion mit dem Buch-Interface
          "Mit der Fusion von Technologie und Kultur hat es etwas Merkwürdige 
          auf sich. [...] Als James Joyce 1922 seinen Roman Ulysses veröffentlichte, 
          der alle unseren Erwartungen darüber revolutionierte, wie ein Buch 
          aussehen solle, war er da sehr viel anders als Gutenberg? Man konnte 
          es damals zwar nicht erkennen, doch Joyce war ein hochbegabter Techniker, 
          der mit seiner Buch-Maschine herumexperimentierte und sie Dinge tun 
          ließ, die sie noch nie zuvor getan hatte. Seine Zeitgenossen hielten 
          ihn für einen Künstler (oder einen Pornographen, je nachdem 
          mit wem man sprach), doch aus heutiger Sicht hätte er ebensogut 
          ein Programmierer sein können, der den Programmcode für eine 
          Satz- und Druck-Anwendung schreibt. Joyce schrieb die Software für 
          eine Hardware, die einst Johannes Gutenberg ersonnen hatte. Wenn man 
          den Blickwinkel umkehrt, bleibt die Analogie genauso gültig: Gutenbergs 
          umwälzende Erfindung, welche die vorhandene Manuskript-Technologie 
          revolutionierte, die auf Gänsekiele und Schreiber angewiesen war, 
          bleibt ein ebenso profunder schöpferischer Akt wie Molly Blooms 
          Schlußmonolog in Ulysses. Beide Innovationen waren das Ergebnis 
          aufregend einfallsreicher Sprünge nach vorn, und beide veränderten 
          unsere Sicht auf die Welt. Gutenberg baute eine Maschine, die Joyce 
          mit einigen innovativen Programmen frisierte, und Joyce brüllte 
          die Variation eines Themas hinaus, das ursprünglich Gutenberg zu 
          Papier gebracht hatte. Beide waren Künstler. Beide waren Techniker."[1]
          1. Interaktion auf Papier
          Steven Johnson spannt einen weiten Bogen von der Erfindung der Drucktechnologie 
          im 16. Jahrhundert bis zu die Einheit der Buchseite aufsprengenden literarischen 
          Experimenten moderner Literatur, um das Wechselverhältnis zwischen 
          Technologie und Kultur hervortreten zu lassen, das heutzutage ganz entscheidend 
          die medialen Konfigurationen unserer Kultur ebenso bestimmt, wie es 
          die kulturellen Prägungen technologischer Artefakte begründet. 
          Als Schnittstellen der Techo-Kultur gelten also mithin Benutzeroberflächen 
          auf Bildschirmen ebenso wie die Gestaltung von Interfaces in Texten 
          und Theorien auf ganz konventionellen Buchseiten[2].
          Im folgenden sei in der Chronologie ihrer historischen Auftritte ein 
          kleiner Abriß solcher Experimente nicht-linearer Literatur gegeben, 
          um von dort aus die Praktiken aktueller - auch eigener - Netzliteratur 
          zu bestimmen: als gemeinschaftliche Interaktionen mit Texten in kulturellen 
          und sozialen Netzwerken.
          Schon frühe Beispiele diverser sprachlicher Interaktionen (wie 
          Collagetechniken, Kombinatoriken, reader-response) nehmen wichtige Momente 
          des Umkippens[3] linearer Sprachverwendung 
          vorweg, die als eine Art Archäologie später einsetzender medialer 
          Transformationsprozesse gelesen werden können. 
          Andererseits können solche kulturellen Kodierungen in und mit Texten 
          kulturkritisch zur historischen Verortung angeblich vollkommen neuer 
          Paradigmen - etwa in der Medien- und Netzkunst - beitragen und somit 
          helfen, technokratische Mythen zu entzaubern, etwa die vermeintliche 
          Geburt der Netzkunst in den 90er Jahren durch die Entwicklung des ersten 
          WWW-Browsers.
          1.1. Handgreifliche Interaktionen: Ausschneiden und Zusammensetzen
          "nimm eine zeitung. nimm eine schere. suche einen artikel aus von der 
          länge des gedichts, das du machen willst. schneide ihn aus. dann 
          schneide jedes seiner wörter aus und tue es in einen beutel. schüttele 
          ihn. dann nimm einen ausschnitt nach dem anderen heraus und schreibe 
          ihn ab. das gedicht wird sein wie du."[4]
          Eine solch radikale Gebrauchsanweisung, die an den Leser appelliert, 
          selbst spielerische Zufallskombinatoriken anzuwenden, um ein Gedicht 
          nach dadaistischer Manier zu erzeugen, fordert vom Leser das Unmögliche: 
          aus der passiven, bisweilen lustvollen und auch produktiven Lese-Aktivität 
          auf die Seite des Produzenten zu wechseln. Experimentelle Literatur 
          und Kunst war und ist voll solcher verlockenden Versprechen auf eine 
          Mitautorschaft der Leser. Und doch bleiben solche Manifeste und Konzepte 
          mit Anstiftungen zur Destruktion des Literatur- und Kunstbetriebs letztlich 
          eine rhetorischen Geste, weil die gesellschaftlichen und kulturellen 
          Produktions- und Rezeptionsformen derartige Überschreitungen verhindern. 
          Das Ausschneiden von Wörtern aus einem allgemein verfügbaren 
          Zeichenvorrat ist eben nur eine Verlängerung des lange bekannten 
          ,Crossreadings`, das durch das Zeitungslayout mit seiner simultanen 
          Präsentation verschiedenster unzusammenhängender Materialien 
          geradezu herausgefordert wird, wie Lichtenberg es schon beschrieb: "Man 
          muss sich vorstellen, das Lesen geschehe in einem öffentlichen 
          Blatte, worin sowohl politische, als gelehrte Neuigkeiten, Avertissements 
          von allerlei Art u. s. w. anzutreffen sind: der Druck jeder Seite sei 
          in zwei oder mehrere Columnen geteilt und man lese die Seiten quer durch, 
          aus einer Columne in die andere."[5]
          Kombinatorische Übungen, Umleitungen linearer Lesestrategien, sind 
          also schon industriell vorproduziert: eine Zeitungsseite ist selbst 
          schon collagiert - die vermeintlich dekonstruierende dadaistische Geste 
          erscheint als eine Überhöhung der Neukonditionierungen der 
          Leser durch massenmediale Formate. So zeigt gerade die Aufforderung 
          an den Leser zur Abschrift der Zufallskomposition genau auf, was dem 
          Leser fehlt: womit soll er schreiben, worauf soll er schreiben und wer 
          wird das je lesen? 
          Gleichsam als ironische Vertröstung und Aufforderung zur Solidarität 
          des Lesers mit den unverstandenen dadaistischen Autoren erscheint dann 
          auch der Schlußsatz dieser Gebrauchsanweisung: "[...] Ziehen Sie 
          darauf die Zettel einen nach dem anderen heraus und ordnen sie nach 
          der Reihenfolge. Kopieren Sie gewissenhaft. Das Gedicht wird ihnen gleichen. 
          Und Sie stehen als ein Schriftsteller von unübertrefflicher Originalität 
          und bezaubernder Sensibilität da, wenn auch vom großen Publikum 
          unverstanden."[6]
          Unverstanden oder nicht: 1920 jedenfalls las Tristan Tzara einen Zeitungsartikel 
          als Gedicht vor und die dritte Nummer der Zeitschrift Dada brachte einen 
          Höhepunkt dieser produktiven Schnipselei:[7] "Typen jeder Art und Größe sind hier durcheinander 
          gewürfelt, Worte in alle Richtungen über die Seite verteilt, 
          bunte Papiere zwischen die weißen geschoben. Der Leser muss Blatt 
          um Blatt im Kreise drehen, um den Sinn oder Unsinn zu entziffern."[8]
          
          1.2. Interaktionen des Lesens: affektive Sinnkonstitution
          Der Akt des Lesens wird durch die dadaistische Typographie zu einer 
          ganz handgreiflichen Tätigkeit und läutet einen ganz entscheidenden 
          Paradigmenwechsel in der Literaturproduktion, -theorie und -rezeption 
          ein: Die Momente der Sinn- und Bedeutungsproduktion von und in Texten 
          setzen sich fort in den Interaktionsprozessen, die im Kopf der Leser 
          mittels der aufgenommenen Textstrukturen angeregt, rekonstruiert, wiederholt, 
          zum Leben erweckt und neu zusammengesetzt werden.
          Der Akt des Lesens bekommt (wieder) Ereignischarakter. Er ist ein Prozeß 
          des sinnlichen An- und Kurzschließens zwischen Text- und Leserkörper. 
          In den ausschweifenden Bewegungen einer solchen ,Lust am Text` liegen 
          Befreiungspotentiale für eine Wiederauferstehung aller toten Dichter:
          "Heute wissen wir, dass ein Text nicht aus einer Reihe von Wörtern 
          besteht, die einen einzigen, irgendwie theologischen Sinn enthüllt 
          (welcher die ,Botschaft` des Autor-Gottes wäre), sondern aus einem 
          vieldimensionalen Raum, in dem sich verschiedenen Schreibweisen [écritures], 
          von denen keine einzige originell ist, vereinigen und bekämpfen. 
          Der Text ist ein Gewebe von Zitaten aus unterschiedlichen Stätten 
          der Kultur. [...] Ein Text ist aus vielfältigen Schriften zusammengesetzt, 
          die verschiedenen Kulturen entstammen und miteinander in Dialog treten, 
          sich parodieren, einander in Frage stellen. Es gibt aber einen Ort, 
          an dem diese Vielfalt zusammentrifft und dieser Ort ist nicht der Autor 
          [...], sondern der Leser. Der Leser ist der Raum, in dem sich alle Zitate, 
          aus denen sich die Schrift zusammensetzt, einschreiben, ohne dass ein 
          einziges verloren ginge. Die Einheit eines Textes liegt nicht in seinem 
          Ursprung, sondern in seinem Zielpunkt. [...] Die traditionelle Kritik 
          hat sich niemals um den Leser gekümmert; sie kennt in der Literatur 
          keinen anderen Menschen als denjenigen, der schreibt. [...] Wir wissen, 
          dass der Mythos umgekehrt werden muss, um der Schrift eine Zukunft zugeben. 
          Die Geburt des Lesers ist zu bezahlen mit dem Tod des Autors."[9]
          
          1.3. Interaktion mit Bleistift, Kugelschreiber und Filzstift: herzzero
          Um dem (von avantgardistischen Textverarbeitungen) unleserlich gemachten 
          Text zu Leibe zu rücken und die toten Druck-Buchstaben[10] wieder zum Leben zu erwecken und zu verflüssigen, wird 
          der lineare Textverlauf, der ,Fluß des Erzählens` in eine 
          offene Möglichkeitsstruktur umgeleitet: Dieser sprachliche Materialfluß 
          (deliniarisiert durch Parallelmontage, Assoziationssprünge, Verweismomente) 
          durchquert und zerstört letztlich die feststehende Einheit der 
          gedruckten Buchseite und kreiert ein neues Drama des Lesens, indem der 
          Leser zu direkten Eingriffen aufgefordert wird.
          Schon oft wurde der (fiktive) Leser angesprochen, er solle es sich bequem 
          machen, sich hinlegen, die Welt vergessen, den Autor begleiten, solle 
          das Buch mit einer Pistole in der Hand lesen oder gar mit einer Hand 
          in der Hose - aber jetzt muss er sich mit Schreib-Utensilien ausrüsten, 
          wie Franz Mon nahelegt: "der text erscheint in zwei fassungen, die durch 
          die drucktype unterschieden sind. es ist also jeweils die linke beziehungsweise 
          die rechte spalte im zusammenhang zu lesen. niemand ist es jedoch verwehrt, 
          von der linken in die rechte oder von der rechten in die linke hinüberzulesen. 
          es wird empfohlen, mit bleistift, kugelschreiber und filzstift zu lesen. 
          mit dem bleistift streicht man die stellen an, die zusammengehören, 
          auch wenn sie weit auseinander oder in verschiedenen spalten stehen. 
          mit dem kugelschreiber korrigiert man, was korrekturbedürftig erscheint, 
          ergänzt, was einem zur ergänzung einfällt, nicht nur 
          die anführungszeichen an stellen, wo man jemanden sprechen hört, 
          sondern auch wörter, satzteile, redensarten, sprichwörter, 
          zitate (auch selbstgemachte, vom himmel gefallene, denkbare, sagbare).
          der filzstift macht unleserlich, was überflüssig erscheint. 
          bedenken sie dabei, dass seine schwarzen würmer zum text gehören 
          werden."[11] 
          Solche Wiederaneignungen des Textkörpers durch Schreib- und Korrekturübungen 
          für Leser direkt am Drucktext rufen geradezu die kunstvoll abgestuften 
          Differenzierungen verschiedenster Schreib-Operationen im Kontext mittelalterlicher 
          Manuskriptkkultur ins Gedächtnis, die ein breites Spektrum diskursiver 
          Rollenverteilungen aufführen, von denen wir heute nur noch träumen 
          können: "Es gibt vier Arten, ein Buch zu machen. Man kann Fremdes 
          schreiben, ohne etwas hinzuzufügen oder zu verändern, dann 
          ist man ein Schreiber (scriptor). Man kann Fremdes schreiben und etwas 
          hinzufügen, das nicht von einem selbst kommt, dann ist man ein 
          Kompilator (compilator). Man kann auch schreiben, was von anderen und 
          von einem selbst kommt, aber doch hauptsächlich das eines anderen, 
          dem man das Eigene zur Erklärung beifügt, und dann ist man 
          ein Kommentator (commentator), aber nicht ein Autor. Man kann auch Eigenes 
          und Fremdes schreiben, aber das Eigene als Hauptsache und das Fremde 
          zur Bekräftigung beifügen, und dann muss man als Autor (auctor) 
          bezeichnet werden."[12]
          
          2. Interaktion mit Lesemaschinen, Zettelkästen, Schreibtischen
          Heute stellt sich nun die Frage, ob alle diese Entwürfe, Reflexionen 
          und Utopien, obgleich noch im Horizont der ,alten` Medien entwickelt, 
          nicht durch die Realität ,denkender`, virtueller Maschinen erst 
          Realität werden. Die Geschichte eigentlicher Literatur-Apparate 
          setzt aber schon einige Jahrzehnte vor der Verbreitung digitaler Maschinen 
          ein.
          
          2.1. Interaktion mit Klammern: Roussel-Lesemaschine (1937)
          Die Schreibweise Raymond Roussels arbeitet - neben der ausführliche 
          Ausbreitung einer Unzahl phantastischer Maschinenentwürfe - mit 
          zahlreichen Sprachspielen und literarischen Verfahren, so auch mit extremer 
          Verschachtelung: durch endlose Aufzählreihungen, Abschweifungen, 
          Fußnoten und Parenthesen wird ein 9-facher Verschachtelungsgrad 
          (mittels Klammereinfügungen im Text) erreicht, der ein lineares 
          Lesen geradezu unmöglich macht. Rezeptionserleichternde Maßnahmen 
          - etwa mehrfarbiger Druck - können aus Kostengründen seitens 
          des Verlegers nicht vorgenommen werden. Abhilfe kann erst eine ,Roussel-Lesemaschine` 
          (Abb. 1) schaffen, die 1937 auf einer Surrealisten-Ausstellung gezeigt 
          wird: der Text ist nach der Art eines Rundregisters auf Pappkarton montiert 
          und die einzelnen Karten sind am oberen Rand je nach Verschachtelungsebene 
          mit verschiedenfarbigen Markern versehen. Zum Lesen drehe man mit der 
          rechten Hand an der Kurbel, so dass die Text-Karten sequentiell weitergeblättert 
          werden, während man mit dem linken Zeigefinger mittels der farbigen 
          Reiter jeweils eine bestimmte Ebene arretiert, so dass nur die entsprechenden 
          Textkarten aufgeblättert werden.
          2.2. Interaktion mit dem Archiv: Luhmanns Zettelkästen
          In der Diskussion um neue Formen literarischer Interaktion wird oft 
          nach der Arbeitsweise von Schriftstellern wie Proust, Joyce, Arno Schmidt 
          etc. gefragt, die komplexe Textstrukturierungen vorgenommen haben. Dabei 
          muss die Arbeitsweise einiger Theoretiker, die in ihrem Bereich an durchaus 
          vergleichbar komplexen Ideenverbindungen arbeiten, als ebenso aufschlussreich 
          wie der Blick auf künstlerische Schreibweisen für das Interesse 
          an dieser Thematik angesehen werden. Zum Glück hat Niklas Luhmann 
          einen kleinen Einblick in den Produktionsprozess der Systemtheorie und 
          die Geheimnisse seines ungeheuren Outputs (30 Bücher , 150 Aufsätze 
          in 15 Jahren) gegeben: Er nennt seine Methode ,Kommunikation mit Zettelkästen`, 
          die ein komplexes System von Kombinatorik und Referenzierungen in Gang 
          setzen. Nicht nur experimentelle Schriftsteller arbeiten wie eine kombinatorische 
          Maschine: "Im Augenblick sitze ich an einem Vortrag über ökologische 
          Probleme in modernen Gesellschaften, und meine Arbeit besteht darin, 
          Zettel [...] zu sichten und so zu kombinieren, dass ich etwas Substantielles 
          zu diesem Thema sagen kann. Die neuen Ideen ergeben sich dann aus den 
          verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der Zettel zu den einzelnen 
          Begriffen. Ohne die Zettel, also allein durch Nachdenken, würde 
          ich auf solche Ideen nicht kommen. Natürlich ist mein Kopf erforderlich, 
          um die Einfälle zu notieren, aber er kann nicht allein dafür 
          verantwortlich gemacht werden. Insofern arbeite ich wie ein Computer 
          [...]"[13]
          Die Organisation seiner Zettelkästen stellt ein komplettes (mechanisches) 
          Hypertext-System dar, in dem einzelne Karten Ideen, Zitate, Fragmente 
          enthalten, die durch Querverweise untereinander vernetzt sind. Zusammenhänge 
          zwischen Schreiben und Denken, Speichern und Generieren von Information 
          werden an dieser Organisationsweise der ,Diskurs-Werkzeuge` wunderbar 
          veranschaulicht. Die Systemtheorie als Luhmanns Zettel-Traum? Die dynamischen 
          Möglichkeiten der Verknüpfung, Verschachtelung und Verzweigung 
          (und Überraschung!) ergeben sich gerade aus einer unsystematischen 
          Organisationsweise des Zettelkastens, die auf einer schlichten Codierung 
          frei nach Wittgenstein mit fester Stellordnung der einzelnen Zettel 
          beruht.[14]
          An den Zettelkasten sind - genauso wie an Hypertext-Systeme - herkömmliche 
          Diskurstechniken wie Register, bibliographischer Apparat etc. anschließbar, 
          so dass ein Speicher-, Schreib- und Kommunikationssystem mit internem 
          und externem Referenzen entsteht, das strukturell eher wie ein neuronales 
          Netzwerk oder das Internet funktioniert und mit mehr - von seinem Autor 
          unabhängigem - ,Eigenleben` ausgestattet ist wie ein Buch. Aber 
          wie kommen die Einträge auf die Zettel? Eine mögliche produktive 
          (recherchierende) Lesestrategie frei nach Luhmann reißt die Bücher 
          im Hinblick auf mögliche Verzettelungen auseinander: "Ich habe 
          immer einen Zettel zur Hand, auf dem ich mir die Ideen bestimmter Seiten 
          notiere. [...] Wenn ich das Buch durchgelesen habe, dann gehe ich diese 
          Notizen durch und überlege, was für welche bereits geschriebene 
          Zettel wie auswertbar ist. Ich lese also immer mit einem Blick auf die 
          Verzettelungsfähigkeit von Büchern."[15] 
          
          
          2.3. Interaktion mit dem Schreibtisch: MEMEX (MEMory EXtender, 
          1945)
          Mit den Möglichkeiten digitaler Technik standen nicht nur die Formen 
          der eigentlichen Lektüre, sondern der Ort derselben, sozusagen 
          die literarische Topographie zur Disposition. Während die konkreten 
          Weiterentwicklungen von Tisch-Benutzer-Interfaces experimenteller Interface-Designern, 
          frühen Hypertext-Utopisten, kreativen Softwareentwicklern und Ingenieuren 
          in den 70er Jahren bei XEROX-Parc und am MIT eine Reduktion von räumlichen 
          und handlungsorientierten Benutzermetaphern auf eine unmittelbare platte 
          Arbeitsoberfläche darstellen, projiziert der konzeptuelle Prototyp 
          aller vernetzen Arbeitsumgebungen und hypertextuellen Environments MEMEX 
          (Abb. 3) eine Gedächtnis-Erweiterung (MEMory EXtender) - klassisch 
          im Sinne einer ,Umsetzung` geläufiger Medientheorien - ganz konkret 
          auf den Arbeitstisch[16] eines Wissenschaftlers.
          Dass die hier konzipierten medialen Schnittstellen (Trockenfotographie, 
          Mikrofilm) sich noch nicht in Richtung der seit den 30er Jahren entwickelten 
          Analogrechner orientieren, tut der Radikalität des Entwurfs keinen 
          Abbruch. MEMEX gehört auch heute noch nicht auf die "Dead Media 
          List"[17], sondern fungiert immer noch als utopisches 
          Modell für die Entwicklung adaptiver Benutzerschnittstellen und 
          kooperativen Arbeitsumgebungen im Netz.
          Ich drücke den Auslöser und mache ein Bildschirmfoto diese 
          Szene. Enter.
          Vannevar Bush beschreibt das Design der Tisch- und Gedächtniserweiterung 
          wie folgt: "Der Memex besteht aus einem Schreibtisch und obwohl er auch 
          aus einer gewissen Entfernung bedient werden kann, arbeitet der Benutzer 
          vor allem direkt an diesem Möbelstück. Oben befinden sich 
          schräge durchscheinende Schirme, auf die das Material bequem lesbar 
          projiziert werden kann. Es gibt eine Tastatur und eine Reihe von Knöpfen 
          und Hebeln. Ansonsten sieht es wie ein gewöhnlicher Schreibtisch 
          aus. [...] Der größte Teil des Memex-Inhalts kann bereits 
          fertig auf Mikrofilm erworben werden. Bücher jeder Art, Bilder, 
          aktuelle Periodica, Zeitungen [...]. Und es gibt die Möglichkeit 
          zur direkten Eingabe. Auf der Oberfläche des Memex befindet sich 
          eine transparente Fläche: (Abb. 3b) Hier können handschriftliche 
          Notizen, Photographien, Memoranden, alles Mögliche aufgelegt werden. 
          Wenn dies geschehen ist, wird durch Hebeldruck eine Photographie angefertigt, 
          die auf dem nächsten leeren Segment des Memex-Films erscheint [..]. 
          Jedes Buch einer Bibliothek kann so erheblich leichter aufgerufen und 
          betrachtet werden, als wenn man es aus dem Regal nehmen müsste. 
          Da dem Benutzer mehrere Projektionsflächen zur Verfügung stehen, 
          kann er einen Gegenstand in Position lassen und weitere aufrufen. Er 
          kann Notizen und Kommentare hinzufügen ganz so, als hätte 
          er die Buchseite tatsächlich vor sich."[18]
          Ich betätige einen Hebel (Abb. 4) unter meinem Schreib-Tisch und 
          schalte direkt zum zentralen Moment des MEMEX, dem viel zitierten 
          Assoziationsmechanismus - eine Operation, die in allen bisherigen 
          externalisierten Speicher- und Archivierungstechniken fehlte: "Das wahre 
          Problem bei der Auswahl (Datenselektion) liegt allerdings tiefer und 
          ist nicht nur durch die mangelnde Anwendung von Hilfsmitteln in den 
          Bibliotheken oder die schleppende Entwicklung solcher Werkzeuge bedingt. 
          Es ist vor allem die Künstlichkeit der Indizierungssysteme, die 
          es erschwert, Zugang zu den Aufzeichnungen zu bekommen. Egal, welche 
          Daten man in ein Archiv aufnimmt, sie werden alphabetisch oder numerisch 
          abgelegt, und die Information wird (wenn überhaupt) wiedergefunden, 
          indem man Unterabteilung für Unterabteilung durchgeht. [...] Der 
          menschliche Geist arbeitet anders, nämlich mittels Assoziation. 
          Kaum hat er sich eine Information beschafft, greift er schon auf die 
          nächste zu, die durch Gedankenassoziation nahegelegt wird, entsprechend 
          einem komplizierten Gewebe von Pfaden, das über die Hirnzellen 
          verläuft."[19]
          Und genau die Mechanisierung dieser Assoziationsfähigkeit[20] ist das Kernstück im MEMEX-Entwurf, das die 
          weitstreuenden Wirkungen dieses Textes bis in die heutige Zeit ausmacht. 
          Und hier realisiert sich im Modell eine Verschränkung und Koppelung[21] kultureller Informationssegmente mit einem 
          frei programmierbaren Indexsystem, das zudem auch noch verschiedene 
          Medien anschlussfähig macht; und das finden wir auf keiner Buchseite.
          
          3. Interaktionen des Diskurses
          3.1. Interaktion mit Wissensstrukturen: Enzyklopädie
          Als Denis Diderot und Jean Le Rond d`Alembert am Vorabend der französischen 
          Revolution mit dem Projekt Enzyklopädie ein universelles 
          Wörterbuch der schönen und mechanischen Künste zusammentragen, 
          ist dieses Unternehmen nur als ein kooperatives Recherche- und Schreibprojekt 
          unterschiedlichster Experten zu bewerkstelligen. Die Vernetzung der 
          einzelnen - alphabetisch geordneten Wissensbausteine - geschieht über 
          die Darstellung (Abb. 5) eines Wissensbaumes[22]. Auf dieser ,Weltkarte des Wissens` können die verschiedenen 
          Wissensgebiete in einer Zusammenschau überblickt werden, so dass 
          Zusammenhänge, Verzweigungen, Hierarchien der einzelnen Wissenspartikel 
          deutlich werden. Im Gegensatz zum linearen Lesen arbeitet man sich durch 
          die Enzyklopädie mittels sachbezogener, struktureller und 
          sprachlicher Verweise.[23] Der Leser 
          wird somit zum aktiven Bestandteil der Wissensorganisation. Er kann 
          selbst - unterstützt durch Karte und alphabetische Register - eigene 
          Wissenspfade[24] abschreiten und die ausgebreiteten Wissenspartikel 
          als mechanisch-künstlerisches und operationelles Produktionswissen 
          selbst zur Anwendung bringen. 
          3.2. Interaktion mit Textspalten: Typo-Graphie des Denkens
          Neben solchen lexikalischen - alphabetisch organisierten - neuen Diskursformen, 
          hat Jacques Derrida 1974 mit Glas ein Diskursexperiment vorgelegt, 
          das mittels typographisch-struktureller Textoperationen eine neuartige 
          Vernetzung von Texten inszeniert und somit praktische Konsequenzen aus 
          seiner radikalen Diskurskritik[25] 
          zieht, indem das klassische Modell des Buches dekonstruiert wird: Der 
          Diskurs (zwischen Hegel und Genet) entfaltet sich in einem zweispaltigen 
          Text-Umbruch (Abb.7), der ständig durch weitere Einfügungen, 
          Umleitungen, Einschübe etc. unterbrochen wird. Gleichzeitig werden 
          verschiedene Genres durchquert und durchlässig gemacht: Hermeneutik, 
          philosophische Textinterpretation, experimentelle literarische Verfahren 
          (wie Cut-Up, Collage). 
          Derrida versucht sich hier darin, neue philosophische Schreibweisen 
          zu erkunden: aufbauend auf der automatischen Schreibweise der Surrealisten 
          spielt er mit sprachlichen Bedeutungen, lässt sich von Klangassoziationen 
          leiten und folgt allen möglichen Abschweifungen - in einer Art 
          ,automatischer Interpretation`: Eine der zwei Kolumnen für Derrida 
          "sichert, bewahrt, assimiliert, verinnerlicht, idealisiert den Fall 
          und hebt ihn im Monument auf [...]. Die andere lässt den Rest fallen, 
          das Risiko der Rückkehr zum Gleichen eingehend."[26]
          Derrida will mittels dieser zweispaltigen Typographie die beiden verschiedenen 
          Diskurse sich wechselseitig dekonstruieren lassen: jegliche hierarchischen 
          Dispositionen und Text-Auslegungen sollen vermieden werden. Den Lesern 
          gibt er durch seine teils kryptische Schreibweise durchaus aber wieder 
          neue Rätsel auf, die wiederum nach erneuten hermeneutischen Expositionen 
          und Ansprengungen zu verlagen scheinen. Bürger konstatiert in diesem 
          Zusammenhang kritisch das Scheitern einer solchen Methode, wie er überhaupt 
          den dekonstruktivistischen Diskursexperimenten sehr skeptisch gegenübersteht. 
          Vielleicht nimmt er sie jedoch einfach zu ernst: "Wenn der Autor ein 
          (sein) Spiel mit uns treibt, bleibt uns nichts anderes übrig, als 
          unsererseits mit seinen Texten zu spielen. Die Frage, was das Spiel 
          mit den zwei Texten bezwecken soll, beantwortet der Autor dahingehend, 
          ,man wolle den Text uneinnehmbar machen` [...]. Dem Leser soll die Herrschaft 
          über den Text entrissen werden. Er kann nicht umhin, auf die andere 
          Hälfte der Seite zu blicken, und plötzlich vermischen sich 
          beide Texte, verwischt sich die Grenze, die sich zunächst so scharf 
          abzuzeichnen schien, nicht nur durch den weißen Zwischenraum zwischen 
          den Kolumnen, sondern auch durch die andere Thematik und die andere 
          Verfahrensweise."[27]
          Bürgers Kritik orientiert sich allerdings an einer Vorstellung 
          von Text und Texthermeneutik, die Derridas Begriff und Methodik der 
          Dekonstruktion gerade zu überwinden trachtet.[28] 
          Solche philosophischen Crossreadings sind ein Versuch, im ansonsten 
          sehr strengen Genre philosophischer Texturen eine neue Art und Weise 
          des Interpretationsspiels in Gang zu setzen.[29] 
          So finden sich auch im Netz vielerlei Materialien und Diskussionsforen 
          eben zu diesem ansonsten in der Derrida-Rezeption gerade im deutschsprachigen 
          Raum sehr vernachlässigten ,philosophischen proto-Hypertext`.[30]
          
          4. Zwischenspiel: Umherschweifende Produzenten oder Glanz und Elend 
          immaterieller Arbeit im Netz
          Die neuen Arbeits- und Kooperationsformen, die jetzt im Netzwerk möglich 
          sind, werden in der Medientheorie, selbst in der ,Unterabteilung Netzkritik` 
          durchweg positiv bewertet, soziale und kulturelle Utopien scheinen sich 
          in den vernetzten Hypermedien zu realisieren: so scheint die Trennung 
          von Arbeit und Freizeit aufgehoben, die Produktionsmitteln scheinen 
          allgemein verfügbar zu sein ...
          Um aber auch die Widersprüche und Haken der Globalisierung und 
          Vernetzung im Kontext gesamtgesellschaftlicher Arbeitsteilungen zu reflektieren, 
          erscheint es mir angebracht, einen kurzen Ausflug in die Gefilde der 
          ökonomischen Grundlagen dieser ,virtuellen Arbeit` zu unternehmen, 
          bevor einige im künstlerisch-wissenschaftlichen Feld genauer betrachtet 
          werden - sozusagen als retardierendes Moment, als Innehalten auf einem 
          womöglich allzu linearem Weg von der Theorie zur Praxis, von der 
          Literatur zum Netz, den dieser Text einzuschlagen gedenkt.
          Welchem Zeittakt unterliegen die Operationen und Kooperationen im Netz? 
          Welchen Status haben die User, die Nutzer, die virtuellen Text- und 
          Theoriearbeiter im Netz?
          
          4.1. Interaktion mit der Zeit: Takte der Kooperation
          Frank Hartmann beschreibt das grundlegende Verhältnis von ästhetischer 
          und allgemeiner gesellschaftlicher Zeitorganisation als ein musikalisches 
          "Taktgefühl" und macht - wie schon Umberto Eco in den entscheidenden 
          Charakteristika des "offenen Kunstwerkes"[31] - Anleihen bei musikalischen Improvisationstechniken: "Jeder 
          ist [...] eine innere Kooperative, ein selbstgenügsames Kollektiv. 
          Er hat die für seine Leistung nötigen Ordnungen anschaulich 
          in sich und übt sie schnell und sicher aus, ein Verfügen, 
          das kein analytisches Nachvollziehen und Durchspielen, sondern der direkte 
          Zugriff aus der Souveränität des Rück- und Überblicks 
          ist. [...] Dieses formale Potential wird zunehmen und liegt gesellschaftlich 
          bereit, um an anderem Ort genutzt zu werden. Es ist absehbar, dass sich 
          die künstlerische Arbeit seiner bedient. Der Kooperationserfahrenheit 
          des Arbeitsvermögens entspricht in der ästhetischen Produktivität 
          zwar nichts gleichlautendes, aber in dem Maße, in dem künstlerische 
          Praxis Aktion wird, sie ihren Zielpunkt in der öffentlichen Handlung 
          hat und nicht in einem Außerhalb der Produktion, des Zeitpunktes, 
          der Autors und des Ortes liegendem Produkt, bildet sich eine Art Taktstraße 
          heraus, die Aktionszeit. Diese Trasse organisiert gleichsam selber, 
          wie beim musikalischen Improvisieren, die Zeiten, in die die Beiträge 
          unterschiedlicher kooperierender Autoren hineingehen können. Es 
          ist, sobald die Zeitspannung hergestellt ist, immer schon etwas da.
          Nun ist dieser Taktgeber in den bildenden Künsten kein reines Zeitmaß, 
          sonder immer auch optisches Medium."[32]
          
          4.2. Interaktion zwischen Ökonomie und Information
          In der Gesellschaftstheorie wird der neue Status von Produktion als 
          eine Ablösung vom industriellen Produktionssystem beschrieben, 
          die Ökonomie der psychischen Produktion werde abgelöst durch 
          eine ,immaterielle` Ökonomie der Information (in den quartären 
          Sektoren der Kommunikationsdienstleistungen).
          Die folgenden Merkmale markieren am deutlichsten den Bruch mit der industriellen 
          Produktionsweise:
          - die Quellen des Reichtums sind forthin konzeptuelle Tätigkeiten
          - Wertzuwachs wird hauptsächlich durch Transaktionen aller Art 
          in Kommunikation und Distribution erzeugt
          - Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang und Transfer von Informationen 
          erscheinen als die grundlegende Fähigkeit, geradezu als Grundbedingung, 
          um arbeiten zu können
          - grundlegende Produktivkraft wird der Wissenschaftssektor, genauer 
          eben die Integration wissenschaftlicher Arbeit in die industriellen 
          Produktionsprozesse
          - vorherrschendes soziales Paradigma ist nicht mehr der einzelne, möglicherweise 
          sogar in Serie geschaltete, Arbeiter der Massenproduktion, sondern das 
          Team aus eigenverantwortlichen ProduzentInnen verschiedenster Qualifikationen 
          
          - virtuelle Managementstrategien laufen auf Animation zu eigenverantwortlicher 
          Kooperation der ,subjektiven Produzenten` hinaus, anstatt auf Kontrolle 
          linearer Arbeitsabläufe und reinem Zeitmanagement
          - die individuellen und die kollektiven Interessen der Arbeitenden scheinen 
          mit denen der Firma identisch zu sei, bzw. zu werden: jeder wird virtuell 
          zu seinem eigenen ,Scheinselbständigen` 
          - Leben und Arbeit werden ununterscheidbar, freie Zeit lässt sich 
          nicht mehr von der Arbeitszeit unterscheiden: wir sind ständig 
          online, ständig erreichbar, immer adressierbar.
          - soziale Kooperation und gesellschaftliche Interventionsprozesse werden 
          zur Grundlage ,virtueller Arbeit`:
          "Diese immaterielle Arbeit konstituiert sich unmittelbar kollektiv, 
          ja man könnte sogar davon sprechen, dass sie nicht anders als in 
          Form von Netzwerken und Strömen existiert. [...] Der Produktionszyklus 
          selbst ist dabei abhängig von der kapitalistischen Initiative; 
          sobald der ,Job` erledigt ist, löst sich der Zusammenhang auf in 
          jene Netzwerke und Ströme [...]."[33] 
          
          
          4.3. Interaktion zwischen Arbeit und Konsum: Soziales Interface
          In den emphatischen Entwürfen virtueller Zukunfts-Szenarien[34] werden die neuen sozialen Interfaces kollaborativer 
          Netzwerkarbeit zumeist wenig beachtet: an diesen Schnittstellen werden 
          nicht nur die ,handwerklichen` professionellen Fähigkeiten im Umgang 
          mit den vernetzten multimedialen Produktionsmitteln prozessiert, sondern 
          das gesellschaftliche Verhältnis von Produktion und Konsumption 
          erfährt einen fundamentalen Wandel, so die Auffassung Maurizio 
          Lazzazatos: "Den Prozess der produktiven Kooperation in Gang zu setzen 
          ebenso wie den gesellschaftlichen Zusammenhang zu den Konsumentinnen 
          und Konsumenten herzustellen, bedarf es der materiellen Verbindung im 
          und durch den Kommunikationsprozess. Immaterieller Arbeit selbst fällt 
          die Aufgabe zu, Formen und Modalitäten der Kommunikation ständig 
          zu innovieren, also auch Arbeit und Konsum zu verändern. [...] 
          Eine Besonderheit der von der immateriellen Arbeit hervorgebrachten 
          Ware, das heißt ihr Gebrauchswert, der im wesentlichen auf dem 
          ,Wert` ihres informativ-kulturellen Inhalts beruht, besteht darin, dass 
          er nicht im Akt der Konsumption zerstört wird, sondern dass er 
          das ideologische und kulturelle Milieu der Konsumierenden erweitert 
          und verändert, ja sogar erst erschafft. [...] Immaterielle Arbeit 
          produziert in erster Linie ein gesellschaftliches Verhältnis - 
          ein Verhältnis, das Innovation, Produktion und Konsum einschließt-, 
          und der (ökonomische) Wert, der dieser Tätigkeit zukommt, 
          hängt einzig und allein davon ab, ob es ihr gelingt, diese Relation 
          zu erzeugen. [...] Die Arbeit produziert nicht nur Waren, sondern vor 
          allem ein soziales Verhältnis, das Kapital."[35] 
          
          
          4.4. Interaktion mit der Arbeit: Microslaves
          Der Kulminationspunkt virtueller Ökonomien besteht nun darin, die 
          immensen gesellschaftlichen Produktivkräfte der neuen Märkte 
          auf der einen Seite an die schier unbegrenzten ,freigesetzten` Produktivitäten 
          der jetzt neuerdings (schein-) selbständigen Produzenten - mit 
          hoher räumlicher und zeitlicher Mobilität - auf der anderen 
          Seite zu koppeln und zu binden. 
          Für den ,intellektuellen Proletarier` wird die immaterielle Arbeit 
          zu einer doppelten Projektion von Selbständigkeit: zum einen scheint 
          er die Produktionsmittel jetzt endlich in den eigenen Händen zu 
          halten, während er gleichzeitig nur für sich selbst und vor 
          allem für die eigene Selbst-Verwirklichung zu arbeiten scheint. 
          
          Nirgends treten die Widersprüche der postindustriellen Gesellschaft 
          deutlicher zutage als in dieser sehr ambivalenten Figur des immateriellen 
          Arbeiters, des Netz-Junkies, des extremen Programmieres, Systemanalytikers, 
          kreativen IT-Spezialisten, des Hackers, Netz-Administrators, Software-Entwicklers, 
          des Interaktions-Designers, des intelligenten Assistenten, Projekt-Managers, 
          Art-Directors, des Database-Engineers für kulturelle Wissenssysteme, 
          des Microslaves, des technischen Autoren, der online-Redakteurin.
          Ein Ensemble von Tätigkeitsmerkmalen, die in der Moderne ganz klar 
          dem Autor, dem Künstler oder dem Intellektuellen zugedacht und 
          auf den ,Leib geschrieben` waren, vollzieht sich jetzt Über das 
          ,Interface` des allgemeinen immateriellen Arbeiters, der entscheidend 
          daran mitwirkt, die Netzwerke der neuen Produktionsweisen aufzubauen, 
          Akkumulations- und Reproduktionsprozesse der neuen Märkte aufzuspüren, 
          den Aktienkurs in Turbulenzen zu bringen - und vor allem seine eigenen 
          Subjektivitäten ins Spiel zu bringen, allzeit bereit, jederzeit 
          selbst unternehmerisch tätig zu werden und gleichzeitig die Verhältnisse 
          und das Verständnis davon, was Arbeit, Artikulation, Zeichen und 
          Wert ist, radikal in Frage zu stellen; Lazzazato beschreibt eben jenes 
          absurde Verhältnis, gleichzeitig Produzent und Konsument, Autor 
          und Leser, Kapital und Arbeit, Subjekt und Objekt zu sein: "Das ,Rohmaterial` 
          der immateriellen Arbeit ist Subjektivität [...]. Die Produktion 
          von Subjektivität hört auf, in erster Linie ein Instrument 
          sozialer Kontrolle zu sein, Marktsubjekte für Tauschverhältnisse 
          hervorzubringen; sie wird unmittelbar produktiv, zielt [...] auf die 
          Konstruktion konsumierend-kommunizierender Subjekte, die selbst ,aktiv` 
          sind. Immaterielle Produzentinnen und Produzenten [...] sorgen dafür, 
          dass eine Nachfrage befriedigt wird, und zur gleichen Zeit schaffen 
          sie diese Nachfrage. Die Tatsache, dass immaterielle Arbeit Subjektivität 
          und (ökonomischen) Wert zur gleichen Zeit produziert, zeigt, wie 
          die kapitalistische Produktionsweise unser Leben durchdrungen und hergebrachte 
          Unterscheidungen - Ökonomie, Macht, Wissen - niedergerissen hat. 
          Der Prozess gesellschaftlicher Kommunikation ist mitsamt seinem Hauptinhalt, 
          der Produktion von Subjektivität, unmittelbar produktiv geworden: 
          Hier wird gewissermaßen die Produktion ,produziert`."[36]
          Dieses Ineinanderfallen und Überlagern der Produktionsprozesse 
          (von Wissen, Gedanken, Bildern, Tönen, Sprache, Programmen und 
          Organisationsweisen) und deren Kommunikation, Verbreitung und Verwertung 
          schließt materielle und Ästhetisch-wissenschaftliche Produktionsweisen 
          kurz: die klassischen Autorfunktionen werden industriell-organisierten 
          Produktionsprozessen unterworfen, während die Rezipienten, Konsumenten 
          und Adressaten durch produktive Rezeption zum aktiven Bestandteil des 
          Verwertungs- und Reproduktionskreislaufes werden. Genau an dieser Schnittstelle, 
          dieser kreativen Austauschbeziehung liegen die entscheidenden Möglichkeiten 
          der neuen Produktionsverhältnisse: "Immaterielle Arbeit konstituiert 
          unmittelbar kollektive Formen, Netzwerke und Ströme." [37]
          
          4.5. Theorieinterfaces: Schnittstellen für konnektives Handeln 
          und postmediale Produktionen
          Welche neuen Handlungs- und Aktionsmöglichkeiten schälen sich 
          auf der Basis virtueller vernetzter Arbeits- und Lebenszusammenhänge 
          heraus, wenn Information, Kommunikation und Wissen als die grundlegenden 
          Produktionsparameter fungieren und gesellschaftlichen Verhältnisse, 
          Kooperationsformen, Gruppenprozesse selbst zu maßgeblichen Produktionsfaktoren 
          werden?
          Im Anschluss an Félix Guattari versucht Andreas Broeckmann diese 
          "postmediale Praxis"[38] der nun allseits 
          vernetzten "Gruppensubjekte" im Mantel eines gewissen Subversions- und 
          Widerstandspotentials zu skizzieren. 
          Im Projekt IO_Lavoro Immateriale (Abb.8) von 
          Knowbotic Research[39] wurde diese 
          Debatte um Theorie- und Praxisformen immaterieller Arbeit mittels spezieller 
          technischer und sozialer Interfaces weitergetrieben. Maurizio Lazzarato 
          stellte in diesem Zusammenhang eine Gruppe von Soziologen und Philosophen 
          zusammen, die prototypisch in kollektive intellektuell-künstlerische 
          Arbeitsformen verwickelt wurden : 
          "Jeder der Teilnehmer und Teilnehmerinnen trug selbstverfertigtes Textmaterial 
          in die Datenbank ein, verband jeden Datensatz mit einem ihn repräsentierenden 
          Schlüsselbegriff, und erstellte eine eigene konzeptuelle Karte, 
          in der die Beziehungen der diskursiven Elemente durch Distanzen und 
          Clusterbildungen repräsentiert wurden. Wiederum wurden diese Einzelkarten 
          von einem Computersystem zusammengefasst und zu einer einzigen, dynamischen 
          Karte synthetisiert, in der aufgrund algorithmischer Regeln stets neue 
          potentielle Konstellationen zwischen den verschiedenen Materialien dargestellt 
          werden."[40]
          
          5. Interaktion im Netz
          5.1. Frühe Telematische Projekte
          5.1.1. Hole-in-Space, 1980 (Kit Galloway und Sherrie Rabinowitz)
          Solche Produktions- und Vermittlungsformen, die ein radikales Infragestellen 
          des Autor-Text-Leser-Verhältnisses beinhalten und somit auch die 
          Machtfrage nach der Schaltung von Medienkonstellationen stellen, finden 
          sich schon in frühen telematischen Projekten wieder:
          Grundsätzlich lässt sich alles verbinden. Aber man muss es 
          schaffen.
          Es piept. Die Verbindung ist hergestellt. Ich logge mich ein in eine 
          Bilddatenbank zu Expanded Cinema und telematischen Projekten. Endlich 
          steht die Verbindung . Leider sehe ich nur ein sehr schlechtes, grob 
          gerastertes Bildschirmfoto. Die Szenerie ist aber ziemlich klar:
          In einem Schaufenster einer Stadt an der amerikanischen Ostküste 
          werden Gesichter von Einkaufenden und Neugierigen von einer Videokamera 
          aufgezeichnet und auf einer Großprojektion gezeigt. Manche lachen, 
          winken. Eine Frau versucht immer wieder ein kleines Kind in dem von 
          der Kamera aufgezeichneten Bildausschnitt hochzuhalten. Die meisten 
          scheinen allerdings lediglich aus dem Bild ,herauszuschauen`. Erst auf 
          den zweiten Blick fällt dem Betrachter auf, dass die Passanten 
          vor dem Fenster keinesfalls dieselben sein können, die auf der 
          Großprojektion zu sehen sind. (Abb. 9)
          Aufschluss über diese seltsamen Blickkonstellationen schafft erst 
          ein Blick auf weitere Hintergrundinformationen zu dem Projekt: 
          Ohne diese beschreibenden Informationen ist das Bild allein als Dokument 
          der telematischen Aktion wertlos.[41]
          5.1.2. Im Elektronischen Café (anlässlich der Olympischen 
          Spiele Los Angeles 1984) 
          Der Prototyp aller Internetcafés ist in der Geschichtsschreibung 
          etwas untergegangen. Wie fast immer ist die Dokumention äußerst 
          mangelhaft.[42] und wir können 
          uns die Szenerie nur mit etwas Phantasie ausmalen:
          Electronic Café (Abb.10) ist ein multimediales Computer- 
          und Video-Netz, angeschlossen an eine öffentliche Bilddatenbank[43], das fünf von verschiedenen Volksgruppen bewohnte Bezirke 
          von Los Angeles sieben Wochen lang während der Olympischen Spiele 
          1984 in sog. Echtzeit miteinander verband: 
          In diesen multikulturellen Kommunikationszentren, die mit interaktiven 
          Systemen zur Bild-, Text- und Ton-Bearbeitung ausgestattet sind, werden 
          den Benutzern Zugänge zu unbekannten sozialen Welten ermöglicht. 
          Durch das Aufnehmen, Speichern, Übertragen und Vernetzen von Bildern 
          und Daten, die aus der Alltagskultur, den Bräuchen und Mythen der 
          verschiedenen Volksgruppen gewonnen sind, entsteht ein allgemein zugängliches 
          Archiv sozialer Gesten. Die Produktion, Reflektion, Bearbeitung der 
          eigenen kulturellen Bilder und Visionen erzeugt einen ,virtuellen elektronischen 
          Kommunikationsraum` - eine ,Community Memory`, der einen Austausch mit 
          fremden, direkt schwerlich kommunizierbaren sozialen Welten ermöglicht. 
          Eine solche aktive Art des ,Umweltdesigns` lässt letztlich auch 
          den eigenen kulturellen Systeme als virtuell (künstlich produziert) 
          und somit veränderbar erscheinen:
          "Gestützt auf Simulationsinstrumente (persönliche Metamedien), 
          stellen wir Modelle alternativer Wirklichkeiten her (Kunst); gestützt 
          auf konversationelle Netzwerke (die öffentlichen Metamedien also), 
          können wir aber auch die kulturellen Kontexte kontrollieren, die 
          die Publikation und den Empfang dieser Modelle determinieren (Politik). 
          Die Kontrolle des Kontextes beinhaltet die Kontrolle der Bedeutung, 
          die Kontrolle der Bedeutung ist identisch mit der Kontrolle der Wirklichkeit."[44]
          
          5.1.3. Europäisches Tagebuch (Wam Kat: Zagreb Diary, 1992)
          Das Europäische Tagebuch hat sich unmittelbar aus Kollaborations- 
          und Kommunikationsweisen innerhalb der Nachrichtenströme von Mailbox-Netzwerken 
          entwickelt:
          Ausgehend vom Zagreb Diary, in dem der holländische Friedensaktivist 
          Wam Kat seit Frühjahr 1992 seine persönlichen Eindrücke 
          vom Kriegsgeschehen im ehemaligen Jugoslawien - "gewissermaßen 
          wie offene Briefe an meine Freunde oder an Menschen, die ich für 
          Freunde halten" - als öffentliches Tagebuch innerhalb einer relativ 
          geschlossenen Netzstruktur (des Zerberus-Mailbox-Netzes) zirkulieren 
          ließ, wurden auf Initiative von Peter Glaser Anfang 1993 persönliche 
          Eintragungen, subjektive Geschichten und Erlebnisse quer durch Europa 
          in Mailbox-Netzen zusammengetragen:
          "Zur Idee des Europäischen Tagebuchs:
          Durch Verbreitung über elektronische Medien zur ,Nachricht` geadelt, 
          erzeugen heute Agenturmeldungen den Anschein, die ,wirkliche Wirklichkeit` 
          wiederzugeben. Den jeweils speziellen Arten von Sprachgebrauch, die 
          sich ,Politik`, ,Wirtschaft` oder ,Wissenschaft` nennen, soll durch 
          das ,Europäische Tagebuch` eine Vielfalt individueller Realitäten 
          zur Seite gestellt werden, und zwar selbstbewußt. [...] Um Tagebuch 
          zu schreiben, muß man kein Künstler sein. Zu den Vorteilen 
          des Tagebuchs gehört, daß Inhalt und Stil freigestellt bleiben. 
          Es geht um die Wahrnehmung der Welt aus erster Hand."[45]
          Als eines der wenigen Netz-Werk-Schreibprojekte hat das Europäische 
          Tagebuch wirklich eine zeitlang in radikaler Autonomie funktioniert 
          - ohne Leitung und ohne Kunstanspruch. Das Zusammenstoßen äußerst 
          unterschiedlicher Alltagsausschnitte aus den verschiedensten Schauplätzen 
          ereignet sich gerade in der Vermischung unterschiedlichster Privatzonen. 
          Das Private wird öffentlich - die Öffentlichkeit konstituiert 
          sich nicht mehr über die Massenmedien, sondern durch Konversationspraktiken, 
          die an mündliche Erzählformen und Praktiken der oral history 
          anknüpfen.
          5.2. Interaktion im WWW
          Als Weiterentwicklung virtuell-konzeptueller kollaborativer Texte und 
          früher Medienkunst-Projekte, die eine imaginäre Interaktion 
          mit Lesern und Zuschauern propagieren, verlangen kollaborative Projekte 
          im Netz tatsächlich den Input und die Manipulation von Daten seitens 
          der UserInnen. Das Einschleusen ausführbarer Programme, Schreibrechte 
          für anonyme User auf Datenbanken und das Aufknacken der zunächst 
          noch an der Buchkultur orientierten Interfaces von Browsern und Netzseiten 
          hin zu aktions- und objektorientierten und von den Usern konfigurierbaren, 
          einfach ,benutzbaren` Interfaces schafft jetzt auf breiter Basis Möglichkeiten 
          netzwerkunterstützter Zusammenarbeit, die bisher nur avancierten 
          Netzkunstprojekten vorbehalten war.
          
          5.2.1. Interaktion mit einem (endlosen) Satz
          Der Pionier interaktiven Fernsehens und früher telematischer Projekte 
          Douglas Davis wollte schon in seinen TV und Videoexperimenten aus den 
          starren Sender-Empfänger-Paradigmen massenmedialer Medienschaltungen 
          ausbrechen. Unvergessen ist eine Kameraeinstellung bei einer open-TV-Übertragung, 
          in der er immer wieder gegen das Objektiv der aufnehmenden Kamera trommelt 
          und den Zuschauern zuwinkt und sie auffordert, näher zu kommen 
          (Abb.11).
          Dieses Durchbrechen der Zuschauenden zur ,anderen Seite` konnte freilich 
          in den Konzept-Art und Video-Kunst-Projekten nur simuliert werden - 
          und so ist es nur konsequent, wenn gerade Douglas Davis den vielleicht 
          wirklich ,ersten` hypertextuellen Virus im Netz 1995 aussetzt, den ersten 
          wirkliche ,Welttext`[46]:
          Der First collaborative Sentence ist ein einziger Satz, der immer 
          weiter geschrieben werden kann - und auch wird: ohne Thema, unstrukturiert, 
          ohne Absender, ohne Empfänger, anonym, vollkommen offen - und den 
          in seiner jetzigen Version vorzulesen wahrscheinlich ein ganzer Tag 
          nicht ausreichen würde: 
          "THE WORLD`S FIRST CLICK here if want to see a close-up of yourself 
          with your nose on the screen before plunging on ahead: CLICKCLICKCLICK 
          CLICKCLOSER CLOSERCLOSERCLICKCLICKCLICKCLICK [...]".[47]
          
          5.2.2. Hypertext als Assoziationsspiel: Der Assoziationsblaster
          Diese frühen Ansätze kollaborativen Schreibens sind heutzutage 
          trotz verstärkter technologisch möglicher Feedbackmöglichkeiten 
          in den Netzprotokollen - man denke nur etwa an JAVA-Scripte oder die 
          Annotationsmöglichkeiten zu beliebigen Seiten im Netz über 
          Third Voice[48] - kulturell 
          bisher kaum eingeholt.
          Um deutlich zu machen, wie Vernetzungsstrategien als neue Produktionsparadigmen 
          für Texte funktionieren, möchte ich auf die Funktionalität 
          eines avancierten Netz-Literatur-Projektes eingehen, das mittels automatischer 
          Verlinkungsroutinen ein zentrales Moment des Schreibens im Netz zur 
          Hauptfunktion der Textkonstitution erklärt: den Link, den Zwischenraum 
          der Texte, die Intertextualität: Es handelt sich um den Assoziations-Blaster[49]: 
          (Abb.12)
          Bisherige Mitschreibe-Projekte im Netz kranken größtenteils 
          daran, dass sie nach wie vor immer noch so tun, als würde ein vereinzelter 
          User-Autor in einem einzigen Textfenster ganz allein für sich schreiben. 
          Die Diskussions-, Konversations- und Kooperationskulturen in Diskussionsforen, 
          newsgroups, MUDs und Mailinglisten stellen dagegen die gemeinschaftlichen 
          Aspekte der Netzkommunikation in den Vordergrund, die durch selbstgeschaffene 
          Regeln kommunizierbar gemacht und durch entsprechende Features in den 
          verwendeten Interfaces unterstützt werden: Reply- und Zitatfunktionen, 
          Bewertungs- und Kommentierungsroutinen, grafische Darstellungen des 
          Diskussionsverlaufs, Such- und Verknüpfungsoptionen.
          Genau an dieser Schnittstelle zwischen technischen Parametern der Übertragung 
          und Speicherung und den darauf aufbauenden kulturellen Kodierungen setzt 
          der Assoziationsblaster an, indem er keine Themen und keine Geschichte 
          vorgibt, sondern ausschließlich mit der Linkstruktur selbst arbeitet:
          ",Die Entscheidung liegt bei uns, den Usern.` (TRON)
          Der Assoziations-Blaster ist ein interaktives Text-Netzwerk in dem sich 
          alle eingetragenen Texte mit nicht-linearer Echtzeit-Verknüpfung(TM) 
          automatisch miteinander verbinden. Jeder Internet-Benutzer ist aufgerufen, 
          die Datenbank mit eigenen Texten zu bereichern.
          Die einzelnen Beiträge können nicht der Reihe nach gelesen 
          werden, stattdessen wird anhand der entstehenden Verknüpfungen 
          von einem Text zum anderen gesprungen. Die dadurch entstehende endlose 
          Assoziations-Kette vermag dem Zusammenhalt der Dinge schlechthin auf 
          die Spur zu kommen. 
          Die Datenbank mit den Texten ist nach Stichworten geordnet. Jeder Text 
          gehört zu einem bestimmten Stichwort und die Stichworte stellen 
          auch die Verbindungen zwischen den Texten her. Jeder Internet-Benutzer 
          darf auch neue Stichwörter eintragen, die dann sofort Auswirkungen 
          auf alle bereits vorhandenen Texte haben."[50]
          Da sich keine Auswahlmenus oder Stichwortlisten zur Navigation anbieten, 
          kann ein User dieses Projekts sich lediglich über ein zufällig 
          ausgewähltes oder in eine Suchmaske eingegebenes Stichwort in den 
          Datenbestand hineinbegeben. Auch von hier aus kommt er nur über 
          die generierten Links in dem ausgewählten Text-Fragment weiter 
          - oder er kann eben selbst in ein Eingabefeld seine ,Assoziationen` 
          einschreiben, woraufhin die eingegebenen Textfragmente automatisch verlinkt 
          werden: alle Worte, zu denen schon Stichworte existieren, sind sofort 
          wie durch ein Wunder in dem eingegeben Text als Links markiert, (Abb. 
          12b) während der gerade eingegebene Text auch sofort in das Netzwerk 
          der kollektiven Assoziationen eingewoben ist. Der gesamte Datenbestand 
          des Assoziationsblasters ist über geschickte Suchmaschinen-Anmeldungen 
          mit dem Rest des Internets verbunden, so dass die relativ hohen Zugriffszahlen[51] 
          von über 1000 pro Tag zu erklären sind.
          Kommt es zur Informationsverdichtung durch Linkhäufung und unmittelbare 
          automatische Anknüpfung an und in fremde Texte? Ist das vielleicht 
          ein möglicher Versuch, Ansätze für eine Poetik der Netzliteratur 
          zu finden? 
          Interessant ist, wie im weiteren Verlauf des Projekts, Features zur 
          Verdichtung[52], Kommentierung und 
          Kommunizierbarkeit des Datenmaterials eingebaut werden: ein skalierbares 
          Bewertungssystem, vom User konfigurierbare Filtermechanismen, ein Diskussionsforum, 
          in dem die MitschreiberInnen ihre Beiträge, die Features des Blasters 
          und allgemeine Themen diskutieren.
          
          5.2.3 Interaktion mit der Systemtheorie: Schreiben in nic-las
          5.2.3.1. Kollaborative Wissenschafts-Praktiken im WWW?
          Das Wissenschaftsverständnis hat sich angesichts der postmodernen 
          Informationstechnologien von einem passiven deskriptiven Paradigma (Relation 
          zur Natur, Repräsentation von Fakten, Entdeckungen von ,Geheimnissen` 
          durch geniale Einzelwissenschaftler) zu einem konstruktivistischen Ansatz 
          hin entwickelt: Hier stehen die Prozesse und Operationen im Vordergrund, 
          durch die Erkenntnisse überhaupt erst erzeugt werden. Diese Prozesse 
          und Operationen sind von vornherein als ein kollaboratives Netzwerk 
          angelegt; komplexe Forschungen können nur noch im teamwork[53] vollzogen werden. 
          5.2.3.2. cultural studies der Netzwerke? 
          Hier sei nun ein eigenes Projekt vorgestellt:
          Im Forschungsprojekt "Netz/Werk/Kultur/Techniken: kulturwissenschaftliche 
          Wissensproduktion in Netzwerken"[54] 
          suchte ich zusammen mit Studierenden der Kulturwissenschaften an der 
          Universität Hildesheim nach Möglichkeiten, Hypermedia und 
          Netzwerke nicht nur zu rezipieren (=lesen), sondern kulturkritische 
          hypermediale Diskurse selbst zu initiieren, zu entwerfen, zu gestalten 
          (=schreiben) und in die kommunikativen Strukturen der Netzwerke zurückzukoppeln 
          - Eingriffe in die Felder hypermedialer Diskurstechniken vorzunehmen. 
          Der oszillierende hybride Status von Netz-Texten im Spannungsfeld von 
          Lese- und Schreiboperationen wurde zum zentralen Kulminationspunkt unserer 
          Projektarbeit: Charakteristisch für online-Texte ist das kollaborative 
          Entwerfen und Strukturieren von Ideen, die Beschleunigung von Austausch- 
          und Verteilungsprozessessen, die Öffnung von Textstrukturen: die 
          Erstellung und Überarbeitung von Texten sowie ihre Einbindung in 
          andere Kontexte vollziehen sich nicht mehr im Kopf einzelner Autoren, 
          sondern digitale Textnetzwerke konfigurieren sich von vornherein im 
          öffentlichen Raum. Jeder Teilnehmer an digitalen Diskursen ist 
          potentiell gleichermaßen Sender und Empfänger, Schreiber 
          und Leser, Produzent und Rezipient.
          
          5.2.3.3. Vom Zettelkasten zur Schnittstelle der Wissensproduktion
          In einer Verschränkung von inhaltlicher Recherche und Aufbereitung 
          aller im Forschungsprojekt angefallener Materialien und Dokumente arbeiten 
          wir gemeinsam mit Kooperationspartnern an der Optimierung und Adaption 
          einer offenen Informationslandschaft nic-las:[55]: (Abb.13) Basierend auf der Systemtheorie von Niklas 
          Luhmann liegen die Basisoperationen in vielfältigen nicht-liniearen 
          Verknüpfungsmöglichkeiten von Textstellen und Zitaten (automatische 
          Verknüpfungen nach keywords ebenso wie ein differenziertes Meta-Auszeichnungssystem 
          etwa für Personen- und Sachregister oder Zuordnungen und Zugriffsrechte 
          für verschiedene AutorInnen) und in dynamischen diskursiven und 
          kommunikativen Operationen (wie intuitive und assoziative Annotation 
          und Kommentierung). Gerade diese Verbindung von hierarchischen und rhizomatisch-chaotischen 
          Strukturen ermöglicht eine intertextuelle Praxis des Schreibens 
          mit Synergieeffekten zwischen Lesen und Schreiben wie es in den emphatischen 
          Debatten um den Text-Begriff in den 60er Jahren und dem Poststrukturalismus 
          theoretisch entwickelt wurde. Die große Flexibilität im Interface-Design 
          liegt vor allem darin begründet, dass für die online-Schreib-, 
          Kommunikations- und Archivprozesse keine neuen Metaphern oder Datenstrukturen 
          vorgegeben werden, sondern dass jede Aktivität des Benutzers in 
          der einfachsten möglichen Aktion besteht: im Anlegen einer ,Unterscheidung`.[56]. Verschiedene AutorInnen schreiben nicht nur 
          zeitversetzt am selben Dokument, tauschen nicht nur ihre Zettelkästen, 
          Zitatdatenbanken oder Referezen aus oder annotieren, kommentieren und 
          ergänzen feststehende Texteinheiten, sondern entwerfen verschiedene 
          Perspektiven, konstruieren Ein-, Aus- und Übergänge zwischen 
          den Texten und re- und dekontextualisieren ihre Eingaben dabei permanent: 
          Der Text wird zu einer Oberfläche, zu einer Schnittstelle 
          für die Begegnung von Leser und Schreiber, Anbieter und Nutzer, 
          Sender und Empfänger.
          Ob solche Versuche wirklich längerfristig und nachhaltig neue Diskursformen 
          herausbilden helfen, vielleicht sogar die von Hypertext-Theoretikern 
          immer wieder geforderte (und von den Programmentwicklern bisher nie 
          eingelöste) Hybridisierung zwischen Form und Inhalt, zwischen Text 
          und Kontext, zwischen Produktion und Rezeption, zwischen Autorfiktionen 
          und Leserimaginationen zu bearbeiten und managen helfen - wird die Zukunft 
          gezeigt haben werden.
          6. immer interagieren: brechen, dekonstruieren, programmieren?
          Der epistemologische Bruch, der sich angesichts digitaler Interaktionsformen 
          mit Texten, Bildern und Tönen in den kulturellen Wissenssystemen 
          vollzieht, liegt weniger in den oben beschriebenen Interaktionsformen 
          als solchen begründet - denn Texte wurden und werden (historisch) 
          schon immer traktiert, umgeschrieben, zerschnitten und wieder neu zusammengeklebt[57] mittels der jeweiligen medialen Aufschreibsystemen 
          -, als vielmehr in den Ausformungen dieser Interaktionsformen, d. h. 
          in der Art und Weise wie sie sich im Netzwerk digitaler Diskurse vollziehen, 
          also in ihrer freien Gestalt- und Verfügbarkeit. Der Unterschied 
          zwischen Schreiben und Lesen, genauer gesagt zwischen den Akten des 
          Schreibens und Lesens in digitalen Umgebungen ist zunächst einmal 
          medial aufgehoben: Wir können im Netz direkt auf jede Seite schreiben, 
          ohne noch irgendwelche Werkzeuge wie Schere, Bleistift, Druckerpresse 
          hinzuziehen zu müssen, weil eben genau diese Werkzeuge als Tools 
          und Programme, als Client Plug-Ins, Server-Programme in derselben Medienkonfiguration 
          ausführbar sind, die auch für das Anzeigen der Seite verantwortlich 
          sind.
          Es vollzieht sich also nicht die Begegnung des Regensschirms mit der 
          Nähmaschine auf dem Bildschirm der Worte, sondern es handelt sich 
          um ein Verschalten der (virtuellen) Lesemaschinen und anderer konzeptueller 
          Aufforderungen zur Mitarbeit der LeserInnen mit den Schreibmaschinen, 
          Druckerpressen und Aufschreibsystemen.[58] 
          
          Der vom Dekonstruktivismus endlos durchkonjugierte Bruch, dass alle 
          Texte aus anderen Texten zusammengeschnitten sind, dass in jedem Buch 
          ein weiteres steckt, das heraus will, dass die Texte nicht bei den Lesern 
          ankommen, sondern sich als aktive Rezeptionsprozesse genau um die Leerstellen 
          der Texte, Bücher und Diskurse herum neu konstituieren, ist jetzt 
          in den digitalen Diskursen universell in den Code selbst eingeschrieben:
          Crossreadings auf Serverebene, [59] 
          Cut-up Maschinen zwischen online-Zeitschriften, postmoderne Thesis-Generatoren, 
          Sonettmaschinen, universelle Annotiationstools, kollobarative Mitschreibeprojekte[60] 
          feiern auf verschiedenen Levels einen interkulturellen Textbegriff, 
          die ältere offene Textverarbeitungen aus literarischen Experimenten[61] und ästhetisch-sozialen Aufbruchsbewegungen wie der 
          Surrealismus und Situationismus als allgemeine Nutzerparadigmen wiederauferstehen 
          lassen. Die in der Literaturgeschichte vielfach wiederaufgenommene Parole 
          Lautreamonts: "Die Poesie soll von allem gemacht werden, nicht von einem", 
          hallt jetzt als vielfach gebrochenes Echo aus den Untiefen des Netzes 
          wieder:
          Die Texte, Strukturen, Index-Systeme, Meta-Informationen, Verknüpfungsstrukturen 
          zwischen den Texten liegen als ,open source` im Netz bereit. Hören 
          wir endlich auf, zu lesen und zu schreiben und die Geschichte immer 
          wieder zu wiederholen, und fangen wir an, gemeinsam zu Schreib/Lesern 
          zu werden, d. h. unsere kulturellen, mentalen, diskursiven Wissenssysteme 
          zu verknüpfen, unsere Lieblingsstellen und Lektüre-Momente, 
          Lesezeichen, Randbemerkungen, Fußnoten auszutauschen und das Internet 
          als einen interkulturellen intertextuellen Diskursraum zu benutzen.
          Nicht das Taschenbuch, die mailbox, der Hypertext oder das ebook ist 
          revolutionär, sondern der Gebrauch, den wir davon machen. 
        
        [1] Steven Johnson, Interface Culture. 
          Wie neue Technologien Kreativität und Kommunikation verändern, 
          Stuttgart 1999 (New York 1997), S. 11.
          [2] Den Gebrauch eines Buches als Werkzeug 
          radikalisieren Gilles Deleuze und Félix Guattari als Gebrauchsanweisung 
          in einem der ersten Theorie-Hypertexte: "Und Proust, dessen Werk voller 
          Bedeutungen stecken soll, meinte, dass sein Buch wie eine Brille sei: 
          probiert, ob sie euch paßt; ob ihr mit ihr etwas sehen könnt, 
          was euch sonst entgangen wäre [...]. Findet die Stellen in einem 
          Buch, mit denen ihr etwas anfangen könnt. Wir lesen und schreiben 
          nicht mehr in der herkömmlichen Weise. Es gibt keinen Tod des Buches, 
          sondern eine neue Art zu Lesen." Deleuze, Gilles, u. Guattari, Félix, 
          Rhizom, Berlin 1977 (Paris 1976), S. 40.
          [3] "Es geht um ein Umkehren der Bedeutungsvektoren. 
          Alle Zeiger, Zeichen, Verkehrssignale zeigen und deuten von nun an exzentrisch 
          von uns selbst weg, und nichts mehr zeigt auf uns zu. Wir sind es von 
          nun an, die auf die Welt Bedeutungen projizieren. Und die technischen 
          Bilder sind derartige Projektionen." Flusser, Vilém, Ins Universum 
          der technischen Bilder, Göttingen 1985, S. 41.
          [4] Tristan Tzara, zit. n. Mon, Franz, 
          "collage in der literatur", in: prinzip collage, hg. v. Franz 
          Mon u. Heinz Neidel, Neuwied u. Berlin 1968, S. 50. 
          [5] Georg Christoph Lichtenberg, zit. 
          n. Riha, Karl, Cross-Reading und Cross-Talking. Zitat-Collagen als 
          poetische und satirische Technik, Stuttgart 1971, S. 7. 
          [6] Hier aus einer anderen Übersetzung 
          entnommen: Tristan Tzara, zit. n. Riha, Karl, Cross-Reading und Cross-Talking. 
          Zitat-Collagen als poetische und satirische Technik, Stuttgart 1971, 
          S. 39. 
          [7] Vgl. Wescher, Herta, Die Collage, 
          Geschichte eines künstlerischen Ausdrucksmittels, Köln 
          1968, S. 134.
          [8] Tristan Tzara, zit. n. Riha, Karl, 
          Cross-Reading und Cross-Talking. Zitat-Collagen als poetische und 
          satirische Technik, Stuttgart 1971, S. 40.
          [9] Roland Barthes, "Der Tod des Autors", 
          in: Texte zur Theorie der Autorschaft, hg. v. Fotis Jannidis, 
          Gerhard Lauer, Matias Martinez, Simone Winko, Stuttgart 2000, S. 185-193, 
          hier S. 190 f.
          [10] Die ja nach Platos Fundamentalopposition 
          zur Schrift bekanntlich im Gegensatz zur mündlichen Kultur ohne 
          Beisein ihres Autors zirkulieren - und eben nicht antworten können
          [11] Mon, Franz, herzzero, Neuwied 
          1968, S. 5.
          [12] Illich, Ivan, Im Weinberg des 
          Textes. Als das moderne Schriftbild entstand. Ein Kommentar zu Hugos 
          "Didascalicion", Frankfurt a. M. 1991, übers. v. Ylva Eriksson-Kuchenbuch, 
          Originaltitel: L'Ere du livre, Paris 1990, S. 112
          [13] Luhmann, Niklas, "Biographie, 
          Attitüden, Zettelkästen", in: Archimedes und wir, 
          Interviews, hg. v. Dirk Baecker u. Georg Stanitzek, Berlin 1987, S. 
          125-156, hier: S. 144.
          [14] "(1) Beliebige innere Verzweigungsfähigkeit. 
          Man braucht zusätzliche Notizen nicht hinten anzufügen, sondern 
          kann sie überall anschließen, auch an einzelne Worte mitten 
          im laufenden Text. Ein Zettel mit der Nummer 57/12 kann dann im laufenden 
          Text über 57/13 usw. weitergeführt werden, kann aber zugleich 
          von einem bestimmten Wort oder Gedanken aus mit 57/12a ergänzt 
          werden, fortlaufend über 57/12b usw.; wobei intern dann wieder 
          mit 57/12a1 usw. angeschlossen werden kann. Auf dem Zettel selbst verwende 
          ich rote Buchstaben oder Zahlen, um die Anschlußstelle zu markieren. 
          Es kann mehrere Anschlußstellen auf einem Zettel geben. Auf diese 
          Art ist eine Art Wachstum nach innen möglich [...]
          (2) Verweisungsmöglichkeiten. Da alle Zettel feste Nummern haben, 
          kann man auf Zetteln Verweisungen in beliebiger Zahl anbringen. Zentralbegriffe 
          können mit einem Haufen von Verweisungen belegt sein, die angeben, 
          in welchen anderen Zusammenhängen etwas zu ihnen gehöriges 
          festgehalten ist. [...] [O]ft suggeriert die Arbeitssituation, aus der 
          heraus man sich zu einer Notiz entscheidet, eine Vielzahl von Bezügen 
          auf schon Vorhandenes. [...] Es ist dann wichtig, den Zusammenhang gleichsam 
          strahlenförmig, ebenso aber auch mit Querverweisungen an den angezogenen 
          Stellen, sogleich festzuhalten. [...]"
          Luhmann, Niklas, "Kommunikation mit Zettelkästen. Ein Erfahrungsbericht", 
          in: Öffentliche Meinung und sozialer Wandel, hg. v. H. Baier, 
          H. M. Kepplinger, K. Reumann, Opladen 1981, S. 222-228, hier: S. 224. 
          Vgl. auch die spannenden Arbeiten von Markus Krajewski zu den Luhmannschen 
          Zettelkästen: Käptn Mnemo. Zur hypertextuellen Wissensspeicherung 
          mit elektronischen Zettelkästen: http://infosoc.uni-koeln.de/synapsen/MnemoNet/MnemoNet.html. 
          Und ders.: Die Geburt der Zettelwirtschaft aus dem Geiste der Bibliothek. 
          Episoden aus / einer Geschichte / der Kartei. Magisterarbeit am 
          Lehrstuhl für Geschichte und Ästhetik der Medien, Humboldt 
          Universität zu Berlin, pdf-Version 1.0, 27. 10. 1999.
          [15] Luhmann, Niklas, "Biographie, 
          Attitüden, Zettelkästen", in: Archimedes und wir, Interviews, 
          hg. v. Dirk Baecker u. Georg Stanitzek, Berlin 1987, S. 125-156, hier: 
          S. 150.
          [16] Der Bild-Essay Schreib-Tische 
          - Desk-Tops: Von der Ars Memoria zum ,Memory Extender` von Heiko 
          Idensen findet sich unter: http://www.hyperdis.de/txt/
          [17] http://www.well.com/user/jonl/deadmedia/
          [18] Bush, Vannevar, "As we may think", 
          in: Atlantic Mounthly, Nr. 176, Juli 1945, S. 101-108; eine Übersetzung 
          wichtiger Teile findet sich auf Hartmut Winklers Open Desk: http://www.uni-paderborn.de/~winkler/bush-d.html.. 
          Der Originaltext ist vielfältig im Netz vorhanden, z. B. unter: 
          http://win-www.uia.ac.be/u/debra/INF706/memex.html; oder: http://www.isg.sfu.ca/~duchier/misc/vbush/; 
          vgl. Abb. 2.
          [19] Ebd. 
          [20] Konsequent umgesetzt in ein kollaboratives 
          Schreibprojekt ist dieses Prinzip im Assoziationsblaster. Vgl. 
          Kapitel 5.2.3.
          [21] "Es braucht jedoch noch einen 
          weiteren Schritt zur assoziativen Indizierung. Deren grundlegender Gedanke 
          ist ein Verfahren, von jeder beliebigen Information - sei es Buch, Artikel, 
          Fotografie, Notiz - sofort und automatisch auf eine andere zu verweisen. 
          Dies ist es, was den Memex wirklich Ausmacht: Es ist ein Vorgang, der 
          zwei Informationen miteinander verbindet. Das ist das Kernstück. 
          
          [...] Vor ihm befinden sich zwei zu verbindende Informationen, auf nebeneinanderliegende 
          Positionen projiziert. Am jeweils unteren Rand davon befinden sich eine 
          Anzahl leerer Codeflächen, dort werden Zeiger gesetzt, die auf 
          die jeweils andere Information zeigen. Der Benutzer drückt eine 
          einzige Taste, und die Gegenstände sind dauerhaft miteinander verbunden. 
          [...]
          Danach kann jederzeit, wenn eine der Informationen auf einer der Projektionsflächen 
          sichtbar ist, die andere sofort abgerufen werden, indem ein Knopf unter 
          der entsprechenden Codefläche gedrückt wird. Darüber 
          hinaus können mehrere Gegenstände, wenn sie auf diese Weise 
          zu einem Pfad verbunden wurden, nacheinander durchgeschaut werden, schnell 
          oder langsam, indem man einen ähnlichen Hebel bedient, wie er zum 
          Durchblättern der Bücher benutzt wird. Es ist genau so, als 
          wären die jeweiligen Artikel, Notizen, Bücher, Photographien 
          etc. leibhaftig aus weit entfernten Quellen zusammengetragen und zu 
          einem neuen Buch verbunden worden. Und es ist noch mehr als dies, denn 
          jede Information kann so zu einem Teil unzähliger Pfade werden." 
          Ebd.
          [22] Ein Ausschnitt aus einer Darstellung 
          dieses Wissensbaumes findet sich in der Imaginären Bibliothek 
          (http://www.hyperdis.de/pool/), eine Transkription des Schematas in 
          d` Alembert, Jean Le Rond; Denis Diderot u. a., Enzyklopädie. 
          Eine Auswahl, Frankfurt a M. 1989. S. 28-29.
          [23] Das Pariser Parlament bezieht 
          sich in seinem Verbot der Enzyklopädie 1759 explizit auf 
          die subversive Funktion dieser Querverweise ("[...] das ganze in diesem 
          Wörterbuch verstreute Gift findet sich in den Verweisen."). Mit 
          Verweisen von einem Band zu einem (erst später erscheinenden) anderen 
          wurde die Zensur geschickt umgangen, etwa im berühmt gewordenen 
          Verweis von ,Menschenfresser` (Anthropophages) im ersten Band auf die 
          Begriffe ,Kommunion` und ,Eucharistie` oder vom orthodox gehaltenen 
          Artikel ,Jesus Christus` auf den eher ketzerischen Eintrag unter ,Eklektizismus` 
          (s. a. d'Alembert/Diderot 1989, S. 20 ff.).
          [24] Gerade die Tafeln und Abbildungen 
          der Enzyklopädie setzen neue Standards im Wissensdesign 
          und trugen wesentlich zur praktischen Umsetzung und Anwendung des Wissens 
          - vor allem in den Bereichen Handwerk, Kunst und Buchdruck bei. Von 
          den insgesamt fünfunddreißig Bänden sind allein zwölf 
          Bände den Tafeln und Abbildungen gewidmet, zwei Registerbände 
          verzeichnen Schlagworte, Wissensgebiete und Stichworte. Auch die Zeichnungen 
          und Tafeln sind in das komplexe Verweissystem einbezogen, indem sie 
          einerseits bestimmte Zusammenhänge und Mechanismen darstellen, 
          Details am Rande erklären - und gleichzeitig Verweise auf übergreifende 
          Artikel enthalten, die diese Einzelfunktionen wiederum in einen größeren 
          Zusammenhang stellen. Die enzyklopädische Montage zeigt Querschnitte 
          durch Maschinen und Arbeitsvorgänge, breitet die einzelnen Objekte 
          vor dem Leser so aus, dass dieser diese wieder zum eigenen Gebrauch 
          zusammensetzen kann. Als eines der ersten großangelegten kapitalistischen 
          Buchprojekte (die Geschichte dieses Projekts wird ausführlich und 
          spannend erzählt in Darnton, Robert, Glänzende Geschäfte. 
          Die Verbreitung von Diderots Encyclopedie. Oder: Wie verkauft man Wissen 
          mit Gewinn?, Berlin 1993) beinhaltet sie gleichzeitig Gebrauchsanweisungen 
          zur Buch-Herstellung (Abb.6) (von der Papierproduktion über das 
          Setzen bis zum Druck): "In jedem dicken Buch steckt ein dünnes, 
          das heraus will." Ebd., S. 9. Der Gebrauch der Enzyklopädie ist 
          also der eines aktiven, operationellen ,Nachschlagens` - und somit zur 
          fortlaufenden Lektüre nicht geeignet.
          [25] "Es geht nicht darum, der Buchhülle 
          noch nie dagewesene Schriften einzuverleiben, sondern endlich das zu 
          lesen, was in den vorhandenen Bänden schon immer zwischen den Zeilen 
          geschrieben stand. Mit dem Beginn einer zeilenlosen Schrift wird man 
          auch die vergangene Schrift unter einem veränderten räumlichen 
          Organisationsprinzip lesen. [...] Was es heute zu denken gilt, kann 
          in der Form der Zeile oder des Buches nicht niedergeschrieben werden." 
          Derrida, Jacques, Grammatologie, Frankfurt a. M. 1974, S. 155.
          [26] Derrida zit. n. Bürger, Peter, 
          "Derrida: Gl", in: ders., Das Denken des Herrn, Frankfurt a. 
          M. 1992, S. 150- 156, hier: S. 150. 
          [27] Bürger, Peter, "Derrida: 
          Gl", in: ders., Das Denken des Herrn, Frankfurt a. M. 1992, S. 
          150- 156, hier: S. 151-152.
          [28] Derrida selbst bezeichnet die 
          Dekonstruktion als ein "Projekt", das, ganz im Gegensatz zu einer starren 
          Methode oder einer strengen wissenschaftlichen Kritik, mit Strategien 
          der "doppelten Geste", der Differenzbildung, der Demarkierung, der supplementären 
          Strukturen ... gerade die Begriffshierarchien metaphysischer Diskurse 
          erschüttern soll. Er vollzieht in seinen Texten dabei interessanterweise 
          ähnliche Unterbrechungen, Brüche und vielschichtige Text-Vernetzungen 
          wie in den zu dekonstruierenden literarischen und philosophischen Texten. 
          In der Praxis seines Schreibens verzichtet er auf eine neutrale Außen-Position. 
          Stattdessen verwickelt und verwebt er sich in prozessurale neue Schreibweisen: 
          "Wer schreibt? An wen? Und um zu senden, zu schicken, zu expedieren 
          was? An welche Adresse?" fragt er in Die Postkarte von Sokrates bis 
          an Freud und Jenseits, Berlin 1982, S. 8. In Form eines ,Postkartenromans` 
          versucht er eine Theorie der Sendung, des Kuriers und der Übertragung 
          im Kontext von Psychoanalyse und Telekommunikation zu entwickeln. In 
          dem Essay "Living On" (in: Deconstruction and criticism, hg. 
          v. Harold Bloom, New York 1979, S. 75-176) untersucht Derrida Grenzlinien 
          in Maurice Blanchots Texten und kommentiert den Prozeß seiner 
          Gedanken gleichzeitig, indem er eine einzige Fußnote einsetzt, 
          die unterhalb des gesamten Textes parallel weiterläuft. Vgl. Johanna 
          Bossinade, "Text als Differance (Derrida)", in: Poststrukturalistische 
          Literaturtheorie, S. 78-87 und "Dekonstruktion (Derrida)", a. a. 
          O., S. 176-187.
          [29] Ein solcher eher ,praktischer` 
          Aspekt der Derrida-Lektüre für Medientheorie und -praxis schwingt 
          mit in Ulmer, Gregory L., Applied Grammatology. Post(e)-Pedagogy 
          from Jacques Derrida to Joseph Beuys, Baltimore: The Johns Hopkins 
          University Press 1985.
          [30] Vgl. Glasweb: http://glas.lake.de; 
          VERSTäRKER: Nr. 1, Lesegruppe Glasweb: Peter Krapp:
          http://www.culture.hu-berlin.de/verstaerker/vs001/krapp_glas.html.
        [31] In: Das offene Kunstwerk, 
          Frankfurt a. M. 1973, OT: Opera aperta, Mailand 1962 beschreibt Eco 
          verschiedene ,Kunstwerke in Bewegung`, die über das Ansprechen 
          von Möglichkeitsfeldern einen aktiven Interpretations- und Rezeptionsprozess 
          herausfordern (Partituren serieller Musik, informelle Malerei, Visuelle 
          Poesie, Live-Fernsehsendungen, Querschnittstechniken bei Joyce): "Jedes 
          Ereignis, jedes Wort steht in einer möglichen Beziehung zu allen 
          anderen, und es hängt von der semantischen Entscheidung bei einem 
          Wort ab, wie alle übrigen zu verstehen sind." Ebd., S. 39. Die 
          Kunstwerke werden als Mechanismen aufgefaßt, derer man sich bedienen 
          kann: "Offenes Kunstwerk als Vorschlag eines ,Feldes` interpretativer 
          Möglichkeiten, als Konfiguration von mit substantieller Indeterminiertheit 
          begabten Reizen, so dass der Perzipierende zu einer Reihe stets veränderlicher 
          ,Lektüren` veranlaßt wird; Struktur schließlich als 
          ,Konstellation` von Elementen, die in wechselseitige Relationen eintreten 
          können" Ebd., S. 154.
        [32] Hartmann, Frank, Medienphilosophie, 
          Wien 2000, S. 303. Frank Hartmann bezieht sich hier teilweise implizit 
          auf einen Artikel von Dieter Hoffmann-Axthelm, der die musikalischen 
          Grundlagen der Kooperation am Ende freilich noch stärker betont: 
          "Der Kooperationserfahrenheit des Arbeitsvermögens entspricht in 
          der ästhetischen Produktivität zwar nichts Gleichlautendes, 
          aber in dem Maße, in dem künstlerische Praxis Aktion wird, 
          sie ihren Zielpunkt in der öffentlichen Handlung hat und nicht 
          in einem Außerhalb der Produktion, des Zeitpunktes, des Autors 
          und des Ortes liegendem Produkt, bildet sich eine Art Taktstraße 
          heraus, die Aktionszeit. Diese Trasse organisiert gleichsam selber , 
          wie beim musikalischen Improvisieren, die Zeiten, in die die Beiträge 
          unterschiedlicher Autoren hineingehen können. Es ist, sobald die 
          Zeitspannung hergestellt ist, immer schon etwas da.
          Nur ist dieser Taktgeber in den bildenden Künsten kein reines Zeitmaß, 
          sondern immer auch optisches Medium. Gegenstand sind die aktuellen Wahrnehmungsgewohnheiten: 
          Schnitte, Beschleinigungen, Überblendungen, Gleichzeitigkeiten 
          und Zeichenabstraktionen der alltäglichen Wahrnehmung. Foto, Film, 
          Video, Computerfilm bringen sie nicht hervor, aber stellen sie dar, 
          treiben sie voran, spitzen sie zu. Wir sollten die optischen Medien 
          nicht überschätzen. Subjekt ist, bei aller Unterworfenheit 
          unter Taktverfahren, noch immer die Wahrnehmung. Kooperation heißt, 
          seit ihrer Erfindung, rhythmisierte Wahrnehmungszeit. Nicht neutralisierte 
          optische Signale, sondern Lieder waren ihre ersten Taktgeber. Aus der 
          Arbeitskraft ausgetrieben, kehre die Kooperation, so sie wieder ästhetisch 
          würde, nur zu ihren Anfängen zurück." Hoffmann-Axthelm, 
          Dieter, "Kunst und Kooperation", in: Künstlergruppen. Von der 
          Utopie einer Kollektiven Kunst, hg. v. Florian Rötzer, Kunstforum, 
          Bd. 116, 11/12 1991, S. 154-159, hier: S. 159.
          [33] Lazzazato, Maurizio, "Immaterielle 
          Arbeit. Gesellschaftliche Tätigkeit unter den Bedingungen des Postfordismus", 
          in: Umherschweifende Produzenten. Immaterielle Arbeit und Subversion, 
          hg. v. Toni Negri, Maurizio Lazzazato, Paolo Virno, Berlin 1998, S. 
          39-52, hier: S. 46-47.
          [34] Vgl. die äußerst dürftigen 
          Zukunftsentwürfe in den Planets of Vision, Bestandteil der 
          EXPO 2000 in Hannover: http://www.planetofvisions.com/.
          [35] Lazzazato, Maurizio, "Immaterielle 
          Arbeit. Gesellschaftliche Tätigkeit unter den Bedingungen des Postfordismus", 
          in: Umherschweifende Produzenten. Immaterielle Arbeit und Subversion, 
          hg. v. Toni Negri, Maurizio Lazzazato, Paolo Virno, Berlin 1998, S. 
          48.
          [36] Lazzazato, Maurizio, "Verwertung 
          und Kommunikation. Der Zyklus immaterieller Produktion", in: Umherschweifende 
          Produzenten. Immaterielle Arbeit und Subversion, hg. v. Toni Negri, 
          Maurizio Lazzazato, Paolo Virno, Berlin 1998, S. 53-66, hier: S. 57 
          f.
          [37] Ebd., S. 61.
          [38] "Postmediale Praxis entsteht aus 
          den vernetzten Praktiken leidenschaftlicher Individuen und Gruppen, 
          die in lokalen und translokalen Kontexten arbeiten und dabei Medien 
          verwenden wie Magazine, Plattenlabels, CD-Roms, Websites, Clubevents, 
          Mailinglisten, usw. Differenzen werden in diesen Netzwerken nicht negiert, 
          sondern ausgelebt. Postmediale Praxis wird auch bestimmt durch eine 
          kritische Haltung gegenüber den verwendeten Medien, sie handelt 
          eher in lateralen als in vertikalen Konfigurationen und akzeptiert die 
          Prozessualität und kontinuierliche Transformation von Kontext und 
          Praxis. [...] Postmedia könnte in diesem Sinne als fröhlichere 
          Variante des Spiels von modernen Betriebsstrukturen, von Telearbeit, 
          digitaler Cottage-Industrie, ,lean management` und doppelt freien Lohnarbeitern 
          gelesen werden." Broeckmann, Andreas, "Knowbotic Research - Wirksamkeit 
          und konnektives Handeln. Konstruktionen im Translokalen" unter: http://www.kulturprozent.ch/brainstorming/referenten/willhelm/knowbot.htm.
          [39] http://io.khm.de/.
          [40] Andreas Broeckmann, wie Anm. 40. 
          Mittels eines speziellen Editor-Interfaces ist diese Datenbank nach 
          Anmeldung auch im Netz verfügbar und prinzipiell offen für 
          weitere Einträge: http://io.khm.de/. Vgl. auch die kommentierende 
          und interpretierende Projektkritik von Hans Ulrich Reck, "Konnektivität 
          und Kartographie. Über: künstlerische Praxis, Arbeit, Subjektivität, 
          Handeln" auf demselben Server.
          [41] Die übertragenen Bilder stammen 
          nämlich von einer Einkaufspassage an der Westküste, wo die 
          gleiche Installation aufgebaut ist. In einer permanenten Live-Übertragung 
          werden wechselseitig Bilder aus der einen sozio-kulturellen Situation 
          in die jeweils andere übertragen. Über Gesten, kleine Szenen 
          und kurze Botschaften ereignet sich eine ständig fortschreibende 
          Konversation in kleinen Ausschnitten, in der die Beteiligten selbst 
          zu Akteuren werden. Im weiteren Verlauf der Aktion kommt es sogar zu 
          Verabredungen mit Bekannten und Verwandten, die ,auf der anderen Seite 
          des Monitors` leben. Soziale Rückkoppelung statt closed circuit 
          Rückprojektion des eigenen Bildes. Westcoast meets Eastcoast.
          [42] Ausführlicher lediglich in 
          Youngblood, Gene (1986), "Der virtuelle Raum. Die elektronischen Umfelder 
          von Mobile Image", in: Ars Electronica. Festival für Kunst und 
          Gesellschaft, Linz, S. 289-302. Der Text entstand 2 Monate vor der 
          Projekt-Realisierung aus konzeptuellen Entwürfen der Künstler 
          für einen Katalog, der allerdings nie erschienen ist. 
          [43] Auf der Hardware-Ebene besticht 
          das Elektronische Café durch eine Systemintegration aller verfügbaren 
          Medien - auf der Software-Ebene fungiert eine Art simples Mail-Box-Programm 
          als gemeinschaftliche Datenbasis für die ,Community memory`: "Jeder 
          Nutzer hat uneingeschränkten interaktiven Zugang zu den Datenbasen 
          und kann gleichberechtigt Beiträge einbringen. Jedermann kann jederzeit 
          Botschaften senden, Akten anlegen, andere Mitteilungen lesen und Kommentare 
          und Anregungen durch öffentlich zugängliche Terminals in Bibliotheken, 
          Lebensmittelgeschäften, Kaffeehäusern und Gemeinschaftszentren 
          vorbringen. Es gibt keine Zensur und keine persönlichen Akten, 
          doch können Botschaften oder Akten nur von ihren Autoren verändert 
          werden [...] ein Instrument für kollektives Denken, Planen, Organisieren, 
          Entscheiden [...]" Ebd., S. 300.
          [44] Youngblood, Gene, "Metadesign", 
          in: Kunstforum, Bd. 98, 2/1989, S. 76-84, hier: S. 80.
          [45] Peter Glaser in einer Einladungsmail 
          vom 11.1.1993 20:53:33. Vgl. auch das Kapitel "Leben im Netz - Geschichten" 
          aus der Diplomarbeit von Rena Tangens, Das Leben im Netz. Die Bürgernetze 
          Z-NETZ, CL und ZaMir und ihre Geschichten, Bielefeld 1996, S. 55-87. 
          Jetzt ist es noch als Archiv erreichbar unter der newsgroup: t-netz/alt/tagebuch 
          oder im Archiv des Zerberus-Netzes: http://www.zerberus.de/texte/wam_kat/.
          [46] "Welttexte" hieß ein heftig 
          umstrittener Beitrag auf der Mailingliste "Netzliteratur", den Reinhold 
          Grether dort am 7. Januar 1999 veröffentlichte. "Literatur, auf 
          der Höhe unserer Zeit", so der Schlußsatz, "muß ,Welttexte` 
          schaffen, auf Basis der Konnektivität (Technologien, Materialien, 
          Multipersonalität) der Netze." Wie das globale Imaginäre sich 
          in 24 Netzprojekten zeigt und konzeptualisiert untersucht Reinhold Grether 
          in "Versuch über Welttexte", in: Hyperfiction. Zum digitalen 
          Diskurs über Internet und Literatur, hg. v. Beat Suter u. Michael 
          Böhler, S. 85-100. Vgl auch seine Artikel in telepolis (http.//www.heise.de/tp) 
          und das Projekt "Netzliteratur, Netzkunst und Netzwissenschaft" unter: 
          http://www.netzwissenschaft.de/.
          [47] "THE WORLD'S FIRST WHAT? YOU ASK. 
          DON'T WORRY. SOON YOU'LL KNOW. BUT FIRST LET ME ASK SOMETHING FAR MOR 
          IMPORTANT: The temporary author-artist of these lines and this work 
          is Douglas Davis. In face he (cf. me) is facing you at this moment, 
          from a moment in 1973 when he, that is, me, tried to focus the lens 
          of his video camera directly on you, the viewer on the other side of 
          the then-imperial TV screen. Well, we have broken that screen down many 
          times then--,we` being the early video artists determined to destruct 
          the big lie that TV was a ,mass` one-way medium, you, impatient viewer 
          who lusted for something better (and finally got it, in lots of ways), 
          and the inexorable roll of technological innovation, moving us finally 
          into the digital era and THIS MEDIUM, the InterNet/Web, where you take 
          over from me.... 
          But not yet, please. Wait just a few pages....hold out your hand there...yes, 
          I think I got it...your fingers...hand in hand let's look through.... 
          
          ALL THE GOOD DIGITAL BITS YOU CAN RETRIEVE FROM US ALONG THE WAY [...]"
          http://ca80.lehman.cuny.edu/davis/.
          [48] Vgl. http://www.thirdvoice.com.
          [49] http://www.assoziations-blaster.de/ 
          initiiert von den beiden Stuttgarter Merz-Akademie-Studenten Alvar Freude 
          und Dragan Espenschied.
          [50] So die Begrüßungsseite 
          des Blasters: http://www.assoziations-blaster.de/
        [51] Am 14.09. 2000 waren 61968 Texte 
          zu 5026 Stichw_rtern eingegeben worden, innerhalb eines Tages kommen 
          bis zu 300 Texte und 25 neue Stichwörter dazu. Details zur Statistik 
          (Suchmaschinenauswertungen, wenig und häufig gesuchte Stichworte) 
          sind abrufbar unter: http://www.assoziations-blaster.de/statistik/.
        [52] Mit diesem Begriff kritisierte 
          Hartmut Winkler eine ausschweifende, in die Breite gehende Tendenz zur 
          Beliebigkeit in Texten aus kollaborativen Schreibprojekten auf dem Workshop: 
          Odysseen des Wissens, Weimar, 2.-3.3 2000. Vgl. Winkler, Hartmut, "Kollaborative 
          Schreibprojekte im Netz. Über Komplexität und einige mediengeschichtliche 
          Versuche sie wieder in den Griff zu bekommen" unter: http://www.uni-paderborn.de/~winkler/, 
          sowie das Kapitel "Verdichtung" in: ders. Docuverse, Berlin 1997.
          [53] Ein Blick etwa in physikalische 
          Forschungsliteratur zeigt Teams von mehr als 2000 WissenschaftlerInnen, 
          die über Jahrzehnte zusammenarbeiten. Selbst bei einer Dissertation 
          in einem solchen Arbeitskontext tauchen dann etwa die Namen von über 
          500 ,Mitautoren` (in alphabetischer Reihenfolge) auf, so dass - trotz 
          der restriktiven Regeln des zunftartig organisierten Wissenschaftsbetriebs 
          - der einzelne Forscher ganz deutlich als Knoten in einem Geflecht von 
          Querbeziehungen positioniert wird. Der Konzeption des WWW-Standards 
          am CERN lag u.a. der Wunsch und die Notwendigkeit der Entwicklung eines 
          einfachen Austauschformats für wissenschaftliche Texte im Netz 
          zugrunde.
          http://hoshi.cic.sfu.ca/~guay/Paradigm/History.html gibt einen 
          sehr fundierten Überblick über die historischen Entwicklungen 
          des Web-Konzepts aus den verschiedensten Quellen - (Bush, Nelson, Engelbart, 
          CERN) nebst medientheoretischen Hintergrund (Mc Luhan, Landow).
          siehe auch: Tim Berners-Lee (Ted Nelson and Xanadu), http://www.w3.org/pub/WWW/Xanadu.html
          [54] Alle Dokumente und Materialien 
          des Projekts sind archiviert unter: http://www.hyperdis.de/netkult/
          [55] Die Entwickler bezeichnen nic-las 
          als ,autopoetische Informationslandschaft`: Das Akronym nic-las steht 
          für nowledge integrating communication-based labelling and access 
          system.
          [56] Diese Unterscheidungen strukturieren 
          schon während der Texteingabe den Datenbestand dynamisch und schreiben 
          somit jede Veränderung in einem kleinen Detail in den Gesamtkontext 
          ein und diferrenzieren so die Wissensstrukturen immer weiter aus. Personen-, 
          Themen- und Zeitreferenzen vernetzen jede Texteinheit innerhalb verschiedener 
          Kontexte. 
          [57] Die Imaginäre Bibliothek 
          zeigt diese Prozesse auf: http://www.hyperdis.de/pool/.
          [58] Aufschreibesysteme im erweiterten 
          kittlerschen Verständnis als kulturell-mediale Diskursnetzwerke.
          [59] Das CaterCapillar-Network: http://student.merz-akademie.de/catercapillar/ 
          ermöglicht eine automatische Indizierung und Verknüpfung von 
          Dateien auf verschiedenen Servern, eine Art Fortsetzung des Assoziationsblasters 
          auf der Ebene der Netztopologien.
          [60] Vgl. http://www.hyperdis.de.
          [61] Solche Proto-Hypertexte sind im 
          Detail beschrieben in: Idensen, Heiko, "Die Poesie soll von allen gemacht 
          werden! Von literarischen Hypertexten zu virtuellen Schreibräumen 
          der Netzwerkkultur", in: Literatur im Informationszeitalter, 
          hg. v. Friedrich A. Kittler u. Dirk Matejovski, Frankfurt a. M. 1996, 
          S. 143-184.