Konzeptuelle Kunst und Software Art: Notationen, Algorithmen und Codes


von Thomas Dreher

 

I. Instruktionen und Beobachtungsoperationen

Vorgestellt werden Konzepte als

  • verbale Instruktionen,
  • Instruktionen mit algorithmischer Gliederung,
  • maschinenlesbare Notationen (mit Algorithmen in Programmiersprachen).

 

I.1 Dada

Im Dadaismus wurden als verbindlich geltende Festschreibungen von Kunst, Theater und Literatur auf bestimmte Präsentationsformen (z. B. Kunstgattungen wie Malerei, Zeichnung und Plastik) in Frage gestellt und überschritten. Die Einführung von teilweise künstlerisch oder literarisch nicht vorbelasteten Materialien und ungewöhnliche Verwendungsweisen von vorbelasteten Elementen wirkten als Affront gegen zeitgenössische Erwartungshorizonte. In einigen Fällen wurden verbale Anweisungen erstellt, die zu ungewöhnlichen Ausführungen auffordern.

Tristan Tzara publiziert 1921 mit «Pour faire un poème dadaïste» 1 eine Anleitung, die Worte eines auszuwählenden Zeitungsartikels mit der Schere zu trennen und in einem Sack zu schütteln. Die Reihenfolge der Ziehung der Worte ergibt das Gedicht. Via Zufallsverfahren erschafft sich der Ausführende 2 nach Tzara als "ein unendlich origineller Schrifsteller mit einer charmanten, wenn auch von den Leuten unverstandenen Sensibilität" («un écrivain infiniment original et d´une sensibilité charmante, encore qu´incomprise du vulgaire»). In dieser Bemerkung konstruiert Tzara eine Relation von Zufall und Originalität, die Erwartungen an Autorschaft und Werk außer Kraft setzt: Wenn ein Zufallsverfahren als poetisches Mittel konsequent eingesetzt wird, dann ist Poesie keine Angelegenheit besonderer literarischer Fähigkeiten mehr, sondern eine von "Beobachtungsoperationen" 3 des Lesers – mit der Folge, dass dieser sowohl in jedem Zufallspoem Originalität entdecken als auch jeder Zeit zum Produzenten werden kann. Fragwürdig wird die Zuschreibung von Qualitäten, die Leser in zufallsgenerierten Texten erkennen können, an literarische Qualitäten von Autoren: Tzara überspitzt in seiner Bemerkung ironisch diese gewohnte Art der Zuschreibung, nicht ohne mit der Anleitung zur literarischen Produktion für Jedermann die Erwartungen an Kreativität und Individualstil bereits unterlaufen zu haben.

Wenn in Florian Cramers Netzversion Leser eine URL-Adresse eingeben und deren Textmaterial via in Perl rekonstruiertem Zufallsverfahren neu kombiniert erhalten, müsste die technische Produktion als "unendlich origineller Schriftsteller" bezeichnet werden. Doch der Leser wird sich jetzt noch weniger als Produzent eines Textes denn als Spieler mit einem Programmcode verstehen.

Man Ray zeichnete 1932 ein Metronom, das ein ausgeschnittenes Bild eines Auges in Schwingungen versetzt. Auf die Rückseite der Zeichnung schrieb er eine Anleitung zur Herstellung des Objektes: Es soll ein Bild eines Auges von einer geliebten, aber aus dem Blickfeld des Ausführenden verschwundenen Person gewählt werden, und die mit einem Metronom erstellte Assemblage soll mit einem "well-aimed" Hammer auf einen Schlag zerstört werden. 4

Man Ray löste mit der Anleitung zur Objektkon- und -destruktion einen privaten Anlass von seinen besonderen Umständen. Das objektbezogene surreale Verfahren Man Rays setzt ein theatralisches Moment frei, während Tzaras Zufallsverfahren nicht nur auf diese Zuspitzung verzichtet, sondern ihr durch Entzug der künstlerischen Kontrolle entgegenarbeitet. In beiden Fällen ist die Einheit des Autors als Konzipierender und Ausführender von einer prozessualen und personalen Trennung zwischen Konzeption und Ausführung abgelöst worden. Die Instruktionen weisen im Sprachstil wenige künstlerischen Eigenheiten auf und Rays Zeichnung stellt sachlich illustrierend das Auszuführende vor. Von Ausführenden werden keine besonderen Fertigkeiten verlangt. Beide Anweisungen bieten außerdem keine Spielräume für kreative Interpretationen durch interessante Ausführungskonzepte. In postdadaistischen Instruktionen können verbale Aufforderungen auch eingesetzt werden, um die Imagination des Leser-Interpreten anzuregen und eventuell einfallsreiche Ausführungen an dafür vorgesehenen Leerstellen zu provozieren (s. LaMonte Young: Composition 1960 #3, 1960, Kap. I.2).

 

I.2 Fluxus

Zwischen Tzara und Man Ray und damit auch zwischen Dadaismus und surrealistischer Transformation dadaistischer Verfahren öffnen sich für die Künstler der 1962 gegründeten Gruppe Fluxus Möglichkeiten zu neuen Anleitungsweisen. Diese können sich sowohl analog zu Ray auf besondere Ereignisse und Objekte beziehen als auch deren Ausführung wie Tzara nicht kontrollierbaren Umständen überlassen.

Eine Kurznotation des "theater of the single event" 5 besteht aus wenigen Worten auf "event cards", die Ausführende zu Ergänzungen provozieren. Der Ausführende kann theatralisch-emotive Momente ebenso einbringen, wie eine nicht-theatralische Ausführung versuchen. In jedem Fall muss er eine Ausführungsweise planen oder eine Ausführungsnotation erstellen, die den Notationstext auf der "event card" realisierbar macht, sofern er nicht Leser bleiben will und sich auf eine mentale Umsetzung des Ausführungstextes beschränkt (die protokolliert werden kann).

In Notationen eingebaute Provokationen zu Erfindungen von Ausführungskonzepten konnte John Cage 1956-58 seinen Schülern an der New School for Social Research (New York) zum Beispiel mit seinen graphischen Notationen auf 12 Klarsichtfolien und 10 Zeichnungen für "Fontana Mix" (1958) 6 vorführen. Die Anleitung zum Gebrauch der Folien beschreibt, wie diese zu legen sind, und gibt kursorische Hinweise, wie die graphischen Zeichen in Klangprozesse umsetzbar sind. Für Interpretationen müssen Ausführungskonzepte nach einer auszufeilenden Methode der Übersetzung der graphischen Zeichen erstellt werden. Die verbalen Notationen, die in der Cage-Klasse unter anderem von den späteren Fluxus-Mitgliedern George Brecht und Dick Higgins erstellt wurden, enthalten zwar genauere Angaben, dennoch überlassen deren Kurznotationen viele Entscheidungen den Ausführenden.

Auf einer Karte mit dem Titel Word Piece notierte Brecht lediglich "Exit" (Spring 1961). Folgende Realisationen sind möglich: die Vorstellung eines Ausgangs; eine Aufforderung, einen Raum zu verlassen oder sich zu einem Ausgang zu begeben; die Wahl eines Ausgangs oder eines Schildes, das auf einen Ausgang verweist; das Schreiben der Aufschrift "Exit" auf feste oder transportable Träger; das Verlassen eines Raums; und schließlich die Entfernung oder Anbringung eines Ausgangsschildes. Die Aufführungspraxis in "Fluxfests" stellte Brecht mit "Word Piece" auf die Probe: Nach George Maciunas bedarf das konsequenteste Event-Notat keiner Aufführung, "since it happens daily without any `special´ performance of it." 7 Brechts "Fluxversion I" (Ausführungskonzept) für "Fluxfests" lautet: "Audience is instructed to leave the theatre." 8

Zwei Meta-Events lieferten 1960 und 1961den konzeptuellen Rahmen für Events. La Monte Young schreibt in "Composition 1960 #3" (1960) lediglich vor, dass ein Protagonist in einem von ihm festzulegenden Zeitrahmen jeden Anwesenden zu Ausführungen auffordern kann:

Announce to the audience when the piece will begin and end if there is a limit on duration. It may be of any duration.
Then announce that everyone may do whatever he wishes for the duration of the composition. 9

Die Notation von John Cage für ein Multimedia-Happening 1952 am Black Mountain College 10 lieferte Zeitrahmen, welche Interpreten nach eigenen Vorstellungen füllen sollten. La Monte Young verkürzte diese Notationsweise auf das Grundkonzept und ersetzte die Zeitrahmen-Festlegung des Komponisten durch eine Teilnehmer-Entscheidung. In der Relation Protagonist – ausführendes Publikum wiederholt sich die Hierarchie Komponist – Interpret von Cages Zeitrahmen-Notation in einer Verschiebung auf die Ausführungsebene: Die Relation Aktionsleiter – Teilnehmer wird zum Ausführungsproblem.

Tony Conrad beendet in "Concept Art" im Sommer 1961 Ausführungsprobleme mit folgender Anweisung:

to perform his piece do not perform it. This piece is its name. This is the piece that is any piece. Watch smoke. 11

Conrad verzichtet nicht ganz auf Anweisungen zu Beobachtungsoperationen, die allerdings zu keiner sichtbaren Aktion (Beobachteroperation) führen: Der Leser soll seine Aufmerksamkeit Rauch widmen, wann und wo auch immer er diesen sehen wird. Diese Beispiele zeigen drei Aspekte von "Conceptual Performance" 12:

 

  1. Die schriftliche, von Gattungs- wie Notationstraditionen befreite Planung.
  2. Die Thematisierung der Relation Planung - Ausführung, die zur Infragestellung der Ausführung als Aktion oder Objekt führt.
  3. Die Relation Notation-Beobachtungsoperation wird parallel zu möglichen Ausführungen als Aktionen oder Objekte, aber auch diese ablösend vorgeführt: Notationen können auch nur als Beobachtungsoperationen ausführbar sein.

 

I.3 Konzeptuelle Kunst

In Konzeptueller Kunst thematisieren Werktexte Beobachtungsoperationen. Die mit Beispielen von Fluxus begonnene Aufzählung von Aspekten der "Conceptual Performance" lässt sich um einen vierten Punkt erweitern:

4. Werktexte weisen zu Beobachtungsoperationen an und beschreiben damit zugleich Denkschritte.

Joseph Kosuth präsentiert in "The Seventh Investigation" (Proposition One, 1969-70) eine Meta-Instruktion für analytische Beobachtungsschritte unter anderem auf einer Werbefläche in Chinatown/New York und einer Fahne über eine Turiner Straße. 13 Mit der Abstraktion der Denkanleitung von ortsspezifischen Kontextbedingungen kann jedes Präsentationsumsfeld als neue Bewährungsprobe für den Werktext dienen. Der Text stellt Beobachtungsoperationen zuerst als Hinwendung zu Situativem und danach zur Abstraktion von Außenwelt vor: Ist diese Abstraktion die Voraussetzung, um sich wieder unvorbelastet Außenwelt widmen zu können?

Victor Burgin präsentiert in 1970-73 auf Papier und Buchseiten gedruckten Texten detaillierte Anweisungen, Beobachtungsoperationen auszuführen. 14 Die Texte stellen das Gedächtnis des Lesers durch Rückverweise auf vorangegangene nummerierte Anweisungsschritte auf die Probe.

Die Texte von Burgin und Kosuth beschreiben Beobachtungsoperationen, ohne Rücksicht auf kunstspezifische oder ästhetische Beobachtungsweisen. Aus "Kunstbeobachtung" wird in Konzeptueller Kunst "Weltbeobachtung". 15

Die konzeptuellen Textanweisungen für Beobachtungsoperationen provozieren aber dazu, sie in einem Umfeld anzuwenden, naheliegenderweise in der Situation der Textpräsentation. Burgin stellt den Text durch seine internen Verweise selbst als Kontext vor, und thematisiert die Durchdringung von Fremd- und Selbstbezug als Relation verschiedener Umwelten. Die allgemein gehaltenen, in verschiedene Kontexte übertragbaren Fremdbezüge des Textes umfassen Situatives wie auch Erinnerungen.

Die Textanweisungen von Burgin und Kosuth provozieren Rezipienten, sich auf präsente und erinnerte Kontexte, also auf eigene Beobachtungen, einzulassen. Allerdings haben beide Künstler mit der Vorführung der Konzept-Kontext-Relation auch die Leitung der Ausführung wieder übernommen. Im Unterschied zu Fluxus ist in Konzeptueller Kunst mit dem Anstieg von der semantischen Offenheit der Kurznotation zur zugleich relativ detaillierten und abstrakten Meta-Instruktion die Art der Präsentation des Werktextes selbst zum - wieder künstlerisch kontrollierten - Problem geworden, da sie mindestens einen Teil der zugleich explizierten wie provozierten Kontextualisierung mitbestimmt.

 

II Meta-Art

Im Kunstkontext provozieren Fluxus und Konzeptuelle Kunst die Diskussion, ob der Werkstatus dem Konzept oder Ausführungen zuzusprechen ist. Da die Ausführung eines Konzepts vom Künstler, aber auch von anderen Personen realisiert werden kann und ein Ausführender keine besonderen Fertigkeiten besitzen muss, da außerdem ein Objekt oder eine Aktion nicht das Ziel einer Ausführung sein muss 16, stehen etablierte Einschränkungen künstlerischer Arbeit auf Präsentationsformen dieser oder jener Art (Kunstgattungen) zur Debatte. Resultat künstlerischer Arbeit kann der Text selbst sein, der sich ebenso diskursiv auf ein theoretisches Problem wie beschreibend auf einen Vorstellungsgegenstand oder auf ein auszuführendes Objekt und beschreibend-instruktiv auf einen auszuführenden Prozess beziehen kann.

In einer vom Konzept bestimmten Kunst wird ihre Selbstbestimmung `als Kunst´ zum theoretischen Dauerproblem, da kunsttheoretische Probleme, wie sich tradierte Bestimmungen von Kunstgattungen um neue Festlegungen (zum Beispiel für Objektkunst) erweitern lassen, von dem Verzicht auf normative Festlegungen abgelöst werden. 17 Kunst bedarf der "meta-art", um sich selbst neu bestimmen zu können, und muss in dieser zugleich der Falle normativer Neubestimmungen entgehen: Sie sollte ihre eigene Pluralität laufend reflektieren, um sie zu erhalten. Die Texte der englischen und amerikanischen Mitglieder der Künstlergruppe Art & Language widmen sich diesem Problem besonders zwischen 1969 und 1973. 18

Der fünfte Aspekt von "Conceptual Performance" lässt sich so formulieren:

5. Der Werktext thematisiert als "meta-art" die Probleme einer nicht normativen Selbstbestimmung von Kunst.

 

III Konzepte und Präsentationsformen

III.1 Notationen in Seriell-Konzeptuellen Werkformen

Henry Flynts Artikel über "Concept Art" erschien in der 1963 von Jackson Mac Low und La Monte Young herausgegebenen Fluxus-Anthologie. 19 Als Probe, "wie begrenzt, ja armselig die Struktur" ("how limited, impoverished the structure") von Serieller Musik ist, schlägt Flynt vor, sich auf die Notation zu konzentrieren und die Interpretation auszuklammern: Die Notation wird als Präsentationsform thematisiert. Flynt bündelt in seinem Beitrag zur Fluxus-Anthologie (mittels Text und Beispielen) serielle, diagrammatische und anweisend-beschreibende Notationen sowie Theorien unter dem Begriff "Concept". Er lässt offen, ob sie `als Kunst´ bezeichnet werden sollen oder nicht.

Die Konzeptualisierung von seriellen Strukturen durch die Integration von Notationen in die Präsentationsform führt Mel Bochner 1966 in "36 Photographs and 12 Diagrams" vor. 20 Diagramme wurden mit Tuschefüller gezeichnet. In die Felder eines Rasters aus 7 x 7 Quadraten sind die Ziffern "1", bis "4" eingetragen. Unter 12 Diagrammen hängen je drei Fotos von Holzkubenkombinationen in den notierten Anordnungen. Die Holzkuben sind aus drei Perspektiven fotografiert worden – von oben, vorne und schräg oben.

Die Variationen der Kubenkombinationen und des Blickwinkels ihrer Darstellung bilden zwei sich wechselseitig kommentierende Ebenen. Es entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen zwei Leseweisen, ob die diagrammatischen und fotografischen Expositionen einen abwesenden Referenten vorstellen oder ob sie ihn ersetzen. In letzterem Fall war die Atelier-Inszenierung der Holzkuben nur ein Mittel, um bestimmte fotografische Charakteristika zu erhalten. Dann werden die Diagramme nicht als Pläne zur Holzkubenkombination, sondern als Schlüssel zu den Fotos verstanden. Es handelt sich um Holzkuben als kurzzeitiger Bestandteil eines Studio-Sets für Fotografien, nicht um laufend verfügbare Holzkuben als Elemente ausstellbarer Skulpturen.

Sol LeWitt begleitet seit 1966 Präsentationen von Serien aus dreidimensionalen Kombinationen stereometrischer Elemente ("Serial Project, No.1", 1966 21) mit Explikationen des Variationssystems, Diagrammen und zweidimensionalen Vorstellungen aller Varianten. Seit 1968 präsentiert LeWitt Serien mit geometrischen Elementen für zweidimensionale Präsentationen ("Drawing Series 1968 (Fours)", ab 1968 22) in Künstlerbüchern (und vom Künstler kontrollierten Publikationen 23) mit Indices (Ziffern) in Diagrammen, die in kleinem Format einen Überblick über alle Varianten ermöglichen.

Die Serienkonzepte sollen nach LeWitt so weit vor der Ausführung ihrer Teile ausgearbeitet sein, dass bei der Ausführung der Konzepte keine zusätzlichen Entscheidungen mehr getroffen werden müssen:

Mit konzeptuellen Kunstformen zu arbeiten heißt für Künstler, dass alle Entwurfsfragen und -entscheidungen so genau vorab geklärt werden, bis die Ausführung eine nur noch nachvollziehende Angelegenheit sein kann. Die Idee wird zur Maschine, die die Kunst erzeugt...Der Künstler soll das Grundelement und die Regeln wählen, aus denen die Lösungen des Problems hervorgehen.
When an artist uses a conceptual form of art, it means that all of the planning and decisions are made beforehand and the execution is a perfunctory affair. The idea becomes a machine that makes the art...the artist would select the basic form and rules that would govern the solution of the problem. 24

Seit 1969 entwirft LeWitt "Wall Drawings" als verbale Anweisungen für Ausführungen auf Wänden beliebiger Größe. In den Werktexten der Serie "Locations of [Points and] Lines" 25 führt LeWitt im Frühjahr 1973 ein Beschreibungssystem ein, das die Teilbarkeit von Randseiten und Linien durch Halbierungen ("midpoint") sowie Verbindungslinien zwischen den so gewonnenen Punkten und Halbierungen dieser Verbindungslinien ("halfway between", "half the distance") zur Angabe von Konstruktionsschritten einsetzt, um Punkte und Linien auf Flächen beliebiger Größe zu lokalisieren. Der ausgeführte Realisationsprozess wird sowohl rekonstruierbar als auch wiederholbar, wenn der Werktext neben der Ausführung präsentiert wird: Der Werktext ist Anleitung und Beschreibung zugleich.

Werktexte werden ab Winter 1973 in "Locations" mehrerer Linien in die Ausführung integriert. In "Locations of Geometric Figures" erscheint seit 1975 der Werktext in Kreisen, Dreiecken, Rechtecken, Parallelogrammen und Trapeze. 26 Der Werktext wird nicht ohne Probleme in der "geometrischen Figur" plaziert, die nach seiner Anleitung konstruiert wurde. Der Text kann, wenn die Schrift nicht beliebig klein werden soll, mehr Platz einfordern, als die lokalisierte `Figur´ in ihrer Binnenkontur bietet: Das hat Überschreibungen der Konturlinie zur Folge. Diese vom Künstler eingeführte Ausführungpraxis expliziert der Werktext nicht. Sie ermöglicht es, auf einem Träger mehrere Konzepte für "Locations" auszuführen, ohne Beobachter suchen zu lassen, welcher Werktext zu welcher `Figur´ geführt hat.

Bei LeWitt und Bochner gibt es eine Kombination von expliziten, im Konzept beschriebenen mit impliziten, in vom Künstler kontrollierten Ausführungen exemplarisch vorgestellten Ausführungsregeln.

Bochner und LeWitt thematisieren mit der Einführung diagrammatischer und verbaler Konzepte in die Werkform Relationen zwischen "conception" und "perception" (s. Anm. 24). Bochner und LeWitt führen das Konzept zugleich als Grund- und Teilproblem ihrer Präsentationsweise ein, die visuelle Wahrnehmung mit Leseprozessen verbindet. Sich durchdringende Prozesse des `Sehens´ und `Lesens´ reichen bei Bochner und LeWitt von der Dechiffrierung der "Struktur" (Flynt, s.o.) visueller Sequenzen bis zu Text-Bild-Kombinationen. Die Erfassung einer Seriellen Struktur erfordert ein Wechselspiel aus Vor- und Rückschau, also einen in der Zeitdimension gliedernden Leseprozess im Bereich der visuellen Wahrnehmung. Mit der Einführung des Konzeptes in das Werk in Form von Diagrammen und Texten ergeben sich Text-Bild-Kombinationen, die ein `Lesen´ der Konzepte erlauben, die Informationen über die Zusammenhänge liefern, die das visuelle Gliedern der Ausführungen erleichtern: Es ergeben sich Korrespondenzen zwischen `Lesen´ und `Sehen-Lesen´.

Konzeptuelle Kunst lässt sich als Spektrum von sich durchdringenden Prozessen des `Sehens´ und `Lesens´ zu reflexiven Leseprozessen ausdifferenzieren: von `Sehen-Lesen´ (Bochner, LeWitt) über `Lesen´ (z. B.Wandpräsentation von Lawrence Weiners Werktexten) zur Thematisierung von Leseprozessen im `Lesen-Lesen´ (Burgin, Kosuth) und ihrer Reflexion im `Lesen-Lesen-Lesen´ (Reflexion der Reflexion oder "Reflexivität", Art & Language, s. Kap.II). 27

 

III.2 Verbale Notationen und Programmierung in Generative Art

Generative Kunst kann auf statische Ausgabemedien verzichten: Die Entfaltung des über Internet zugänglichen Programmcodes im Rechenprozess lässt sich beobachten.

Rob Myers greift 2003/2004 28 in "The Cybernetic Art Nobody Wrote" im Titel auf ein Werk des Art & Language-Mitgliedes Harold Hurrell zurück. Dessen 1969 gedrucktes Textwerk "The Cybernetic Art Work that Nobody broke" 29 präsentiert ein Regelwerk, das Funktionen einer Installation vorstellt. Durch die Eingabe der Werte "0" oder "1" in zwei Felder "A" und "B" ("type either 1 or 0 in both A and B") können Textausgaben ("type") gesteuert werden, die der Eingabe eine Farbe zuordnen oder die Anzeige der Unmöglichkeit einer Zuordnung ("you have nothing") mit dem Aufruf "obey instructions" verbinden. An Stelle einer reaktiven Lichtinstallation mit vier Farben tritt hier ein Text, der in Schritten die Funktion einer Texteingabe und die Art der Textausgabe angibt ("you have red/green/blue/yellow").

Die Vermutung liegt nahe, dass für Hurrell reaktive Lichtinstallationen zum Beispiel von Yaacov Agam, Hans Haacke, François Morellet und Bruce Nauman 30 lediglich Varianten eines Rechners mit Ein- und Ausgabefunktionen sind. 31 Hurrell zieht hier die Konsequenz aus seiner 1968 von der Art & Language Press publizierten Broschüre "Fluidic Device", die ein Foto einer Installation, in die zwei Gasflaschen integriert sind, präsentiert und die Funktion der Installation mit einem Diagramm erklärt: Ein Gas-Output wird erzeugt, der wegen geringem Druck nicht wahrnehmbar ist. Ein Computerausdruck listet die Schaltmöglichkeiten ("Logical Truth Tables"). 32 Während technologische Experimente zum Beispiel von Amy Goldin 1972 als für die Sinneswahrnehmung zu "simple" und als ästhetisch wie konzeptuell irrelevant kritisiert wurden 33, reduziert Hurrell den sinnlichen Aspekt in "Fluidic Device" auf `zwar vorhanden, aber nur als Funktion rekonstruierbar´ und konzentriert sich in "The Cybernetic Art Work that Nobody broke" auf die Beschreibbarkeit einer vergleichbaren Funktion in Algorithmen (s. Kap IV.2). Hurrell folgt Flynts Ansatz (s. Kap. III.1) und exponiert ein Regelwerk einer Klasse möglicher Installationen: Auf Aspekte der visuellen Wahrnehmung und des Ästhetischen wird zu Gunsten der Präsentation der Schaltfunktionen verzichtet.

Myers dagegen schlägt den entgegengesetzten Weg ein: Eine über "sourceforge" abladbare LISP-Version und eine installierte Netzversion in Flash generieren verbale Konzepte. Deren Beschreibungen liefern Rohentwürfe zum Erzeugen von Bildern mit Figuren auf Grund, die als Programmcodes oder Gemälde realisiert werden können. Die verbale Notation ist ein von Myers gewählter Umweg zur Erfindung visueller Strukturen. 34 Myers reißt in "The Cybernetic Art Nobody Wrote" mit der Relation zwischen seiner Hurrell-Referenz einerseits und der an LeWitt erinnernden Wiederaufnahme des verbal vorformulierten Bildkonzepts andererseits die Spannung erneut auf, die in Konzeptueller Kunst zwischen Theorie-Modellen einerseits und einer via Konzeptualisierung betriebenen Erneuerung abstrakter Kunst andererseits bestand. Myers entscheidet sich für Letztere und führt sie mit Traditionen der Computer Art – mit stochastischen Texten und "algorithmischer Ästhetik" 35 – zusammen.

Casey Reas zeigt 2004 in seinem Projekt {Software} Structures auf dem Artport-Portal zur Netzkunst des Whitney Museums of American Art 36, wie sich LeWitts verbale Konzepte für "Wall Drawings" als Anregungen einsetzen lassen, wenn visuelle Strukturen für Generative Kunst gesucht werden. Die mit der von Reas und Benjamin Frye auf JAVA aufbauenden Programmiersprache Processing, außerdem mit Flash MX und C++ geschriebenen Codes ergeben unterschiedlich schnell sich entwickelnde Monitorbilder. Allerdings wird hier – anders als in den Notationen in den oben vorgestellten Beispielen von Bochner und LeWitt – der Quellcode separat als Text präsentiert.

Reas stellt in einem Teil seines Projektes fünf – drei statische und zwei animierte – Processing-Übersetzungen von drei "Wall Drawings" LeWitts aus den siebziger und achtziger Jahren (1981) vor. Die Bögen und Kreise von Wall Drawing #106 sind in der generativen Umsetzung 37 durch Klicks veränderbar, als in einem Programmcode enthaltene und entfaltbare Serie möglicher Ausführungen auf statischen Trägern. Drei weitere Beispiele (#001, #002, #003) entwickelte Reas aus verbalen Konzepten, zu denen er sich von LeWitts Notationen für "Wall Drawings" anregen liess: Verbale Konzepte arbeitete Reas als erste Entwicklungsstufe aus, in der die Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Programmierung noch keine Rolle spielten. Auf das verbale Konzept folgten Ausführungskonzepte in verschiedenen Programmiersprachen: Das dritte Beispiel (#003) wurde von Reas, Robert Hodgin, William Ngan und Jared Tarbell mit Processing modifiziert. Die Processing-"Implementation" wurde mit C++ (Casey Reas) und Flash MX (Jared Tarbell) rekonstruiert.

Die Umsetzungen in verschiedene Programme und ihre Verfügbarkeit unter Netzbedingungen schufen Probleme, die von den beteiligten Künstlern auf Kommentarseiten erörtert wurden. So führt Flash MX, wenn mehrere Elemente simultan generiert werden sollen, zu erheblicher Verlangsamung der Generierung:

Programmcode mit hundert und mehr Elementen, die alle umfangreichere Rechenprozesse beanspruchen (z. B. Software Structure #003), läuft so langsam mit Flash, dass die Intention des Werkes zerstört wird.
Software with hundreds of elements all performing intense calculation (e.g. Software Structure #003) runs so poorly in Flash that the intent of the work is destroyed. 38

Lange Wartezeiten, bis sich erkennbar etwas geändert hat (z. B. Jared Tarbells Flash-Version von Structure #003A), gehören kaum zu den positiven Charakteristika digitaler generativer Kunst. Links führen deshalb zu Flash-Varianten mit weniger Elementen (Flash-Version von Structure #003A mit 20 Elementen). Die Versionen in C++ sind nur als abladbare und zu installierende Dateien verfügbar. Die mit großem Aufwand in C++ programmierten Elemente entfalten sich schneller als die Processing-Varianten.

In der Auffächerung von verbalem Konzept, offenem Quellcode in verschiedenen Programmiersprachen und Monitorpräsentation des Rechenprozesses führt "{Software} Structures" zu einer Modifikation der Funktion des Konzepts, wie sie Flynt in "Concept Art" vorstellt: Entwurfskonzept und maschinenlesbares Ausführungskonzept (beziehungsweise Programmcode) sind zwei Ebenen, auf denen sich ein Werk bewähren kann: Die "perception" wird in der Rückkoppelung an die (Struktur einer) "conception" interessanter. Durch die Präsentation der "conception" werden Entfaltungsprozesse weiterentwickelbar: Die Werke werden zu exemplarischen Vorführungen von Möglichkeiten, Programmcodes in Generativer Kunst anzuwenden.

 

IV Instruktion, Algorithmus und Code

IV.1 Psychogeographie und Instruktion

Guy Debord wies 1958 in der zweiten Ausgabe der "Situationistischen Internationale" («Internationale Situationniste») auf eine soziologische Untersuchung von Chombart de Lauwe 39, die Wege einer Pariser Studentin statistisch erfasste: Sie häuften sich zwischen Wohnung, Universität und Klavierlehrer. 40 Das Programm des "unitären Urbanismus" der "Lettristischen Internationale" («L´internationale lettriste», 1952-57) und der Situationisten (1957-72) sah die Aufhebung von "Trennungen wie Arbeit – kollektive Freizeit – Privatleben" mit dem Ziel einer "totalen Einheit der menschlichen Umwelt" vor. 41 Entfremdung durch enteignete Überflussproduktion sollte von einer "vollständigen Kommunikation" und "spielerischen Schöpfung" 42 abgelöst werden. Zufallsgesteuertes "Umherschweifen" («dérive») in Stadträumen und Protokolle dieser Ausflüge galten als erster Schritt, fremdbestimmte Stadterfahrung aufzugeben und sich via "Psychogeographie" "spielerischer Schöpfung" zu widmen. 43

George Brecht schlägt in "Direction" vor, auf Schilder zu achten, die eine Wegrichtung anzeigen, und sich zu entscheiden, diesen zu folgen oder nicht zu folgen. 1963 schrieb George Maciunas an Tomas Schmit, er soll viele Stellen in Nizza mit Reproduktionen einer gefundenen Druckgraphik, auf der eine Hand in eine Richtung zeigt, bekleben. 44 Bei genügender Dichte der Schilder wird eine psychogeographische Stadtwanderung möglich, die solchen Schildern mal folgt oder nicht folgt, und dafür auf andere Schilder stösst.

Guy Debord erwähnt 1955 Wanderungen im Harz auf Wegen, die mit einer Londoner Stadtkarte gefunden wurden. (s. Anm. 43) Diese Methode wird auch in zeitgenössischer Psychogeographie zum Beispiel von Social Fiction in Stadtwanderungen angewandt. Als Alternative dazu hat Wilfried Hou Je Bek, ein Mitglied von Social Fiction, 2001 in .walk eine generative Psychogeographie in Form einer algorithmisch strukturierten Anweisung geschrieben:

//Classic.walk
Repeat
{
1st street left
2nd street right
2nd street left
}

Die Zufallslenkung im realen Stadtraum erfolgt in .walk durch eine Reduktion der Funktion des Stadtplanes auf ein zu wiederholendes Basiselement.

Curt Cloninger entwirft 2005 in Psychocyberographic Memoirs > Let Four Fingers Do The Drifting (Rhizome, 30.7.2005) "Meta-Instruktionen" für die Ausführung von Anweisungen zum Surfen im Internet: Die Anweisung besteht lediglich aus einer Forderung, computergestützt oder manuell Navigationsregeln zu finden. Via "Psychocyberography" bewegen sich Beobachter ausschließlich im Datenraum. Aus dem detektivisch Datensuchenden wird der sich selbst Instruktionen für zufallsgelenktes Surfen gebende "Datendandy" 45, der flanierend Websites `passiert´.

Bei Cloninger sind das Schreiben der Anweisungen und das Befolgen dieser Anweisungen im Internet zwei Ausführungsschritte einer künstlerischen Anweisung. Brecht gab vor, es erstens so zu "arrangieren", dass Richtungen weisende Schilder beobachtbar sind, und zweitens sich zu entscheiden, ob die Richtungsweisung befolgt werden soll oder nicht. Brecht wie Cloninger zerlegen schon in der Anleitung die Ausführung in Phasen. Brechts "event card" ist nicht algorithmisch präzise, Cloninger provoziert zu Ausführungskonzepten, die so präzise sein sollten, dass Netznavigation möglich ist, und Social Fictions ".walk" wäre reizlos, wenn es nicht algorithmisch präzise wäre.


IV.2 Konzeptuelle Software Art

Der Begriff "Algorithmus" bezeichnet in Mathematik und Informatik eine Anweisung, die eine Aufgabe in einzelnen Schritten präzise und vollständig beschreibt. Der Informatiker Paul E. Black definiert Algorithmus als "eine Anzahl von Rechenschritten, die zum gewünschten Ergebnis führt": "A computable set of steps to achieve a desired result." 46 Die psychogeographischen Beispiele für wiederholbare (Cloninger, s. Kap. IV.1) und zu wiederholende (Social Fictions ".walk", s. Kap.IV.1) Instruktionen zeigen, dass Anweisungen auch algorithmisch gegliedert sind, um ergebnisoffen sein zu können. Ein Algorithmus ist also eine präzise schrittweise Gliederung einer wiederholbaren Anweisung, wobei sein Ziel im künstlerischen Kontext nicht so eindeutig vorbestimmt ist, wie es naturwissenschaftliche Definitionen festlegen.

Das Kriterium der Vollständigkeit der Anweisung schließt die oben vorgestellten Werke mit inkludierten Konzepten von Bochner und LeWitts "Locations of Geometric Figures" mit eingeschriebenen Werktexten (s. Kap. III.1) von der Klassifikation als algorithmisch gegliederte Notation aus, da beide Künstler einen Teil der Ausführungsregeln nicht explizieren. LeWitts Werktexte für "Locations" sind präzise schrittweise Beschreibungen zur Plazierung von Punkten, Linien und geometrischen Figuren, also algorithmisch abzüglich der Einschreibung des Werktextes in dessen Ausführung.

Zur Anweisung ohne und mit algorithmischer Gliederung kommt mit den folgenden Beispielen für konzeptuelle Software Art die Präsentation des Algorithmus in Programmiersprachen hinzu.

Sich selbst beschreibende und sich selbst dokumentierende 47 beziehungsweise sich selbst replizierende Codes, sogenannte Quines 48, sind Modelle zur Funktion von Programmiersprachen und als solche konzeptuelle Gegenstücke zu Algorithmischer Ästhetik: Es werden nicht Regeln zur Erzeugung von visuellen Effekten in Ausgabemedien nach ästhetischen Kriterien (Galanter), sondern Reflexionsmodelle erstellt, die ein Vergnügen an der Art provozieren können, wie sie Probleme des Konstruierens von Programmcodes an Hand von Selbstdokumentationen vorführen.

Joseph Kosuths Neontext Self-Described and Self-Defined (1965) benennt einen Grundzug modernen Denkens. Auf eine selbst bezügliche und sich selbst bestimmende Moderne beriefen sich Kunstkritiker des "formal criticism" oder "modernism" wie Clement Greenberg und Michael Fried, die Kosuth 1969 im ersten Teil von "Art after Philosophy" angriff, um von deren Plädoyers für visuell-formale Selbstbezüglichkeit den propositionalen Charakter von Konzeptueller Kunst abzusetzen. Während Kosuths "Self-Described and Self-Defined" Selbstbezug und Selbstbestimmung nur akklamiert, ohne selbstbezügliche referentielle Zeichenfunktionen in der Relation von Text und Präsentationsform vorzuführen, wie er das in anderen Neon- und Glasarbeiten seit 1965 zeigt 49, führen sich selbst dokumentierende Codes im Output den Code vor, der zum Output führt(e): Sie sind in der Selbstreplikation ausführend-selbstdokumentierend. Craig S. Kaplan schrieb um 1994 über die Probleme, die sich beim Konstruieren von sich selbst dokumentierenden Programmen stellen, da sie nicht in einem infiniten Regress von "print"-Befehlen, den vorangegangenen "print"-Befehl auszugeben, münden sollen (Kaplan, s. Anm. 47, chap.4):

Es muss das Programm und seine Beschreibung enthalten. Es muss seinen Gebrauch und seine Bezeichnung enthalten. Es muss einen geschlossenen, selbstbezüglichen Kreislauf bilden. Deshalb kann man nie einfach beginnen, solch ein Programm zu schreiben [um es "top down" auszuarbeiten]. Man muss das ganze Programm in einem Schritt entwerfen.
It has to be the program and the description of the program. It has to be the use and the mention. It has to form a closed loop on itself. In this sense, you could never just start writing such a program. You would have to compose the entire program at once in a conceptual leap. (Kaplan, s. Anm. 47, chap.3)

Alex McLeans forkbomb.pl (2001) führt in einem Perl-Script die Relation Programmcode – Rechner exemplarisch vor. Der Beobachter startet "forkbomb.pl" über eine Kommandozeile, gibt dabei einen Wert für die Stärke der Bombe ein und sieht im Monitor Folgen der Ziffern "0" und "I" ("print"), die hier verschiedene Phasen des eine "while"-Konstruktion durchspielenden Rechenprozesses anzeigen. Die "fork"-Emulation klont den aktuellen Perl Interpreter und führt ihn in einem eigenen Thread aus. Die "while"-Schleife mit "fork"-Emulationen bearbeitet der Rechner, bis die Systemressourcen durch Wiederholungen gleicher Vorgänge erschöpft sind. 50

Der Code dient keinem anderen Zweck, als sich selbst die Rechenbedingungen, unter denen er läuft, abzugraben; es wird gerechnet, um nicht mehr zu rechnen. Dies ist eine negative Form des Verweises von Rechenprozessen auf Rechenprozesse. Die Relation zwischen Code und Rechner wird zwar mit negativem Resultat, aber gerade deshalb modellhaft vorgestellt.

"Forkbomb" ist als auf seine möglichen Rechnerfunktionen hin lesbarer Text dauerhaft nur Perl-extern präsentierbar.

Die verschiedenen Forkbomb-Versionen von Vorläufern im Hacker-Kontext seit Mitte der neunziger Jahre 51 sowie von Denis "Jaromil" Rojo (für UNIX-Systeme) und von Radim Kolar (für Linux, runme) zeigen Modellfälle für die Ausschöpfung von Systemresourcen, die wiederum als Modellfälle für das Funktionieren der Relation Code – Rechner verstanden werden können. Die Affirmation sich selbst dokumentierender Programmcodes ist von einer Negation abgelöst worden, die auf die vorauszusetzende Affirmation verweist: Ohne Start von Rechenprozessen und ohne Wiederholungen ist das Erschöpfen von Systemressourcen nicht möglich.

Den Code des Virus biennale.py verbreiteten epidemiC und 0100101110101101.org 2001 während der 49. Biennale di Venezia im Slowenischen Pavillon auf Postkarten, auf T-Shirts für 15 $ und auf 10 silbernen CD-ROMs als limitierte Sammlerausgabe für 1500 $. Der Virus kann sich nur auf Rechnern ausbreiten, auf denen Python funktionsfähig installiert ist, also findet er im normalen PC-Umfeld keine Aktionsumgebung. Ein Rechner im Slowenischen Pavillon führte den Virus vor, doch konnte das Manual vom Ausstellungspublikum nicht bedient werden. 52

Der Virus weist seine Urheber aus und bezeichnet sich selbst als ersten Virus für Python. Findet der Virus Python-Dateien (.py und .pyw), dann kopiert er sich selbst in sie (mit Ausnahme der Dateien in "/dev" und "/proc"-Ordnern) und zeigt sich selbst an ("print"). Dieser harmlose Schaden ist nach epidemiCs Anweisung mit Löschungen des Virus-Code aus den befallenen Python-Dateien behebbar. Anti-Viren-Software-Hersteller wurden über "biennale.py" informiert. Biennale.py kann die Selbstreplikation von Codes als auch gutmütige Virenfunktion vorführen, die Programmiermöglichkeiten enthält: Das ist die Absicht von epidemiC.

Die Reproduktion im Kunstbetrieb als limitierte CD-ROM-Edition dient der Aufmerksamkeitslenkung. Die Edition zeigt auch die verschiedenen Distributionsbedingungen im Ausstellungs- und Computerkontext: Kosten erhöhende Limitierung der CD-ROM demonstrieren, dass im Kunstbetrieb die Seltenheit der Träger wichtig ist, kaum aber Konzepte oder Codes. Das Problem ist im Kunsthandel seit Jahrzehnten bekannt: Auch wenn Werktexte zum Beispiel von Sol LeWitt und Lawrence Weiner publiziert sind, sind Zertifikate und weitere als singulär oder als limitiert gekennzeichnete Träger der Werktexte sowie Ausführungen von Künstlern (die realisiert sind oder von Künstlern im Auftrag des Käufers realisiert werden sollen) im Kunsthandel begehrt. 0100101110101101.org kann mit der Reinszenierung der (im Kunsthandel angewandten) Stilisierung von transportablen Objekten zum Warenfetisch nur den Gegensatz zur digital möglichen Selbstvermehrung des Virencode hervorheben: Die CD-ROM ist ein rares Kaufobjekt, verweist aber auf einen medialen Kontext, in dem kostenlose Vervielfältigung kein Ausnahmezustand ist. Beide Kontexte, der Kunstbetrieb und Netzwerke, erhellen sich in der Biennale-Virenexposition gegenseitig.

Die drei hier vorgestellten Beispiele für konzeptuelle Software Art arbeiten mit unterschiedlichen Arten der Selbstreplikation.

V Code als Medium

V.1 Conceptual Performance

"Conceptual Performance" der sechziger und siebziger Jahre wird in Anweisungen und Programmcodes thematisierender aktueller Kunst durch folgende Entwicklungen erneuert:

 

  1. vom Werktext zum Programmcode als Textpräsentation (s. Kap. IV.2);
  2. vom verbalen Konzept als Realisationsanleitung zum verbalen Entwurf für Umsetzungen in Programmiersprachen (s. Kap. III.2);
  3. vom Konzept als Aktionsanleitung zur strategischen Anleitung für Aktionen im Datenraum (s. Kap. IV.1);
  4. von im Kunstkontext exponierten Modellen für die Kritik des Kunstbetriebes und Index-Systemen von Art & Language für die Selbstdokumentation der (Theorien der) "theoretischen Praxis" 53 (s. Kap.II) zu Open Content-Plattformen mit Diskussionen, Texten und aktivistischen Tools für juristisch und ökonomisch motivierte Kritik bestehender Netz- und Softwarebedingungen (Sourceforge, OPUS Creative Commons, EFF, RTMark, Creative Commons, Copyleft Attitude, Illegal Art, ODEM).

Performance wird hier als Vorführung verstanden, die ihre Charakteristika nicht nur dem Vorgeführten hinzufügt, sondern durch ihre medialen Bedingungen (inklusive Distribution und Rezeption) bestimmte Beobachtungsweisen ermöglicht.

Konzeptuell ist der Rückbezug von Vorgeführtem auf die (Bedingungen der) Vorführungsweise, während Lucy Lippard, Jack Chandler und Jack Burnham 1968 bis 1973 die Entkoppelung von Vorgeführtem und Vorführungsweisen als Paradigma des Konzeptuellen auswiesen 54: Im Kunstkontext der sechziger und siebziger Jahre erschienen künstlerische Strategien, die mit Notationen arbeiteten, als Bruch der künstlerischen Arbeit nicht nur mit Kunstgattungen, sondern auch als Bruch mit Träger und Medium, statt die technischen und medialen Bedingungen des Entwurfs, der Präsentation und der Distribution dieser Notationen zu untersuchen. Die Fluxusnotationen (s. Kap. I.2) belegen die Abhängigkeit der Werktexte von Trägern und Verbreitungsmöglichkeiten (per Brief, als Auflagenobjekt, als Buchdruck). Wenn heute die Performativität von Programmcodes diskutiert wird (s. Kap. V.2), dann werden mediale Zusammenhänge nicht mehr für die Akklamation eines neuen Trends der "Bewußtseinskunst" ausgeklammert oder als sekundär degradiert. 55

Terry Atkinson kritisierte in einem Brief an Lippard und Chandler deren im Februar 1968 publizierten Artikel "The Dematerialization of Art". Nach Atkinson steht nicht die Entkoppelung von Mitteilungsweise und Mitteilung, sondern die Verschiebung von `Sehen´ zu `Lesen´ im Vordergrund aktueller Kunstproduktion vor allem von Art & Language, deren Mitglied er damals war: "...the idea is `read about´ rather than `looked at´." 56 Die oben (Kap. III.1) vorgestellte Ausdifferenzierung vom `Sehen-Lesen´ in Seriell-Konzeptueller Kunst bis zum Lesen dritter Ordnung (`Lesen-Lesen-Lesen´) in "meta-art" (s. Kap.II) folgt Atkinson, nicht Lippard/Chandler.

Als Medien sind heute alle Performanz beeinflussenden Bedingungen, ob immateriell oder materiell, zu verstehen – unabhängig davon, ob deren Träger als immateriell oder materiell eingestuft werden. Dematerialisierung, konsequent als Demedialisierung zu bezeichnen, ist nicht nur auf Software Art nicht zutreffend, sondern war nie eine ernst zu nehmende These. Dematerialisierung ist ein methodisches, kein historisches Problem: Die von Florian Cramer in der fünften seiner zehn Thesen formulierte Unterscheidung zwischen einer dematerialisierenden Konzeptuellen Kunst und einer Kunst, deren Material Software ist, sollte als Gedankenexperiment gewertet werden. Cramer nimmt die Kunstkritik der sechziger und siebziger Jahre leider in seiner Versuchsanordnung da als Hintergrund zur Differenzierung für aktuelle Probleme ernst, wo deren Autoren zeitbedingte Probleme, sich auf die Provokation von Konzeptueller Kunst einzulassen, formulieren. 57 Dematerialisierung als Begriff für die Aufgabe der klassischen Atelier-Arbeit des Künstlers als Maler oder Bildhauer hat bei Künstlern wie Atkinson, die Atelierarbeit durch Textarbeit ersetzten, keine Zustimmung gefunden.

V.2 Algorithmische Zeichen

Mit John Langshaw Austins Sprechakttheorie, die er in Vorlesungen 1955 an der Harvard University vortrug, interpretiert Inke Arns Programmcode als "illokutionär". 58 "Illokutionäre Akte" führen im Vollzug zu bestimmten Wirkungen, während "perlokutionäre Akte" einen zeitlichen Aufschub zwischen Vollzug des Sprechaktes 59 und seinen Folgen aufweisen 60:

Programmcode zeichnet sich dadurch aus, dass in ihm Sagen und Tun zusammenfallen, Code als handlungsmächtiger »illokutionärer« Sprechakt also keine Beschreibung oder Repräsentation von etwas ist, sondern direkt affiziert, in Bewegung setzt, Effekte zeitigt.
Program code is characterised by the fact that here `saying´ coincides with `doing´. Code as an effective speech act is not a description or a representation of something, but, on the contrary, it directly affects, and literally sets in motion - or it even `kills´ a process. 61

Einerseits stellt Arns Programmcode als maschinenextern lesbar im Hinblick auf sein "Ziel", die eventuell später folgende maschinelle Umsetzung, vor. Andererseits charakterisiert sie Code nicht als "perlokutionär", sondern als "illokutionär". Die Situation, in der sich der Programmcode in Rechenprozessen `entfaltet´, wird zum exklusiven Modellfall, obwohl die maschinenexterne Lesbarkeit eine wichtige Rolle spielt. Also müssten im Theoriedesign von Arns rechnerex- und -interne Charakteristika von Programmcode als Kombination von "per-" und "illokutionären" Eigenschaften beschrieben werden.

Die Analogie von Sprechakt-Charakteristika mit maschinenlesbarem Code befriedigt nur als Hilfskonstruktion, da die Teile, die aus der Sprechakttheorie herausgebrochen werden, im digitalen Kontext reformuliert werden müssen. 62

Frieder Nakes Vorstellung von "algorithmischen Zeichen" 63 als für Rechenprozesse geschaffene Zeichen kann hier weiterführen: Der Begriff charakterisiert

 

  • erstens den Unterschied zwischen Zeichen in symbolischer Interaktion (Kommunikation, Diskurs) und in Programmcodes zur Steuerung von Rechenprozessen, und
  • zweitens, dass Beobachter mit diesem Unterschied bei der Vorbereitung für die Steuerung, bei der Beobachtung von Rechenprozessen und im Umgang mit dem Rechenresultat operieren:

Software ist einerseits Text, andererseits Maschine. Sie ist Maschine nur als Text, als Text also, der wirken kann, als wäre er selbst Maschine...Software...ist Text als Maschine also, die gelesen werden kann, als wäre sie Schrift...Software weist Merkmale von Maschinen auf und weist sie nicht auf. Nur in Funktion weist sie sie auf; in Ruhe ist sie beschreibender Text...Software ist naturgemäß weder das eine (Text) noch das andere (Maschinen). 64

Mit dem Begriff des Computers als "semiotische Maschine" (und nur als das und nichts anderes) charakterisieren Peter Brödner, Kai Seim und Gerhard Wohland 65, was Computer als Maschinen verarbeiten – Zeichen und nicht Materialien – sowie wofür diese Zeichen mit Kennzeichen, Produkte von Maschinen zu sein, in der Kommunikation stehen: für maschinell vorbereitbare Abschnitte in semiotischen Prozessen, die wiederum in umfangreichere Prozesse integriert sein können. Die Bestimmung von Software als "sowohl Ingenieurprodukt wie Zeichenarrangement" 66 und die Ausdifferenzierung der zu "algorithmischen Zeichen" führenden "reduzierenden Transformationen" (Nake, s. Kap. V.3) nach Kriterien der "Semiotisierung", "Formalisierung" und "Algorithmisierung" 67 führt meines Erachtens weiter als die Anwendung von Begriffen der Sprechakttheorie auch dort, wo keine Sprechakte vorliegen.

Vor dem Hintergrund der Funktion des Computers als "semiotische Maschine" und den üblichen Funktionen von Software fällt bei Software Art auf, dass sie die Aufmerksamkeit auf den Programmcode selbst lenkt. Durch diese Aufmerksamkeitslenkung wird Code als menschenlesbarer Text und Rechnersteuerung, als Konfiguration "algorithmischer Zeichen" und als eigenes Medium 68 (mit dem Kontext Selbstreplikation) relevant.


V.3 Digitalisch - Digital

Nelson Goodman erörtert in "Languages of Art" 69 analoge und digitale Schemata und Systeme. Günter Abel bezieht sich in "Sprache, Zeichen, Interpretation" auf Goodmans Unterscheidung, indem er von "analogischen und digitalischen Zeichen" spricht und diese Begriffe in seiner "Beschreibung des Perzeptions- und Kognitionsbereichs" einsetzt. 70 Im folgenden Zusammenhang ermöglicht Abels Ausdifferenzierung in "analogische und ...digitalische Einbildungs/Imaginationskraft" 71 eine Absetzung des kognitiven Spiels mit Differenzen zwischen analogisch-zeigenden und digitalisch-sagenden Zeichen 72 vom Technisch-Digitalen.

Donald Kuspit versucht in "The Matrix of Sensations" 73 die Geschichte der künstlerischen Moderne seit dem Impressionismus als digitale Eigenschaften nicht nur antizipierende, sondern schon vorweisende Avantgarde umzuschreiben, wobei er seine Verwechslung von Digitalem mit Digitalischem zum kunsttheoretischen System zu erheben versucht: Hinter, neben oder statt dem Spiel der Präsentationsformen zwischen Analogischem und Digitalischem erscheint die von Kuspit ausgeklammerte Notation mit "algorithmischen Zeichen".

Mel Bochner kombiniert in "36 Photographs and 12 Diagrams" (s. Kap. III.1) das Analogisch-Zeigende der Fotos mit dem Digitalisch-Sagenden der Diagramme, nicht ohne das Analogische im Kontext des Digitalischen anderen Möglichkeiten des `Sehen-Lesens´ zuzuführen. Auf Bochners Wechselspiel zwischen Diagrammatisch-Digitalischem und Analogisch-Zeigendem verzichtet Sol LeWitt in seinen Werktexten für "Locations of [Points, Lines and Geometric Figures]" (1973-76, s. Kap. III.1), die ein präzises Beschreibungssystem enthalten, mit dem die Konzepte auf Trägern jeden Formats ausführbar sind: Das digitalische Konzept antizipiert, wenn es neben der Präsentation, die aus den Regeln des Werktextes generiert wurde, erscheint, die aktuelle Generative Kunst. Generative Kunst offeriert ein analogisch-digitalisches Spektrum der beobachtbaren Entfaltung 74 und paralell dazu eine digitalisch-textuelle Präsentation des Programmcodes, die zeitgleich oder zeitlich versetzt zur Entfaltung (Präsentation des Programmcode und Generierung `nebeneinander´) gelesen werden kann.

Konzeptuelle Software Art betont in der Exposition des Programmcode als menschen- und maschinenlesbarer Text den Doppelcharakter der "algorithmischer Zeichen" (s. Kap. V.2) als Digitalischen und Technisch-Digitalen. Dass im Digitalisch-Textuellen auf das Technisch-Digitale ohne weitere Präsentationsebene als die der Textausgabe verwiesen wird, ist das Konzeptuelle: In der kleinsten Differenz zwischen Start rechnerinterner Funktionen und rechnerexterner Lesbarkeit, zwischen Programmcode in Aktion und seiner Präsentation als Text, werden zugleich "algorithmische Zeichen" exemplarisch vorgeführt. "Algorithmische Zeichen" erscheinen in Konzeptueller Software Art – in Nakes Terminologie – als Konzentration eines "intentionalen Interpretanten" (bzw. Beobachters) auf die "reduzierenden Transformationen", die der "kausale Interpretant" (beziehungsweise der Rechner und die Abfolge Programmcode-Eingabe-Rechenprozess-Ausgabe) einfordert. 75

Der digitale Kontext, den die oben vorgestellten Beispiele konzeptueller Software Art (s. Kap. IV.2) durch Modellfälle thematisieren, wird in seinem Eigenleben zugleich angewandt und exemplarisch vorgeführt: Exposition ohne Transposition. Die Transposition des Ready-Made vom Alltagsgebrauch ins Museum wird in Konzeptueller Kunst von der konzeptuell-reflexiven Selbsteinbettung in den vorzuführenden Kontext abgelöst. Als Konzeptuelle Kunst sich selbst als Kontext Kunst vorstellte und Art & Language die <Selbsteinbettung> in die "Institution Kunst" thematisierte, war "Musealisierung" schon ein Alltagsphänomen 76: Der Exposition der Ware in der Ladenpassage und ihren Schaufenstern 77 kann die Exposition von Objekten der Konsumwelt im Museum nur noch als Double antworten. Dieser von Louise Lawler, Ange Leccia, Jeff Koons, Allan McCollum und Haim Steinbach zu ausgiebig gewürdigten Totalität des Spektakels in Konsumwelt und Museen setzten Konzeptuelle Künstler bereits Entwürfe von Interaktionsbereiche einfordernden Informationssystemen entgegen. 78 Sie nahmen darin die Folgen der Kombination von Telekommunikation und Digitalrechner im Internet vorweg, das zum Anwendungsbereich von Software für offene Databases/Plattformen wurde: Die Interaktion bzw. das Dialogische muss nicht mehr – wie noch von Art & Language (zum Beispiel als Fortsetzung des Art & Language-internen Diskurses) – über die Positionierung des Lesers zwischen Textteilen in Informationssystemen 79 eingefordert werden, sondern wird praktiziert, weil sie technisch möglich geworden ist.

Die Beobachtungsoperationen thematisierenden Beispiele Konzeptueller Kunst von Burgin und Kosuth (s. Kap. I.3) provozieren Leser zum eigenständigen mentalen Vollzug gerade durch die vorgegebene schrittweise Führung: Die Engführung durch die Gliederung in Anweisungsschritte und die Abstraktion von spezifischen Bezügen versucht Leser zu mentaler Offenheit für verschiedene Umgebungen, Gedanken und Erinnerungen zu führen, indem sie dazu aufgefordert werden, selbst Kontextreferenzen an situativ Gegebenes und Erinnertes herzustellen. Diese autopoietische Gewinnung von kontextueller Offenheit durch die Schließung via Ausdifferenzierung in Ebenen, die Komplexität durch Abstraktion reduzierende Ebenen wird in Software Art nicht aufgenommen: Die Orientierung am Technisch-Digitalen, am "kausalen Interpretanten", führt von der Autopoiesis kognitiver Prozesse weg zu Problemen in digitalen Kontexten: Die "Differenz von Identität und Differenz" und die so erklärte "Interpenetration" von "System und Umwelt" (beziehungsweise Konzept und Kontext), in der sich das System im "re-entry" des bislang Ausgeschlossenen ausdifferenziert 80, ersetzt die Replikation des Gleichen als Basisverfahren, das zum Anlass interessanter Programmcodes wird und das in digitalen Umwelten Überraschendes und Irritierendes bewirken kann.

In ".walk" wirkt die algorithmische Engführung als Zufallsgenerator: Sie ist technisches Mittel für "experimentelles Umherschweifen" 81, das Beobachtungsoperationen anregt, aber nicht führt oder begrenzt, wie dies Burgins und Kosuths Kognition provozierende Instruktionsketten tun. Von einer häufig autopoietisch ausgerichteten "Weltbeobachtung" in Konzeptueller Kunst 82 zur an "algorithmischen Zeichen" orientierten "Medienbeobachtung" 83 als Innenbrechung im angewandten digitalen (Trans-)Medium führt die Passage von Konzeptueller Kunst zur Software Art.

Zurück zum Ausgangspunkt: Die "drei reduzierenden Transformationen", die nach Nake "aus der Welt zur Software" führen, gibt die Geschichte der Entwicklung von Kunstgattungen zu Notationen und Programmcodes wieder:

 

  • Die verbalen Instruktionen thematisieren die "semantische Transformation",
  • die Instruktionen mit algorithmischer Gliederung die "syntaktische Transformation" als "Formalisierung" mit algorithmischen Antizipationen,
  • die maschinenlesbaren Notationen in Programmcode die "algorithmische Transformation" (s. Anm. 75).

Notationen verhelfen also zu den semantischen und syntaktischen "reduzierenden Transformationen", die Notationen mit "algorithmische Transformationen" (wie Hurrell in "The Cybernetic Art Work that Nobody broke", s. Kap. III.2) fortsetzen und damit die Exposition von Programmcode in konzeptueller Software Art vorbereiten. Die Geschichte der Notation in Intermedia Art lässt sich als Vorgeschichte der Software Art schreiben – und umgekehrt: Software Art erscheint als Fortführung von nichtdigitalen "reduzierenden Transformationen". 84



Dr. Thomas Dreher
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Homepage mit zahlreichen kunstkritischen Texten, u.a. zur Konzeptuellen Kunst und Intermedia Art.

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Anmerkungen

1 Konzept 1920, in: Tzara, Tristan: Dada manifeste sur l'amour faible et l'amour amer, Kap. VIII. In: La Vie des Lettres. Nr.4/1921. Neu in: Ders.: Oeuvres complètes, Vol.I. Paris 1975, S.382. Auf deutsch in: Tzara, Tristan: Sieben Dada Manifeste. Hamburg 4. Auflage 1998, S.90ff. (Siehe Seite 3 in der Bildstrecke, die auch alle folgenden Abbildungen enthält: ppt mit 9 MB und pdf mit 11 MB). zurück

2 Begriffe wie Autor, Beobachter, Künstler u. a. stehen auch für die femininen Formen Autorin, Beobachterin, Künstlerin u. a. Dies geschieht aus praktischen Gründen, weil Alternativen wie "der/die AutorIn" Sätze besonders dann unlesbar machen, wenn die maskulin/feminin-Varianten mehrfach in einem Satz durchgespielt werden müssen. zurück

3 Beobachtungsoperationen: Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main 1997, S.537ff. zurück

4 Hultén, K.G. Pontus: The machine as seen at the end of the mechanical age. Kat. Ausst. The Museum of Modern Art. New York 1968, S.153; Mileaf, Janine: Between you and me: Man Ray´s Object to Be Destroyed – Cover Story. In: Art Journal. Spring 2004. URL: http://www.findarticles.com/p/articles/mi_m0425/is_1_63/ai_114632847/print (13.11.2005).
In der surrealistischen Sondernummer der Zeitschrift "This Quarter" (Vol.5/No.1, September 1932, S.55) wurde der Text unter der Abbildung der Zeichnung abgedruckt. zurück

5 Young, La Monte, im Gespräch mit Barbara Haskell, 7.7.1983. In: Haskell, Barbara/Hanhardt, John G.: Blam! The Explosion of Pop, Minimalism and Performance 1958-1964. Kat. Ausst. Whitney Museum of American Art. New York 1984, S.53 mit Anm.89. Vgl. Nyman, Michael: Experimental Music. Cage and Beyond. London 1974/2. Auflage 1999, S.74f.,83. zurück

6 Cage, John/Neuhaus, Max: Fontana Mix. In: O´Doherty, Brian (Hg.): The Minimalism Issue. Aspen No.5-6. Aspen/Colorado 1967. URL: http://www.ubu.com/aspen/aspen5and6/fontana.html (13.11.2005). zurück

7 Hendricks, Jon: Fluxus Codex. The Gilbert and Lila Silverman Fluxus Collection, Detroit, Michigan. New York 1988, S.193.
Brecht, George: Word Event, Spring 1961. Event Card. In: Brecht, George: Water Yam. Fluxus Edition, ab 1963 (Conzen, Ina: Art Games. Die Schachteln der Fluxuskünstler. Sohm Dossier 1. Staatsgalerie Stuttgart 1997, S.22ff.,47,51f., Nr.19-29). Vgl. Robinson, Julia/Fischer, Alfred M.: George Brecht. Events. Eine Heterospektive/A Heterospective. Kat. Ausst. Museum Ludwig. Köln 2005, S.66-69,88,333, Kat.Nr.31f. zurück

8 o.A.: Fluxfest Sale. Fluxfest Information, Fluxfests, New York 1966. In: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, S.124, Abb.15 (vgl. S.123,126f. über "Word Event", s. Anm.7); Sohm, Hanns: Happening & Fluxus. Materialien. Kat. Ausst. Kölnischer Kunstverein. Köln 1970, o. P. zurück

9 Dreher, Thomas: Performance Art, s. Anm.8, S.120 mit Anm.221; Haskell, Barbara/Hanhardt, John G.: Blam, s. Anm.5, S.55, Fig.57; MacLow, Jackson/Young, La Monte (Hg.): An Anthology...New York 1963/2. Auflage 1970, o. P. zurück

10 Cage, John: 45 Min. konzertierte Aktion/Theatre Piece No.1, 1952. In: Dreher, Thomas: Performance Art, s. Anm.8, S.57f. mit Anm.100 (mit ausführlichen Lit.angaben); Duberman, Martin: Black Mountain. An Exploration in Community. New York 1973, S.370-379; Nyman, Michael: Experimental Music, s. Anm.5, S.25,72. zurück

11 George Maciunas: Diagram of Historical Development of Fluxus and Other...Art Forms (incomplete), Offset, 2 Papierblätter, 1973. In: Schmidt-Burkhardt, Astrit: Maciunas´ Learning Machines. From Art History to a Chronology of Fluxus. Kat. Ausst. Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin 2003, S.123. zurück

12 "Conceptual Peformance": Dreher, Thomas: Performance Art, s. Anm.8, S.252ff. mit Anm.465. zurück

13 Kosuth, Joseph: Art Investigations & <Problematics> since 1965. Kat. Ausst. Kunstmuseum Luzern 1973, Bd.3, S.63-73; Shanken, Ed: Art in the Information Age: Technology and Conceptual Art. In: Leonardo. Vol.35/No.4. San Francisco 2002, S.435. URL: http://mitpress2.mit.edu/e-journals/Leonardo/isast/articles/shanken.pdf (14.11.2005). zurück

14 Burgin, Victor: Work and Commentary. London 1973, o. P. (z. B. "All Criteria", 1970). zurück

15 Dreher, Thomas: Performance Art, s. Anm.8, S.26ff., 407-448. zurück

16 "Ausführung" schliesst die Wahl von vorhandenen Objekten und Prozessen ein. zurück

17 Dreher, Thomas: Kontextreflexive Kunst im Kunstkontext.
Plurifunktionale und mehrschichtige Bild- und Diskursmodelle. In: Institut für soziale Gegenwartsfragen, Freiburg i. Br./Kunstraum Wien (Hg.): Art & Language & Luhmann. Wien 1997, Kap. Status Kunst, S.44-48. URL: http://dreher.netzliteratur.net/3_Konzeptkunst_Art_Lang.html. zurück

18 Dreher, Thomas: Blurting in A & L: Art & Language und Kontextinvestigation. Kap. II.1. In: Art & Language: Blurting In A & L online. URL: http://blurting-in.zkm.de/d/invest_context 14.11.2005). zurück

19 Flynt, Henry: Essay: Concept Art. In: MacLow, Jackson/Young, La Monte (Hg.): An Anthology, s. Anm.9, o. P. Neu in: URL: http://www.henryflynt.org/ aesthetics/conart.html (14.11.2005). zurück

20 Bochner, Mel: Thought Made Visible 1966-1973. Kat. Ausst. Yale University Art Gallery. New Haven 1995, S.14,117f. Vgl. Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England zwischen 1963 und 1976. Frankfurt am Main u.a. 1992, S.72f. zurück

21 LeWitt, Sol: Serial Project #1. In: Aspen No.5-6. Aspen/Colorado 1966, Section 17 (Broschüre mit 16 Seiten). Neu in: URL: http://www.ubu.com/aspen/aspen5and6/serialProject.html (14.11.2005). zurück

22 LeWitt, Sol: Drawing Series 1968 (Fours). In: Studio International. April 1969, S.189. zurück

23 LeWitt, Sol: Drawing Series I, II, III, IIII, “simple“ Version. In: Siegelaub, Seth/Wendler, Jack (Hg.): Xerox Book. New York 1968, o. P. (Beitrag mit 25 kopierten Seiten); LeWitt, Sol: Drawing Series I, II, III, IIII A & B (1970). Galleria Sperone/Galerie Konrad Fischer, Turin 1974 (224 Seiten). zurück

24 LeWitt, Sol: Paragraphs on Conceptual Art. In: Artforum. Vol.5/No.10, Special Issue. June 1967, S.80. Neu in: URL: http://www.ic.sunysb.edu/ Stu/kswenson/lewitt.htm (14.11.2005). zurück

25 Erste "Location of line(s)" im Werkverzeichnis der "Wall Drawings": Wall Drawing #154: "A horizontal line of the left side toward the middle of the right side". Rote und schwarze Kreide. Erste Ausführung: Sol LeWitt, Nicholas Logsdail. The Museum of Modern Art. Oxford, April 1973. In: LeWitt, Sol: Wall Drawings 1968-1984. Stedelijk Museum Amsterdam. Amsterdam 1984, S.72,171. zurück

26 Erste "Location of Lines" im Werkverzeichnis der "Wall Drawings" mit in die Ausführung integrierten Werktexten (so weit an Hand der Abbildungen feststellbar): Wall Drawing #224: The location of eight points on the wall. Erste Ausführung: Sol LeWitt, B. Merz. Incontri Internationale d´Arte. Rom, November 1973. In: LeWitt, Sol: Wall Drawings 1968-1984, s. Anm.25, S.79,84,178f.
Erste "Location of Geometric Figures" im Werkverzeichnis der "Wall Drawings" mit in die Ausführung integrierten Werktexten: Wall Drawing #274: Location of Six Geometric Figures. Figuren: schwarze Kreide, Beschreibungen: schwarzer Stift. Erste Ausführung: Steingrim Laursen, Sol LeWitt. Gentofte Kunstbibliothek Kopenhagen. September 1975. In: LeWitt, Sol: Wall Drawings 1968-1984, s. Anm.25, S.80,96,186. zurück

27 Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst, s. Anm.20, S.127-140. zurück

28 2003: Flash-Version, URL: http://www.robmyers.org/art/cybernetic/index.html (15.11.2005) (Zur Generierung von verbalen Notationen: auf kleingeschriebenen Text klicken); 2004: ANSI Common LISP-Version, GNU GPL. In: rob-art. Download von URL: http://sourceforge.net/project/showfiles.php?group_id=108602 (15.11.2005). zurück

29 Harrison, Charles: Essays on Art & Language. Oxford 1991, S.58, Pl.39; Shanken, Ed: Art in the Information Age, s. Anm.13, S.437. zurück

30 Agam, Yaakov: Que la lumière suit, mit lautempfindlichen Sensoren und reagierender Birne, 1967. In: Popper, Frank (Hg.): Electra. Kat. Ausst. Musée d´Art Moderne de la Ville de Paris 1984, S.65; Popper, Frank: Künstlerische Bilder und die Technowissenschaft. In: Kunstforum. Nr.97. November/Dezember 1988, S.98; Wedewer, Rolf (Hg.): Räume und Environments. Kat. Ausst. Städtisches Museum Leverkusen, Schloß Morsbroich. Leverkusen 1969, S.149.
Haacke, Hans: Photoeletkrisches, vom Betrachter kontrolliertes Koordinatensystem, 14 Infrarot-Projektoren, 14 photoelektronische Zellen, 28 weiße Glühbirnen, Raum: 305 x 345 x 345 cm, 1966, Ausführung 1968. In: Burnham, Jack: Systems Esthetics. In: Artforum. September 1968, S.34. Neu in: URL: http://www.volweb.cz/horvitz/burnham/systems-esthetics.html (14.11.2005); Haacke, Hans: Werkmonographie. Köln 1972, o. P., Abb.31; Herzogenrath, Wulf (Hg.): Selbstdarstellungen. Künstler über sich. Düsseldorf 1973, S.64,66, Abb.17.
Morellet, François: Néons avec programmation aléatoire-poétique-géometrique, weiße Argonröhren auf Holztafeln, elektromechanisches Beleuchtungssystem (Neons mit aleatorisch-geometrischer Programmierung), 1967. In: Morellet, François: Neonly. Kat. Ausst. Lenbachhaus. München 1995, S.13,24f.
Nauman, Bruce: Touch and Sounds Wall, Stoffbespannung, Mikrophone, Lautsprecher, 275 x 960 cm, 1969. In: Celant, Germano: Das Bild einer Geschichte 1956/1976. Die Sammlung Panza di Biumo...Milano 1980, S.299. zurück

31 Dreher, Thomas: Art & LanguageUK (1966-72): Maps and Models. Kap. II.2. In: Jahraus, Oliver/Ort, Nina/Schmidt, Benjamin Marius (Hg.): Beobachtungen des Unbeobachtbaren. Konzepte radikaler Theoriebildung in den Geisteswissenschaften. Weilerswist 2000, S.184-190, bes. Anm.86f. URL: http://dreher.netzliteratur.net/3_Konzeptkunst_Art_Lang2.html (16.11.2005); Vgl. Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst, s. Anm.20, S.400, Anm.204. zurück

32 Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst, s. Anm.20, S.303f., o. P. (mit Abb.19). zurück

33 Goldin, Amy: Art and Technology in a Social Vacuum. In: Art in America. March-April 1972, S.46-50. zurück

34 Visuelle Strukturen können nach Kriterien "Algorithmischer Ästhetik" (s. Anm.35) bewertet werden: Myers integriert in "ae" ("aesthetic evaluator", 2004) ein LISP-Programm zur ästhetischen Bewertung ("A toy aesthetics and evaluation system". In: URL: http://rob-art.sourceforge.net/rob-art/ae.html (16.11.2005)). "ae" ist wie "The Cybernetic Art That Nobody Wrote" Teil von Myers´ Projekt "rob-art" (s. Anm.28). zurück

35 Bense, Max: Ästhetik und Programmierung. In: IBM-Nachrichten 16/1966, Nr.180, S.294,296. Neu in: Büscher, Barbara/von Herrmann, Hans-Christian/Hoffmann, Christoph (Hg.): ästhetik als programm. Max Bense / daten und streuungen, Kaleidoskopien. Medien – Wissen – Performance. Band 5/2004, S.209,213; Ders.: Einführung in die informationstheoretische Ästhetik. Grundlegung und Anwendung in der Texttheorie. Hamburg 1969, S.43-52; Gips, James/Stiny, George: Algorithmic Aesthetics: Computer Models for Criticism and Design in the Arts. Berkeley 1978. Neu in: URL: http://www.algorithmicaesthetics.org/ (16.11.2005) (Myers Referenz in "ae", s. Anm.34). zurück

36 Reas, Casey u. a.: {Software} Structures (2004). In: Whitney Artport. URL: http://artport.whitney.org/commissions/softwarestructures/map.html (16.11.2005). zurück

37 Nach der zweiten Fassung des Werktextes (LeWitt, Sol: Wall Drawings 1968-1984, s. Anm.25, S.56f.,168): "[#]106. Arcs from the midpoints of two sides of the wall. (ACG 8). Black pencil. First Drawn by: [Mel Bochner,]SL[.] Collection: Dr and Mrs Lorenzo Bonomo, Spoleto, Italy. August, 1971". URL: http://artport.whitney.org/commissions/softwarestructures/_106_response/code.html (126.11.2005); erste Fassung des Werktextes: LeWitt, Sol: All Wall Drawings. In: Arts Magazine. February 1972, S.44, #108: "Arcs, from two sides of the wall, 3 cm. apart." (ganzseitige Abb.: LeWitt, Sol: o. T. [Retrospektive], s. Anm.25, S.122, Abb.199). zurück

38 Reas, Casey: A Text about Software & Art. In: Whitney Artport. {Software} Structures 2004. URL: http://artport.whitney.org/commissions/ softwarestructures/text.html#material (16.11.2005). zurück

39 Lauwe, Chombart de: Paris et l´agglomération parisienne. Vol.1, Paris 1952/Vol.2, Paris 1956. Vgl. Ohrt, Roberto: Phantom Avantgarde. Eine Geschichte der Situationistischen Internationale und der modernen Kunst. Hamburg 1990, S.83. zurück

40 o. A.: Nouvelles de L´Internationale. In: Internationale Situationniste. Numéro 1. Juin 1958, S.28/Debord, Guy-Ernest: Théorie de la dérive. In: Numéro 2. Décembre 1958, S.19 (Reprint: Mosconi, Patrick (Hg.): internationale situationniste. Paris 1997/2004). Auf Deutsch in: Gallissaires, Pierre u.a.: Situationistische Internationale 1958-1969. Berlin 1976, Bd.1, S.34,59. zurück

41 Debord, Guy-Ernest: Positions situationnistes sur la circulation. In: Internationale Situationniste. Numéro 3. Décembre 1959, S.36; Gallissaires, Pierre u.a.: Situationistische Internationale, s. Anm.40, S.111. zurück

42 o. A.: Manifeste. In: Internationale Situationniste. Numéro 4. Juin 1960, S.36ff.; Gallissaires, Pierre u.a.: Situationistische Internationale, s. Anm.40, S.152ff. zurück

43 Debord, Guy-Ernest: Introduction to a Critique of Urban Geography. In: Les Lèvres Nues #6. September 1955. Englische Übers. in: URL: http://www.cddc.vt.edu/sionline/presitu/geography.html (16.11.2005). zurück

44 "Direction", o. J. In: Brecht, George: Water Yam. Fluxus Edition, ab 1963 (s. Anm.7). In: Hendricks, Jon: Fluxus Codex, s. Anm.7, S.190. zurück

45 Agentur Bilwet (Lovink, Geert/Mulder, Arjen): Der Datendandy. Mannheim 1994. In: URL: http://squat.net/archiv/datendandy/ (17.11.2005). zurück

46 Paul E. Black, "algorithm". In: Black, Paul E. (Hg.): Dictionary of Algorithms and Data Structures. NIST (National Institute of Standrards and Technology, Gaithersburg). URL: http://www.nist.gov/dads/HTML/algorithm.html (20.11.2005). Weitere Beispielle zur Definition des "Algorithmus": Wikipedia, deutsche Version: URL:http://de.wikipedia.org/wiki/Algorithmus (17.11.2005); englische Version: http://en.wikipedia.org/wiki/Algorithm (17.11.2005); o. A.: Einführung – Der mathematische Algorithmus. In: Szope, Dominika/Weibel, Peter u. a.: Die Algorithmische Revolution. Zur Geschichte der interaktiven Kunst (2004). In: URL: http://www.zkm.de:81/algorithmische-revolution/index.php?module=pagemaster&PAGE_user_op=view_page &PAGE_id=130 (17.11.2005). zurück

47 Kaplan, Craig S.: The Search For Self-Documenting Code. In: URL: http://www.cgl.uwaterloo.ca/~csk/washington//paper/ (17.11.2005). zurück

48 Madore, David: Quines (self-replicating programs). In: URL: http://www.madore.org/~david/computers/quine.html (17.11.2005); Thompson II, Gary P.: The Quine Page. In: URL: http://www.nyx.net/~gthompso/quine.htm (17.11.2005); Cramer, Florian: Program Code Poetry (28.3.2001). In: URL: http://cramer.plaintext.cc:70/ essays/code_poetry_definition/code_poetry_definition.txt (17.11.2005); Hofstadter, Douglas R.: Gödel, Escher, Bach: an Eternal Golden Braid. New York 1979, S.435ff., 496ff. (über "to quine", abgleitet vom Namen des Philosophen Willard Van Orman Quine). zurück

49 Corris, Michael (Hg.): Conceptual Art. Theory, Myth and Practice. Cambridge/UK 2003, S.28-36 (Frances Colpitt), S.257f. (Johanna Drucker), Abb.49. zurück

50 Thread: Ein Ausführungsstrang neben anderen Strängen in einem Prozess.
Emulation: Imitieren der Funktion eines anderen Programms u. a.
Fork Emulation in Perl: Sarathy, Gurusamy: perfork – Perl´s fork. In: URL: http://www.sunsite.ualberta.ca/Documentation/Misc/perl-5.6.1/pod/perlfork.html (10.11.2005).
Felix Bourier, e-mail, 2.12.2005: "...das sich ergebende [01-]Muster (ist gar kein Muster sondern ein Zeichenstrom, der durch Zeilenumbrüche als Muster interpretiert wird), wird von Algorithmen des Shedulers erzeugt, der zwischen den Prozessen (Threads) hin und her schaltet, um Multitasking zu gewährleisten. Der Output ist nicht rechnerspezifisch, sondern hängt von dem Systemzustand und der Anzahl laufender Prozesse und Threads ab, wenn das Programm gestartet wird, als auch vom verwendeten Shedulertypen des Betriebssystems."
Vgl. Weiß, Matthias: Zur Mikroanalyse der Forkbomb [von Alex McLean]. In: Medien Kunst Netz. URL: http://www.medienkunstnetz.de/quellentext/101/ (17.11.2005). zurück

51 Cramer, Florian: forkbomb [by jaromil]. In: runme.org. URL: http://www.runme.org/feature/read/+forkbombsh/+47/ (15.10.2005). zurück

52 Sollfrank, Cornelia: biennale.py - Die Rückkehr des Medienhype. Ein Gespräch mit den Urhebern des Biennale-Virus 0100101110101101.ORG. In: Telepolis, 7.7.2001. URL: http://www.heise-news.de/tp/deutsch/inhalt/sa/3643/1.html. zurück

53 «la pratique théorique»: Althusser, Louis: Sur la dialectique matérialiste (De l´inégalité des origines) (April-Mai 1963). In: Ders.: Pour Marx. Paris 1965/1986, S.168,172 (Anm.9),186f.,216,224. zurück

54 Burnham, Jack: Alice´s Head. Reflections on Conceptual Art. In: Artforum. February 1970, S.37 ("Conceptual art´s ideal medium is telepathy."); Lucy Lippard: Six Years: The dematerialization of the art object from 1966 to 1972. New York 1973; Lippard, Lucy/Chandler, Jack: The Dematerialization of Art. In: Art International. Vol.XII/2, February 1968, S.31-34. zurück

55 Georg Jappe: "Bewußtseinskunst als Ideenaktie: die einzige Qualität heißt Mentalität." (Ders.: Kunstkreis AG Luzern (Hg.): Attitüde. In: Archiv Harald Szemann. Dokumente zur Aktuellen Kunst 1967-1970. Luzern 1972, o. P.) Vgl. Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst, s. Anm.20, S.146. zurück

56 Atkinson, Terry: Brief an Lucy Lippard und John Chandler, 23.3.1968. Auszüge in: Lippard, Lucy: Six Years, s. Anm.54, S.43f. (Zitat S.44); Alberro, S.53-58 (Zitat S.54). zurück

57 Florian Cramer: Zehn Thesen zur Softwarekunst, These 5. In: URL: http://www.netzliteratur.net/cramer/thesen_softwarekunst.html (18.11.2005). zurück

58 Austin, John L.: How to do Things with Words. Oxford 1962, S.108-131 (auf Deutsch: Ders.: Zur Theorie der Sprechakte. Stuttgart 1979 , S.126-152). zurück

59 Vollzug des Sprechaktes mit einem "perlokutionären Ziel" ("actions which have a perlocutionary object (convince, persuade)"). In: Austin, John L.: How to do Things with Words, s. Anm.58, S.117,120f. (auf Deutsch: Ders.: Zur Theorie der Sprechakte, s. Anm.58, S.134,137). zurück

60 "perlokutionäres Nachspiel" ("a sequel of a perlocutionary act"). In: Austin, John L.: How to do Things with Words, s. Anm.58, S.117 (auf Deutsch: Ders.: Zur Theorie der Sprechakte, s. Anm.58, S. 134). zurück

61 Arns, Inke: Read_me, run_me, execute_me. In: Medien Kunst Netz. Themen: Generative Tools. URL: http://www.medienkunstnetz.de/ themen/generative_tools/software_art/ (18.11.2005).
Arns, Inke: Read_Me, Run-Me, Execute_me: Software and its Discontents, or: It´s the Performativity of Code, Stupid. In: Goriunova, Olga/Shulgin, Alexei: read-me. Software Art & Cultures Edition 2004. Aarhus 2004, S.176-193. URL: http://art.runme.org/1107863582-4268-0/arns.pdf (22.8.2005). zurück

62 Vgl. Austin, John L.: How to do Things with Words, s. Anm.58, S.121 (Ders.: Zur Theorie der Sprechakte, s. Anm.58, S.136) über "konventionale Mittel" in "illokutionären Akten" ("Ilocutionary acts are conventional acts: perlocutionary acts are not conventional.") im Unterschied zu Festsetzungen von Programmiersprachen in Regel-Indices. zurück

63 Nake, Frieder: Algorithmische Zeichen. In: Bauknecht, Kurt/Brauer, Wilfried/Mück, Thomas A. (Hg.): Informatik 2001. Wirtschaft und Wissenschaft in der Network Economy – Visionen und Wirklichkeit. Tagungsband der GI (Gesellschaft für Informatik e.V.)/OCG Jahrestagung 2001 (25.-28. September 2001, Universität Wien). Bd.II, S.736-742. URL: http://www.agis.informatik.uni-bremen.de/ARCHIV/Publikationen/Algor.ZeichenWienText.pdf (20.9.2005). zurück

64 Nake, Frieder: Algorithmische Zeichen, s. Anm.63, Kap.2. zurück

65 Brödner, Peter/Seim, Kai/Wohland, Gerhard: Skizze einer Theorie der Informatik-Anwendungen (Version 15/11/2002), Kap.3.2. In: URL: http://tal.cs.tu-berlin.de/siefkes/Hersfeld/HeffAG_Wohland_Bericht_15.11.02.html (18.11.2005). zurück

66 Nake, Frieder: Algorithmische Zeichen, s. Anm.63, Kap.2. zurück

67 Brödner, Peter/Seim, Kai/Wohland, Gerhard: Skizze, s. Anm.65. Vgl. Nake, Frieder: Informatik. Medien & Zeichen: eine Erzählung. Zur dritten Kennzeichnung: Die Software als algorithmisches Zeichen (1.12.2003), S.3f. URL: http://www.agis.informatik.uni-bremen.de/LERNEN/Vergangen/IMZ/DritteKennz.pdf (5.11.2005). zurück

68 Thayer, Phall: Art and Craft of Open Source. In. URL: http://pallit.lhi.is/palli/ArtOpS.pdf (18.11.2005). zurück

69 Goodman, Nelson: Languages of Art. An Approach to a Theory of Symbols. Indianapolis 1968/1976. Kapitel IV.8: Analogs and Digits, S.159-164 (auf Deutsch: Ders.: Sprachen der Kunst. Entwurf einer Symboltheorie. Frankfurt am Main 1995, Kap.IV.8: Analog und digital, S.154-157). zurück

70 Abel, Günter: Sprache, Zeichen, Interpretation. Frankfurt am Main 1999, S.162f. zurück

71 Abel, Günter: Sprache, Zeichen, Interpretation, s. Anm.70, S.166. zurück

72 In einer "Interpretations-Praxis". In: Abel, Günter: Sprache, Zeichen, Interpretation, s. Anm.70, S.164-182,200-204,227. zurück

73 Kuspit, Donald: The Matrix of Sensations. In: Artnet 5.8.2005. URL: http://www.artnet.com/magazineus/features/kuspit/kuspit8-5-05.asp (19.11.2005). zurück

74 Vgl. Boris Müller: Hin und Her. In: Processing (Beta). URL: http://processing.org/exhibition/curated_page_5.html ; http://www.esono.com/testbed/processing/hinundher/. (19.11.2005). zurück

75 Nake, Frieder: Informatik. Medien & Zeichen, s. Anm.67. zurück

76 Art & Language und <Selbsteinbettung>: Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst, s. Anm.20, S.23-26,54f.; Ders.: Art & Language und Luhmanns "Theorie der Beobachtung": "redescriptions", Kap.3. In: URL: http://dreher.netzliteratur.net/3_Konzeptkunst_Art_Lang3.html (19.11.2005); Ders.: Blurting in A & L, s. Anm.18, Kap. III.4; Art & Language: Blurting in A & L: an index of blurts and their concatenation (the Handbook), New York/Halifax 1973, S.26, Ann.32.
"Institution Kunst": Die Vernetzung der Systeme/Subsysteme Handel/Kunsthandel, Universität/Fakultät Kunstgeschichte, Presse/Kunstkritik und Museen/Kunstabteilungen (und Kunstmuseen) im Kunstbetrieb ("the artworld"). (Vgl. Bürger, Peter: Theorie der Avantgarde. Frankfurt am Main 1974, S.29).
"Musealisierung": Zacharias, Wolfgang (Hg.): Zeitphänomen Musealisierung. Das Verschwinden der Gegenwart und die Konstruktion der Erinnerung. Essen 1990. zurück

77 Sennett, Richard: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. Frankfurt am Main 1986/1993 (i.O.m.d.T. The Fall of Public Man. New York 1974/1976), S.190f.; Joselit, David: Modern Leisure. In: Ross, David A.: Endgame: Reference and Simulation in Recent Painting and Sculpture. Kat. Ausst. The Institute of Contemporary Art, Boston 1986, S.70-89. zurück

78 Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst, s. Anm.20, S.203f.,214. zurück

79 Art & Language: Index-Systeme, 1972-73. In: Dreher, Thomas: Kontextreflexive Kunst im Kunstkontext, s. Anm.17, S.48ff.; Ders.: Blurting in A & L, s. Anm.18, ab Kap.II.3. zurück

80 Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main 1987, S.22-25,100f.,111f.,230,289-296,491ff.,547,570,640f. zurück

81 Khatib, Abdelhafid: Essai de description psychogéographique des Halles. In: Internationale Situationniste. Numéro 2. Décembre 1958, S.46. Auf Deutsch in: Gallissaires, Pierre u.a.: Situationistische Internationale, s. Anm.40, S.53. zurück

82 Ausnahme: Art & Language: Blurting in A & L, s. Anm.76. Vgl. Dreher, Thomas: Art & Language & Hypertext: Blurting, Mapping and Browsing. In: URL: http://www.iasl.uni-muenchen.de/links/NAAL.html (19.11.2005). zurück

83 Schmidt, Siegfried Johannes: Die Welten der Medien. Grundlagen und Perspektiven der Medienbeobachtung. Braunschweig/Wiesbaden 1996. zurück

84 Vgl. Cramer, Florian: Words Made Flesh. Code, Culture, Imagination. Willem de Kooning Hogeschool. Rotterdam 2005.
In: URL: http://pzwart.wdka.hro.nl/mdr/research/fcramer/wordsmadeflesh/ (19.11.2005), Kap. Conclusion, S.124 (pdf): "Software history can...be told as intellectual history, as opposed to media theories which consider cultural imagination a secondary product of material technology." zurück

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Original-URL: http://iasl.uni-muenchen.de/links/NAKS.html